Da die Aktienmärkte 2014 neue Rekordstände erreichten, ist auch die Zahl der IPOs gestiegen – von einer Hausse kann aber noch keine Rede sein. Viele Experten rechnen damit, dass die gute Marktstimmung 2015 mehr Unternehmen zu einem Börsengang animieren wird. Weniger erfreulich ist hingegen die Lage bei Mittelstandsanleihen: Gegenüber 2013 brach der Markt stark ein, viele Anleger sind skeptisch geworden. Die Marktteilnehmer rechnen für 2015 noch nicht mit einem erneuten Aufschwung.

2014 war das beste IPO-Jahr seit 2007 mit einem Emissionsvolumen von über 3 Mrd. EUR. „Vor allem die beiden Internet-Börsengänge Rocket Internet und Zalando wurden von Anlegern stark beachtet und sollten richtungsweisend für 2015 sein“, sagt Thomas Ronfeld, Leiter Corporate Finance bei DONNER & REUSCHEL. „Besonders ab Herbst war eine steigende Dynamik bei Emissionstätigkeit und Volumen erkennbar“, ergänzt Axel Mühlhaus, Inhaber, der IR-Agentur edicto. Das Thema Internet treffe derzeit den Puls des Kapitalmarktes. „Positiv für die Stimmung ist, dass diese Emissionen eine starke Kursentwicklung nach dem Börsengang aufwiesen“, betont Mühlhaus. Von einem Boom ist der IPO-Markt derzeit aber noch weit entfernt. „Angesichts des wirtschaftlich schwierigen Umfeldes in der Eurozone werden Investoren weiterhin die Emissionen genau prüfen und preissensitiv agieren“, weiß Tim Albrecht, Aktienfondsmanager der Deutsche Asset & Wealth Management Investment. „Und das ist auch gut so, da es dazu beiträgt, Blasen und Enttäuschungen zu verhindern.“

Gute Aussichten für Aktienmärkte
Die guten Rahmenbedingungen bestärken die meisten Experten darin, dass die Sekundärmärkte 2015 im Aufwind bleiben. „Wir rechnen beim DAX mit einem weiteren moderaten Anstieg, unverändert getrieben durch die Politik des billigen Geldes“, prognostiziert Roger Peeters, Vorstand der Close Brothers Seydler Research. Bei der Deutsche Asset & Wealth Management Investment geht man davon aus, dass Dow Jones und DAX im nächsten Jahr um 7 bis 9% zulegen könnten. „Angesichts der niedrigen Zinsen bleiben deutsche und amerikanische Aktien erste Wahl“, empfiehlt Albrecht. Wegen der Bewertungen bestehe jedoch kein allzu großer Spielraum mehr nach oben.

Spreizung der Kupons bei Mittelstandsbonds
Der Markt für Mittelstandsanleihen war in diesem Jahr von einer Konsolidierung gekennzeichnet. „Wegen der zunehmenden Anzahl an Emittenten in Schieflage sowie zahlreicher Insolvenzen hat die Emissionstätigkeit deutlich nachgelassen“, erläutert cometis-Vorstand Henryk Deter. „Oftmals waren Immobilienunternehmen im Markt aktiv, zudem gab es Folgeanleihen bereits gelisteter Unternehmen wie Dürr, Air Berlin oder Underberg.“ Die Zurückhaltung der Investoren und der Ruf nach einer Schärfung des Chance-Risiko-Profils haben bereits zu einer Spreizung der Kupons bei Neuemissionen geführt. „Vor allem im Immobilienbereich werden zunehmend Grundschulden als Sicherheiten eingesetzt, die zu deutlich niedrigeren Zinssätzen führen“, hat Gerald Diezel, Managing Director der equinet Bank, beobachtet. „Erfreulich ist, dass trotz des schwierigen Marktumfeldes 2014 bereits einige Refinanzierungen erfolgreich umgesetzt werden konnten, indem alte gegen neue Bonds ‚getauscht’ oder durch Schuldscheindarlehen ersetzt wurden“, so Diezel.

