Rückblick: Am 22. September hatte die europäischen Einheitswährung ihr Tief bei 0,8443 US-$ für einen Euro erlebt. Zwei Tage später traf die konzertierte Notenbank-Intervention, eine Gemeinschaftsaktion der US-amerikanischen Federal Reserve, der europäischen Zentralbank und der japanischen Notenbank, auf einen völlig ausgetrockneten Devisenhandel. Rund sechs Mrd. US-$ wurden im Auftrag der Zentralbanken gegen den Euro verkauft und so der Kurs des US-Dollars gedrückt. Binnen weniger Minuten sackte der Dollar um fast 5 % ab.

Die Aktion war schnell, und sie war überraschend. Der Erfolg, obwohl man gegen einen bestehenden Trend anzukämpfen hatte, blieb nicht aus. Wie sich später herausstellte, waren nur wenige Experten in die Aktion eingeweiht gewesen, nur die absolut wichtigsten Handelspartner waren informiert. Selbst Hans Eichel, seines Zeichens Bundesfinanzminister, habe erst knapp drei Stunden vorher von dem bevorstehenden – und schon beschlossenen – Deal erfahren.

Und doch schien es so, als hätten einige mal wieder etwas mehr und etwas früher gewußt. Ohne neue Meldungen war bereits einen Tag vor der Intervention ein schleichender, aber äußerst konstanter Anstieg des Euro, weg von seinen Alltime Lows tags zuvor, hin zum Stand von etwa 0,86 US-$ zu beobachten. Als der Euro im Rahmen der Intervention zur Mittagszeit für kurze Dauer über die 0,90 blickte, prallte er wie ein Flummi an einer Wand ab. Im Sturzflug krachte er wieder auf 0,88 US-$ runter, wo er sich im weiteren Tagesverlauf schließlich stabilisieren konnte.

Zunächst wurde gemutmaßt, daß der Rücksetzer mit der Äußerung von US-Finanzchef Lawrence Summers zusammenhängen müsse. Dieser bestätigte kurz nach der Intervention sein Interesse an einer weiter anhaltenden Dollar-Stärke. Wie erst jetzt einige Tage später herauskam, muß der Effekt wohl eher auf eine undichte Stelle in der Kette der Mitwisser dieser Aktion in Zusammenhang gebracht werden.

Demnach habe sich die Citibank möglicherweise der Insidergeschäfte im Devisenhandel schuldig gemacht – sofern diese Regelung überhaupt vom Wertpapierhandel auf Devisengeschäfte übertragbar ist. Schon Stunden vor der Intervention seien große Mengen an Euros gekauft worden – was den konstanten Anstieg im Vorfeld erklären dürfte – gegen Ende der Intervention dagegen entsprechende Volumina wieder auf den Devisenmarkt zurückgeführt worden. Das wiederum wäre die Erklärung dafür, weshalb der Euroanstieg jäh abgebremst wurde und wieder die Hälfte seiner schnellen Kursgewinne nahezu auf der Stelle einbüßte.

Sollten sich die dahingehenden Vorwürfe bestätigen, hätte die Citibank einen Riesen-Reibach gemacht, müßte aufgrund der unklaren Rechtslage zudem wohl nicht einmal mit einer Ahndung rechnen. Daß man damit die strategisch an sich gut geplante Notenbank-Intervention und vielleicht auch eine noch nachhaltigere Euro-Erholung unterbunden hat, steht auf einem anderen Blatt. Öffentliche Gelder sind auf diese Weise Profis als Profit zugeflossen. Sicherlich nichts, worauf diese  Leute stolz sein können. Händler mutmaßten, es habe ein Leck in einer der Notenbanken, wahrscheinlich der Federal Reserve, gegeben.

Da sich die Zentralbanken nun mal bei ihren Aktionen, und wie es derzeit aussieht, dürfte es nicht die letzte dieser Art gewesen sein, der Markt-Player bedienen müssen, bleiben solche unrühmlichen Zwischenfälle leider nicht aus. Die Schattenseite konzertierter Aktionen ist nun mal, daß es zwangsläufig eine Kette von Mitwissern gibt. Nicht unbedingt herrscht auch Konsens über die durchzuführenden Aktionen – wie die zweideutige Äußerung von Summers belegen dürfte. Für alle Mitwisser in der Kette gilt: Regiert der Profit, stirbt die Moral.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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