Umsatzverlust.“ Das Münchner Conference Center musste in Konsequenz des ersten Lockdowns Kurzarbeit anmelden, was gleich doppelt problematisch war: Zum einen ver- loren die Mitarbeiter von heute auf morgen einen Teil ihres Einkommens, zum anderen fehlten sie vor Ort – zu einer Zeit, in der wegen der vielen Stornierungen und Umbu- chungen noch mehr Arbeit zu erledigen war als sonst. Doch das Team regulär weiter zu beschäftigen war wegen Corona schlicht nicht zu stemmen. Das Center konnte sie sich nicht mehr leisten. „Das war für uns sehr schmerzhaft“, sagt Wieser. „Wir arbeiten immer zügig, geben unseren Kunden sofort Rückmeldung und reagieren schnell. Diese reibungslose Betreuung der Unternehmen wurde durch die Kurzarbeit erschwert.“ Locations werden zu Webcast-Dienstleistern Heute kann Wieser entspannter über die ersten Monate des Jahres sprechen, kons- tatiert aber auch ehrlich: „Kurz vor den Som- merferien sah es düster aus.“ Wäre es so weitergegangen wie in den Wochen des ersten Lockdowns, wäre das hbw Confe- rence Center in Schwierigkeiten gekommen. „Die Verluste waren einfach zu groß.“ Vor- erst gerettet haben die Münchner zum einen die guten Kontakte zu den verschiedenen Hauptversammlungsdienstleistern. „Wir ha- ben uns mit den Anbietern kurzgeschlossen und ihnen unsere Hilfe als Webcast-Dienst- leister angeboten“, erklärt Wieser. Das Confe- rence Center profitierte dabei von spezieller Expertise – in einem hauseigenen TV-Studio hatte das Team auch vor Corona bereits Erfah rungen mit dem Streamen von Veran- staltungen gesammelt. Wieser schloss neue Partnerschaften und intensivierte beste- hende Kooperationen. In Fokus stand im- mer die Frage, welche Tools Dienstleister der Hauptversammlungsorganisation zum Beispiel für das Aktionärsportal benötigen, um eine Veranstaltung gesetzeskonform abzuwickeln. Zum anderen konnte das hbw Conference Center sich auf die schnelle Reaktion der Emittenten verlassen. Wo in den ersten Tagen die Devise noch „Verschieben oder Stornieren“ lautete, hieß es schon nach weni gen Wochen: Die Hauptversammlung wird als virtuelles Event umgesetzt. Bereits im Mai haben die ersten Unternehmen, die selbst über keine geeigneten Räumlichkei- ten verfügten, im Conference Center ihre virtuellen Hauptversammlungen abgehalten. „Inzwischen organisieren wir eine Vielzahl an Veranstaltungen“, bestätigt Wieser. Es sind so viele Aufträge, dass die Münchner sogar an der einen oder anderen Stelle tech- nisch nachrüsten mussten, um die gebuch- ten virtuellen Termine abdecken zu können. „Wir sind ins kalte Wasser gesprungen“, sagt Wieser. „Wir hatten nur wenig Erfah- rung in diesem Bereich und sind nach und nach in das Thema hineingewachsen.“ Allerdings verdienen die Veranstalter an virtu ellen Events weniger. „Hauptver- sammlungs kunden buchen normalerweise die gesamte Conference-Area“, erklärt Wieser. „Drei Räume, alle massiv mit Technik ausgestattet. Teil weise wurde ein weiterer Tag dazugebucht, der für den Aufbau oder einen Probelauf reser viert war.“ Bei einer virtuellen Hauptversammlung hingegen müssen kaum mehr Menschen vor Ort sein, den Emittenten reicht ein kleiner Raum, der unter Berücksichtigung der Corona- Abstands regeln Platz für drei bis vier Perso- nen bietet. Außerdem muss Wieser einen Dienstleister bezahlen, der die Server-Infra- struktur stellt. Bei einer Präsenzhauptver- sammlung gibt es hingegen keine Fremd- kosten. Das führt dazu, dass die Münchner in dieser Saison zwar mehr Veranstaltun- gen umgesetzt haben: 40 virtuelle Haupt- versammlungen sind es etwa, dem stehen 20 bis 30 Präsenz-Events in normalen Jahren gegenüber. Verdient hat das Confe- rence Center aber weniger. Immerhin, die Kurzarbeit ist beendet. Wie- ser: „Wir haben im Herbst aufholen können, weil wir über die HVs hinaus unser digitales Dienstleistungsangebot stark erweitert haben. Es ist nicht so, dass wir mit Gewinn aus dem Jahr gehen, aber die Situation hat sich so weit gebessert, dass es erträglich für uns ist.“ 09 T I T E L T H E M A Alexander Wieser, Leiter hbw Conference Center Besser vorbereitet im zweiten Lockdown Der neue Lockdown seit Anfang November aber treibt Wieser um. Für das kommende Jahr wagt er keine Prognose – zu sehr ist das Conference Center darauf angewiesen, abzuwarten, was die Politik beschließt, abzu- warten, ob die Infektionsschutzmaßnahmen- verordnung weiterhin so rigoros ausgelegt wird und ausgelegt werden muss, um die Corona-Infektionen auf einem Niveau zu halten, das das Gesundheitssystem ver- kraften kann. „Dass jetzt erneut keinerlei Präsenzveranstaltungen erlaubt sind, trifft uns natürlich wieder, aber wir sind besser darauf vorbereitet“, bestätigt Wieser. Im Sommer, als die Lockerungen in Kraft waren, haben einige Kunden wieder ihre Präsenzhauptversammlung bei den Münch- nern geplant – das habe wirtschaftlich zu- sätzlich geholfen. Die komplette Rückkehr zur Präsenzver- anstaltung scheint aktuell aber wieder in weiter Ferne – einige Emittenten spekulie- ren dennoch darauf. Auch Dr. Pfeiffer von der Allianz beruft sich zwar auf die Verlän- gerung des COVID-19-Gesetzes: „Hauptver- sammlungen können grundsätzlich im gesamten Kalenderjahr 2021 als virtuelle Veranstaltungen abgehalten werden.“ Er gibt aber auch zu bedenken, dass die Allianz mit einer verkürzten Frist bis zum Special Financial Locations 2021