Bildnachweis: © your123 – stock.adobe.com, Frenzel&Co., Kirchhoff Consult.

Das GoingPublic Magazin im Gespräch mit zwei Experten, die Emittenten bei der Umsetzung der Aktionärsidentifikations­anforderungen beraten.

GoingPublic: Frau Frenzel, Herr Hecht, gemäß der Aktionärsrechterichtlinie ARUG II sind Gesellschaften verpflichtet, ihre Anteilseigner zu kennen, um sie über geschäftspolitische Geschehnisse direkt zu informieren bzw. auch einzubinden. Nach Ihrer Erfahrung: Werden denn diese Erfordernisse vom Gros der Unternehmen richtig umgesetzt?

Frenzel: Die gesetzlichen Anforderungen werden nach meiner Einschätzung von den Unternehmen erfüllt. Deutlich spannender sind jedoch die zusätzlichen Potenziale, die sich für die Unternehmen mittlerweile aus der verbesserten Identifikation ihrer Aktionäre ergeben, Stichwort „Know Your Shareholders“. Damit kann jetzt eine direkte und ­lebendige Stakeholder-Kommunikation aufgebaut werden. Diese Möglichkeiten werden meines Erachtens derzeit noch nicht in vollem Umfang ausgeschöpft.

Hecht: Für eine Share ID gibt es zahlreiche „Use Cases“, z.B. die Ansprache der Aktionäre bei Kapitalmarkttransaktionen und öffent­lichen Übernahmen. Auch eine Abfrage und Verwendung der Daten zur Erhöhung der Teilnahme an Hauptversammlungen ist möglich. Besonders effektiv sind die Daten für die Ansprache und Pflege der Privataktionäre. Gerade hier sehe ich noch viel unerschlossenes Potenzial.

Sie haben beide selbst bereits mit diversen Shareholder-ID-Anbietern Erfahrungen gesammelt. Worauf sollten Unternehmen bei der Prüfung externer Angebote zur Erhebung der Aktionärsdaten achten?

Charlotte Frenzel berät seit mehr als 20 Jahren Unternehmen bei ihren Pflicht- und Nachhaltigkeitsberichten sowie der Positionie­rung zentraler Botschaften.

Frenzel: Unternehmen sollten vor einer ­Beauftragung möglichst genau festlegen, welche Ziele sie mit der Auswertung verfolgen. Es gibt eine breite Palette an Angeboten im Markt. Sie reichen von einer eher einfachen Konsolidierung der von den einzelnen Banken gemeldeten Daten in einer zusammenfassenden Übersicht bis hin zu einer komfortablen Aufbereitung in einem Dashboard mit vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten – etwa der Anzeige der Entwicklung ­einer Aktienposition über mehrere Auswertungsstichtage hinweg. Dies sind außerordentlich wertvolle Informationen, wenn es darum geht, gezielt an dem Auf- und Ausbau einer Aktionärsbasis zu arbeiten. Zugleich sind solche Angebote selbstverständlich ­teurer als eine reine Datenerhebung.

Hecht: Es kommt vor allem auf die Qualität und den Umfang der Datenaufbereitung an. Eine bloße Tabelle mit den reinen Rohdaten bringt ein Unternehmen nicht wirklich ­weiter. Man sollte sich deshalb eine Beispielanalyse zeigen lassen und nach der ­Abdeckungsquote der Aktionäre bei der
ID-Erhebung fragen. Hier sind inzwischen über 99% Transparenz möglich und durchaus üblich.

Auf welche Preisspanne müssen sich Unternehmen einstellen, wenn sie den Prozess der Datenerhebung und/oder der Aufbereitung der Daten aushäusig vergeben?

Frenzel: Eine allgemeine Angabe oder gar Preisspanne zu nennen ist hier meines Erachtens nicht möglich, da die anfallenden Kosten wesentlich von der Anzahl der zu ermittelnden Aktionäre abhängen. Viele Dienstleister bieten jedoch Preisstaffeln für mehrere Auswertungen pro Jahr an.

Jens Hecht, Managing Partner bei Kirchhoff Consult, berät mittelständische Unternehmen u.a. zu Investor Relations, Finanzberichterstattung und ESG.

Hecht: Eine Share ID gibt es bereits ab 2.500 EUR einschließlich einer ersten Auswertung, sofern man mehrere Share IDs bucht. Wichtig ist, dass eine aggregierte Auswertung auf Ebene der institutionellen Investoren mit ­dabei ist, in Bezug auf die regionale Verteilung, aber auch Adress- bzw. E-Mail-Daten zur direkten Ansprache von Privatinvestoren oder Analysen.

Zu beachten ist noch: Einzelne Banken verlangen Gebühren für die Weitergabe der Daten, die dann ggf. obendrauf kommen zu den Kosten für den Dienstleister. Dies fällt aber nur bei Unternehmen mit sehr vielen ­Aktionären ins Gewicht. Man kann diese Zusatzgebühren auch leicht begrenzen durch Nennung einer Mindestaktienzahl pro ­Depot, die bei der Datenerfassung überhaupt ­berücksichtigt werden soll.

Die Interviews wurden von Simone Boehringer jeweils schriftlich geführt.

Autor/Autorin

Simone Boehringer

Simone Boehringer ist die Redaktionsleiterin "Kapitalmarktmedien" der GoingPublic Media AG.