Ein wenig überrascht war die Kulisse schon, als der italienische Nudel-Multi Barilla sich als Kaufinteressent für den gefallenen Börsenliebling dekuvrierte. Die Aktie der Bäckereikette hat in ihrer Boomphase, als sie ihren ungezügelten Appetit auf Übernahmen in der Brötchenbranche sehr günstig mit eigenen Aktien bezahlen konnte, Kurse von über 40 Euro erklommen. Seit die Aktie wieder, höflich ausgedrückt, auf ihr ursprüngliches Kursniveau aus den Zeiten des Börsengangs zurückgekommen ist, überschlagen sich die Analysten und sonstige Auguren, wie hoch den der Wert einer Kamps-Aktie anzusetzen ist – spätestens seit der Barilla-Offerte, die immerhin aus Bargeld besteht.

Der Vorstand ist, wer hätte es gedacht, davon überzeugt, daß die gebotenen 12 Euro viel zu wenig seien, obgleich es ihm selbst nicht gelungen ist, den Kapitalmarkt seit Sommer 2001 von diesem höheren Wert zu überzeugen. Daß es einen Unterschied zwischen vor und nach dem Übernahmeangebot gibt, zeigt am besten der Kurs selbst, der von der Hoffnung auf eine Nachbesserung genährt wird – auch wenn Barilla solcherlei ausgeschlossen hat, was allerdings typisch und logisch erscheint. So sehen die Fachleute von Sal. Oppenheim eher bei 15 Euro den wahren Wert, einschließlich Barilla-bedingten Synergien, ohne sind‘s nur acht Euro. Nach unten wird das Feld der Meinungen (Schwerpunkt: „7 bis 8 Euro“) ausgerechnet durch die Barilla-Beraterin Deutsche Bank (Kursziel: 5 Euro) abgerundet. Zufall?

Der Anleger giert verständlicherweise nach einer Nachbesserung. Barilla könnte seinerseits überlegen, durch einen Rückzieher den Kurs in Richtung Deutsche Bank-Kursziel abtauchen zu lassen und über befreundete Adressen Stücke aufzulesen. Der Vorstand wiederum schreit nach Rettung in Form eines weißen Ritters. Ob der gebotene Preis in Ordnung ist, sollten und müssen die Aktionäre entscheiden.

Warum muß ein weißer Ritter herhalten, wenn ein bar zahlender Käufer ein offenbar marktgerechtes Angebot abgibt? Weil der Vorstand anderer Meinung ist? Die andere Möglichkeit wurde bei Dyckerhoff praktiziert: Ein – zufällig ebenfalls aus Italien stammender – Interessent erhält zu weit über dem Marktniveau liegenden Konditionen außerbörslich aus verwaltungsnahen Händen ein Aktienpaket in genau der Größe, die die Anwendung des neuen Übernahmegesetzes gezielt umgeht.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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