Das Finanz- und Börsenlexikon aus dem Verlag Vahlen definiert die Wertpapieranalyse „als Analyse, Beurteilung und Bewertung von Wertpapieren (…) im Hinblick auf die mögliche Vorteilhaftigkeit / Unvorteilhaftigkeit einer potentiellen Investition (…)“

Erinnern wir uns zurück. Im vergangenen Boom wurde analysiert auf Teufel komm raus. Allerdings nicht „im Hinblick auf die mögliche Vorteilhaftigkeit/Unvorteilhaftigkeit einer potentiellen Investition“, sondern allzu oft im Hinblick auf die mögliche Erlangung zusätzlicher Investmentbanking-Mandate. Die Analysen selbst brachten gar kein Geld.

Aber eine Analyse, die ganz nach dem Geschmack des analysierten Unternehmens war, konnte dabei helfen, spätere Aufträge für M&A- und andere Finanzierungstransaktionen zu bekommen. Die Wertpapieranalyse war Mittel zum Zweck, aber nicht das eigentliche Ziel. Sie war degradiert zum komplexen Marketing-Instrument in der Welt der Hochfinanz.

Weiter heißt es im Lexikon: „Ihre wesentliche Aufgabe besteht in der Auswertung sämtlicher verfügbarer Informationen über die wirtschaftliche Lage des Emittenten.“ Und da ist man wirklich versucht zu lachen. Wie war das noch mit der offiziellen Kaufempfehlung von Star-Analyst Blodget und des inoffiziellen Analyseresultats „piece of shit“!?

Diejenigen, auf deren Rücken das ganze Spiel stattfand, waren die Kleinanleger. Die haben wie üblich nichts gewußt und sind – den Analysen folgend – ins Verderben getapert. Damit sich das nicht so schnell wiederholt, drängt das amerikanische Aufsichtsgremium für Börsen und Wertpapierhandel nun auf einer Trennung von Investmentbank- und Research-Aktivitäten. Für die großen Investmenthäuser werden das drastische Einschnitte, Budgetkürzungen und neuerliche Entlassungen.

Für die Zunft der Analysten aber bedeutet das vor allem eine Neu- oder besser eine Rück-Definition. Weg vom Marketing-Tool hin zur eigentlichen Aufgabe, der Vorteilhaftigkeitsprüfung einer Anlage in Wertpapier XY – ohne Hintergedanken. Für die Glaubwürdigkeit der gesamten Branche wäre das ein großer Schritt.

Haben Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie das askGoingPublic-Board: Stellen Sie GoingPublic Ihre Fragen oder diskutieren Sie die Fragen anderer User!

Die GoingPublic erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

Autor/Autorin