Bildnachweis: ©Daniel Jędzura – stock.adobe.com.

Die Schrauber in den Werkstätten rund um den Globus lösen jeden Tag unzählige Probleme, warten und reparieren technisches Gerät. Dazu benötigen sie das passende Werkzeug, die notwendige Messvorrichtung, das richtige Schmiermittel und vielerlei weitere Dinge wie Schrauben oder Dichtungen. Das alles bietet Theo Förch – die Geschichte eines Schraubers, die in einer Scheune begann und inzwischen 55 Länder erreicht hat.

Mit einem konsolidierten Jahresumsatz von 474 Mio. EUR (2019) zählt Förch zu den führenden deutschen Anbietern von Produkten für Handwerk und Industrie. Die heutige ­Firmenzentrale in Neuenstadt am Kocher (Baden-Württemberg) liegt unweit der einstigen Keimzelle des Direktvertriebs­unternehmens. Was bei anderen Branchen die viel zitierte Garage ist, war bei Gründer Theo Förch 1963 die elterliche Scheune. Heute sind mehr als 100.000 Werkstatt-, Montage- und Befestigungsartikel im ­Programm – doch Förch ist zu 100% ein ­Familienunternehmen geblieben. Dass der Faktor Mensch und der persönliche ­Kontakt zu den Kunden nach wie vor eine zentrale Rolle spielen, zeigt die Tatsache, dass von den aktuell 3.300 Mitarbeitern stolze 2.000 im Außendienst tätig sind, um vor Ort qualifiziert zu beraten. Förch beziffert die Zahl der aktiven Kunden weltweit auf mehr als 300.000. Die Erfolgsfaktoren werden so beschrieben: kompetenter, ­praxiserfahrener Außendienst, umfassendes Produktsortiment sowie umfangreiche Dienstleistungen und Lösungen.

Chance zur Selbstständigkeit ergriffen

Theo Förch hatte als Ingenieur beim legendären Motorenhersteller NSU im nahen Neckarsulm, heute Werksstandort der AUDI AG, eine gut dotierte, aussichtsreiche Stellung. Aber ein Gedanke ließ den Sohn eines Landwirts aus Neuenstadt-Kochertürn nicht mehr los, heißt es in der Chronik: Wenn immer mehr Autos gebaut werden, dann haben auch immer mehr Kfz-Werkstätten alle Hände voll zu tun. Der Bedarf an Werkzeugen, Schrauben und anderen Kleinteilen werde drastisch ansteigen. Theo Förch erkannte diese Chance – und er war hinreichend ambitioniert, sie zu ergreifen. 1963 gründete er die Theo Förch OHG.

Lesen Sie hier über einen weiteren Hidden Champion, die Ritzenhoff AG.

Der erste Firmensitz: eine Scheune auf dem elterlichen Anwesen in Kochertürn – Lagerraum und Büro ­zugleich – „und ­leider auch unbeheizt“, wie es in der ­Chronik heißt. Harte Zeiten für Theo Förch und seine Mitstreiter. Jede Mark wurde zweimal umgedreht, eingehendes Ver­packungsmaterial gesammelt und wiederverwendet – eine Tugend, die man heute im Zuge entsprechender Zertifizierungen erneut pflegt, wenn auch vor anderem ­Hintergrund. Der Fuhrpark am Standort des Unternehmens bestand im Wesent­lichen aus dem Traktor des Bruders. Aber die Rechnung ging auf: Die Schrauben und Kleinteile fanden ihre Abnehmer und es wurden schwarze Zahlen geschrieben – von Anfang an, wie das Unternehmen ­betont.

