Einführung & Grundlagen dass Versicherer und Makler in diesem Bereich investiert haben, sondern neben den marktwirtschaftlichen Faktoren vor allem auch daran, dass bei allen an einem solchen Prozess Beteiligten eine enorme Professionalisierung stattgefunden hat. Die stetig wachsende, sagen wir „Commu- nity“, pflegt dabei seit Beginn einen inten- siven konstruktiven Austausch. In den Anfängen wurden nur vereinzelte, eher große Transaktionen mit einer W&I abgesichert, getrieben vor allem durch Private-Equity-Verkäufer, die ihr Risiko im Sinne einer Kaskodeckung, also als Eigen- schadenversicherung absichern wollten. Meist, um den Clean Exit zu erreichen und Escrows zu vermeiden. Heute sind es meist käuferseitige Policen, wenngleich oftmals der Verkäufer den Prozess aus genau den genannten Gründen initiiert. Ursprünglich war der Platzierungsprozess einer W&I sehr komplex und hat für eine M&A-Transaktion im Verhältnis enorme Zeiträume beansprucht, da sozusagen ein eigenständiger, zusätzlicher Due-Dili- gence-Prozess beim Versicherer aufge- setzt wurde. Mit diesem umständ lichen Prozess hätten M&A-Versicherungslösun- gen sicherlich nicht den Erfolg erlebt, aber mit voranschreitender Professionalisie- rung verschlankte und verkürzte er sich substanziell. Versicherer gingen dazu über, möglichst die Unterlagen, wie Due- Diligence-Berichte, für ihr Under writing zu nutzen, die bereits im Rahmen der Transaktion erstellt worden waren. Heut- zutage ist die klassische W&I-Versiche- rung vor allem bei Transaktionen mit Pri- vate-Equity-Verkäufern praktisch zum Standard geworden; aber auch Corporates nutzen dieses Tool häufig, um sich im Bieterprozess besser zu positionieren. Die Basis dieser für die Versicherungs- wirtschaft rasend schnellen Entwicklung war die Tatsache, dass M&A-Versiche- rungslösungen funktionieren und Mehr- wert generieren. Sie erzeugen oft eine klassische Win-Win-Situation. Sie lösen das Dilemma konträrer Interessen der an einer Transaktion Beteiligten: auf der Der M&A-Versiche- rungsmarkt, eine Nische innerhalb der Industrie- versicherung, zeigt sich bisweilen relativ unbeein- druckt von der Krise. einen Seite der Verkäufer, der möglichst wenige Garantien mit wenig Haftungslimit abgeben, aber gleichzeitig einen hohen Preis erzielen will, und auf der anderen der Käufer, der idealerweise einen umfang- reichen Garantiekatalog erhalten möchte, gestützt durch ein komfortables Haftungs- limit, ohne einen zu hohen Kaufpreis zu bezahlen. Dieses Spannungsfeld zieht sich natürlicherweise durch alle Transaktions- risiken. Der Versicherungsmarkt hat sich zu einem echten Problemlöser entwickelt und präsentiert sich zumeist auch im Scha- denhandling von der nachhaltigen Seite. M&A-Versicherung zeigt sich als krisenfest Der Industrieversicherungsmarkt ist von der Coronakrise sehr stark betroffen. Viel- zählige Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die aktuelle Situation eines der größ- ten Einzelereignisse in der Geschichte sein wird; weitaus größer als viele Natur- katastrophen oder 9/11. In einigen Berei- chen, wie beispielsweise der Vermögen- schadenversicherungen, erlebt der Markt nie dagewesene Prämienerhöhungen – aber auch in von der Krise vermeintlich weniger tangierten Versicherungssparten findet eine erhebliche Marktverhärtung statt. Der M&A-Versicherungsmarkt, eine Nische innerhalb der Industrieversiche- rung, zeigt sich bisweilen relativ unbeein- druckt von der Krise. In den letzten Monaten seit Ausbruch der Pandemie war insgesamt weniger M&A-Aktivität zu verzeichnen CONTINGENT-RISK-VERSICHERUNG Sie deckt identifizierte oder bekannte, ungewisse Risiken, die bei spezifischen Entscheidungsfragen im Rahmen eines M&A-Deals eine Rolle spielen. Sie kann auch für Einzelfälle abgeschlossen werden, die nicht mit einer Übernahme oder einem Verkauf zusammenhängen müssen. Diese Versicherung wird genutzt, um einen geplanten Deal zu erleichtern, Risiken zu übertragen oder eine ungewisse Belastung der Bilanz zu reduzieren. 8 Special „M&A Insurance 2020“ und folglich gab es weniger Projekte, bei denen eine M&A-Versicherung zur Anwen- dung kam. Das führte zu einem nochmals stärkeren Wettbewerb unter den Anbie- tern und aus Sicht der Versicherungsneh- mer zur guten Gelegenheit, M&A-Versiche- rungslösungen zu günstigen Prämien und weiten Deckungsbedingungen abzuschlie- ßen. Der M&A-Versicherungsmarkt hat schnell und inhaltlich pragmatisch auf die Pandemie reagiert. Die anfänglich teilweise schnell eingeführten Standard-COVID-19- Ausschlüsse in allen Policen wurden in der Zwischenzeit durch transaktions- abhängiges Vorgehen, im Sinne der Versi- cherungsnehmer, ersetzt. Allgemein haben Transaktionsrisikolösungen in diesen Kri- senzeiten, in denen Risiken zunehmen und gleichzeitig die Risikobereitschaft sinkt, bisher eindrucksvoll ihren Mehrwert unter Beweis gestellt. Es bleibt abzuwarten, welche mittel- bis langfristigen Auswirkungen die Pandemie auf den Markt haben wird, ob sie mög- licherweise eine Konsolidierung oder mehr eine Umverteilung der Versiche- rungskapazität auslöst und dadurch even- tuell eine Stabilisierung des Prämien- niveaus. Gegenwärtig scheint der Markt gut positioniert und vorbereitet zu sein, die hoffentlich weitere Erholung des M&A- Dealflows mit Versicherungslösungen und -kapazität zu unterstützen. Derzeit beschäf- tigt sich der Markt sehr stark mit der Frage, wie Versicherer im Rahmen der Under- writing-Guidelines unterstützen können, mit den veränderten Gegebenheiten umzuge- hen. Synthetische Garantien, Veräußerun- gen von Minderheitsbeteiligungen oder Transaktionen aus der Insolvenz bzw. von notleidenden Unternehmen sind sehr aktu- elle Themen. Es bleibt abzuwarten, wie weit der Markt sich hier ent wickeln kann. Fazit Es wäre sicherlich vermessen zu behaup- ten, eine M&A-Versicherung passe auf jede Transaktion. Aber nicht mehr nur bei Transaktionen mit Private-Equity-Beteili- gung wird die Transaktionsrisikolösung meist schon sehr früh im Prozess themati- siert und immer häufiger angewandt – wenn die Anwendung sinnvoll ist, kann sich die Versicherungsindustrie gerade in unsicheren Zeiten wie heute von ihrer smartesten Seite zeigen und ihren Beitrag zum nachhaltigen Erfolg von M&A-Trans- aktionen leisten.