Als weltweit agierender Konzern muss Siemens nun mal auch Geschäfte in Ländern machen, in denen Verhandlungspartner Kreditkarten zwar akzeptieren, Bargeld aber bevorzugen. Italien ist so ein Land, wie man neuerdings weiß. Unschöne Sache, das – doch die ganz große Empörung kommt dennoch nicht auf. Motto: Wenn Siemens nicht schmiert, dann ein Konkurrent, der Ehrliche ist eben immer der Dumme, und wenn es alle machen, dann müssen deutsche Unternehmen mittun, schließlich hängen an den Aufträgen auch Arbeitsplätze.

Diese Sichtweise ist gefährlich, denn Korruption ist gefährlich. Bei ihrer Bekämpfung darf es keine Toleranz wie zum Beispiel beim Fall Holger Pfahls geben. Korruption ist keine putzige Eigenart abgelegener Staaten, gewissermaßen Lokalkolorit unter Bananenstauden, sondern eine ernsthafte Bedrohung. Es wäre also keineswegs übertrieben, neben zahllosen anderen auch aus diesem Grunde den Rücktritt von Heinrich von Pierer vom Posten des Siemens-Aufsichtsratschefs zu fordern. Der Weltkonzern hat sich auf enttäuschende Weise gemein gemacht, dafür ist Verantwortung zu tragen.

Die Vermutung, bei anderen Konzernen, egal aus welchem Land sie stammen und bestimmt nicht nur auf dem Feld, das so niedlich Verteidigungstechnologie genannt wird, sehe es wahrscheinlich nicht anders aus, verleiht der Thematik eine gewisse Dringlichkeit: Die Bekämpfung der Korruption muss in der internationalen Tagesordnung wieder deutlich nach oben rücken. Hilfe für Menschen in Ländern, deren Wirtschaft durch Korruption fast gelähmt ist, stellt dabei einen wichtigen Aspekt dar. Nicht minder wichtig ist aber auch der Eigennutz der Industriestaaten, denn Korruption stellt ein Hindernis im freien Welthandel dar.

Stefan Preuß

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