Starke Internationalisierung

Heute gibt es in Deutschland 34 Verkaufs­standorte, darunter automatisierte 24/7-Niederlassungen, bei denen sich die Handwerker rund um die Uhr selbst einbuchen können. Mit der E-Commerce-Strategie wird der Multi-Channel-Ansatz im Vertrieb komplettiert. Besonders stark wuchs in den vergangenen Jahren das Auslandsgeschäft, das mit dem Heimatmarkt mittlerweile auf Augenhöhe liegt und die ­Hälfte des Umsatzes beiträgt. Die Förch-Unternehmensgruppe ist seit 2003 als Förch Holding GmbH organisiert. Über die Töchter Theo Förch GmbH & Co. KG und drei Förch-Beteiligungsgesellschaften werden 23 Tochtergesellschaften in Europa geführt. Darüber hinaus ist man durch ein Vertriebspartnernetz in 55 Ländern präsent. Förch unterteilt sich in drei primäre Vertriebsbereiche: Kfz-Handwerk, Bauhandwerk sowie Industrie- und Betriebswerkstätten. Unweit der Scheune, in der alles begann, liegt heute die Zentrale der international agierenden Unternehmensgruppe – die ihre Bodenständigkeit nach schwäbischer Kaufmannsart pflegt: „Wir kennen Ihre Branche, wissen um die ­permanent steigenden Anforderungen und haben uns darauf eingestellt: Dieses Versprechen besiegeln wir wie in guten ­alten Zeiten gerne per Handschlag – denn nichts ist ehrlicher als die bewährte Handschlagqualität zwischen zwei Geschäftspartnern. So haben wir in mehr als 50 Jahren viele Freunde und Partner gewonnen.“

Geschäftsmodell resilient gegen Pandemie

Die Resilienz des Geschäftsmodells, das ungeachtet aller Digitalisierungsansätze weiterhin auf direktem Kundenkontakt und langjährigen Geschäftsbeziehungen fußt, zeigte sich während der Corona­-krise – die Förch-Gruppe hat nach dem schwierigen ersten Halbjahr im dritten Quartal alle Einbußen aufgeholt und den Vorjahresumsatz nach neun Monaten egalisiert. „Die ungebrochene Konjunktur im Bauhandwerk sowie die schnelle Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeiten in der Automobilbranche“ seien dafür verantwortlich, heißt es in einer Mitteilung. Gerhard Heilemann, Konzerngeschäftsführer Vertrieb, Marketing und Digitalisierung, zeigte sich mit der Entwicklung in Anbetracht der Umstände zufrieden.

Weitere Beiträge aus dem aktuellen GoingPublic Magazin.

Im Zuge der Coronagegensteuerung hatte Förch ab April mit einer Reduzierung der Arbeitszeit um 27% sowie um 23% von Mai bis Mitte Juni erstmals in der Unternehmensgeschichte auf Kurzarbeit zurückgegriffen. Das Management leistete einen entsprechenden Gehaltsverzicht. Aufgrund der Kurzarbeit und der damit verbundenen Kostenreduktion verzichtete Förch sowohl in Deutschland als auch ­international auf einen Mitarbeiterabbau.

Das kontinuierliche Wachstum über Jahrzehnte hat das Unternehmen überwiegend aus dem Cashflow und den Rücklagen bezahlt, die sich dank der ­Thesaurierungsstrategie der Familien­gesellschafter angesammelt haben. Im testierten Abschluss 2018 (2019 war bei Redaktionsschluss noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht) ist ein Bilanzgewinn von 87,8 Mio. EUR verzeichnet. Die Eigenkapitalquote wird mit 52,7% beziffert. ­Natürlich nutzt Förch dabei Bankkredite; Ende 2018 standen 49 Mio. EUR Verbindlichkeiten zu Buche, die unter anderem in das Logistikzentrum und ein neues SAP-System gesteckt werden. Der Gewinn der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EBIT) betrug 19,8 Mio. EUR, nach Zinsen und Steuern blieben mehr als 11 Mio. EUR übrig. Damit besteht für Förch keine Veranlassung, auf dem Kapitalmarkt tätig zu werden.

Fazit

Es gibt einen lukrativen Handelsmarkt ­abseits der großen Online-Vertriebsplattformen: Direktvertrieb, der auf qualifizierte Beratung setzt. Wenn man so will, deutlich schwerer zu kopieren als ein Online­modell – die Aufgabe, mal eben 2.000 Vertriebler zu akquirieren, stellt eine hohe Markteintrittsbarriere dar. Doch als komfortabel finanziertes Familienunternehmen wird man Förch so schnell auf keinem Kurszettel sehen.

Autor/Autorin

Stefan Preuss

Stefan Preuß ist Mitglied der GoingPublic Redaktion.