Zusätzliche Nachfrage durch EZB
Wegen der guten Geschäftsentwicklung in vielen Branchen rechnen die meisten Experten damit, dass 2015 größere Kursabschwünge bei Unternehmensanleihen ausbleiben werden. Für zusätzliche Nachfrage könnte zudem die Europäische Zentralbank sorgen, falls sie demnächst tatsächlich solche Bonds kaufen sollte. „Da die Nachfrage mit der EZB als Käufer steigt, dürfte es auch mit den Preisen der Unternehmensanleihen nach oben gehen“, argumentiert Stephan Ertz, Leiter Unternehmensanleihen bei Union Investment. „Wer in Corporate Bonds investiert ist, kann sie zu höheren Preisen wieder verkaufen und die Gewinne einstreichen.“ Problematisch sei jedoch, wenn die EZV viele Jahre am Markt aktiv bliebe. „Sollten die Bond-Preise durch EZB-Käufe auf längere Sicht steigen, könnten Anleger irgendwann davor zurückschrecken, ihr Geld weiter in Unternehmensanleihen anzulegen“, warnt Ertz. Hinzu käme, dass wegen der hohen Nachfrage die Renditen wohl weiter zurückgehen und die Attraktivität von Bonds als Anlagealternative abnehmen würden. „Wenn sich die EZB auf den Sekundärmarkt beschränkt, wäre das sicherlich liquiditätsschonender“, empfiehlt Ertz.

Mehr Professionalisierung im Markt
Bei den Mittelstandsbonds wird 2015 vieles davon abhängen, ob Emittenten den Anlegern mehr Sicherheiten bieten werden. „Das Image dieser Anleihen hat deutlich gelitten“, warnt Deter. „Investoren schauen zu Recht sehr genau hin, welche Substanz ein Unternehmen mitbringt und wie kompetent und vertrauenswürdig das Management sich präsentiert.“ Wer sich für eine Anleihe entscheide, müsse sich bestens vorbereiten und sich gegenüber Investoren und Öffentlichkeit professionell präsentieren und klar differenzieren. Mehr Qualität im Markt könnte zudem bedeuten, das Etikett „Mittelstandsanleihe“ selektiver zu verwenden. „Der Sammelbegriff ist für einen Teil der Emissionen nicht passend“, meint Dr. Marc Feiler, Mitglied der Geschäftsleitung der Bayerischen Börse. „Das Geschäftsmodell oder der besondere Finanzierungsanlass eines Emittenten werden damit oft nicht richtig beschrieben.“ Das gute Marktumfeld und der Wunsch vieler Unternehmen, bankenunabhängiger zu werden, dürften aber auch im nächsten Jahr den Mittelstandsanleihen zugutekommen. „Das Niedrigzinsumfeld in Europa wird 2015 fortbestehen“, prognostiziert Vermögensverwalter Dr. Max Schott. Mittelständische Unternehmen, die vor einigen Jahren Anleihen begeben haben und über eine gute Bonität verfügen, können sich deshalb günstiger refinanzieren. „Vor allem Anleihen mit Kündigungsrecht werden davon Gebrauch machen“, schätzt Schott.

Fazit
Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind stabil, so dass vieles dafür spricht, dass die Aktien- und Anleihemärkte im nächsten Jahr nochmals zulegen können. Von diesem guten Klima dürfte vor allem die Zahl der Börsengänge in Deutschland profitieren. Bei Mittelstandsanleihen müssen die Marktteilnehmer einiges tun, damit Anleger wieder Vertrauen in das Produkt gewinnen. Ansonsten dürfte es für Emittenten schwierig werden, ihre Bonds 2015 und 2016 mit Folge-Anleihen zu refinanzieren.

Thomas Müncher

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