wcr_eportKein Licht ohne Schatten, kein Tag ohne Nacht und kein Nachteil ohne einen Vorteil. Alles hat zwei Seiten, so auch die Zahlen und Prognosen des jüngsten Krebsreports der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Bild, das die Autoren des World Cancer Reports zeichnen, ist eine Katastrophe für Betroffene und könnte unser Gesundheitssystem an den Rand seiner Belastbarkeit bringen.

Investoren profitieren vom Krebszuwachs

Betrachtet man die Prognose des Krebsanstiegs aber von Seiten der Biotech-Investoren, sollten sich Investments in auf Krebstherapien fokussierte Unternehmen weiterhin lohnen. Auch Fördergelder zur Entwicklung innovativer Krebstherapien und neuartiger Diagnoseverfahren sollten angesichts der Horrorprognose der International Agency for Research on Cancer (IARC) der WHO weiterhin sprudeln. Denn die prognostizierte Steigerung der Krebsrate wird das Marktpotenzial für Diagnostika und Medikamente zur Prävention und Behandlung von bösartigen Tumoren weiter steigern und so zu signifikanten Umsatzzuwächsen in der Branche beitragen.

Der World Cancer Report, alle fünf Jahre von der IARC veröffentlicht, spricht auch in diesem Jahr eine klare Sprache und prognostiziert den globalen Gesundheitssystemen Kosten in Trillionen-Dollar Höhe. Die 250 Wissenschaftler aus mehr als 40 Ländern, die an der Erstellung beteiligt waren, warnen vor explodierenden Kosten. Kosten, die unsere Gesellschaft in ernsthafte Bedrängnis bringen könnte. Erfüllt sich ihre dunkle Prophezeihung, könnten die in 2010 global angefallenen Kosten zur Prävention und Behandlung von Krebserkrankungen in Höhe von rund 1,16 Trillionen USD nur die Vorhut einer sehr viel höheren Summe sein.

Neuerkrankungen klettern von 14 auf 22 Millionen

Von 22 Millionen Neuerkrankungen jährlich in 20 Jahren sprechen die Autoren der Studie und liegen damit deutlich über den 14 Millionen neuen Krebsfällen im Jahr 2012 – die Datenbasis des Krebsreports. Auch Christopher Wild, Direktor der IARC und maßgeblich am Krebsreport beteiligt, schlägt in diese Kerbe und sieht vor allem die globalen Regierungen in der Pflicht. Prävention geht seiner Ansicht nach noch vor Therapie. Dies erfordere mutige Gesetze zur Einschränkung des Tabak-, Alkohol- und Zuckerkonsums.

Krebstode nehmen von 8 auf 13 Millionen zu

Dass Medikamente nicht zu sehr überschätzt werden sollten, dafür sprechen auch die Prognosen der durch Krebs verursachten Todesfälle. Waren es 2012 noch 8,2 Millionen Krebstode, so wird sich diese Zahl in 20 Jahren auf 13 Millionen erhöhen. Doch wer glaubt, nur Zucker, Alkohol und Tabak würden unsere Gesundheit bedrohen, der irrt. Ein Blick auf den Zustand unserer Welt und unsere Ernährungsgewohnheiten zeichnet ein bedenkliches Bild, das glaubt auch Bernard Stewart, Co-Autor des aktuellen Krebsreports.

Böden und Wasserreserven werden zunehmend mit schädlichen Chemikalien belastet, die sich in der Nahrungskette ansammeln und am Ende beim Menschen – also bei uns – landen. Vor allem ärmere Länder werden überproportional vom Krebsanstieg und den Krebstoden betroffen sein, so Co-Autor Stewart, der Prävention und gesetzliche Regelungen ebenfalls für unvermeidlich hält. Laut aktuellem Report werden 60 Prozent der prognostizierten Krebserkrankungen und 70 Prozent der Todesfälle auf die Länder Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika entfallen.

Autor Wild verweist darauf, dass sich schon heute einige Krebsarten vermeiden ließen. So gäbe es für die durch Infektionen hervorgerufenen Krebsarten, die in den Entwicklungsländern schon heute bedenkliche Zahlen erreicht hätten, bereits Impfungen. Gebärmutterhalskrebs, häufig ausgelöst durch das humane Papillom Virus, gehört ebenso dazu wie das Leberkarzinom, das nicht selten durch ein Hepatitis Virus ausgelöst wird. Helicobacter Pylori wird verdächtigt Magenkrebs auszulösen und Tumore in Lunge, Brust und Dickdarm sind ziemlich eindeutig mit einem industrialisierten Lebensstil korreliert.

Rauchverzicht könnte Millionen Leben retten

Der World Cancer Report 2014 sieht es deshalb als seine Aufgabe neben den Zahlen zur Häufigkeit von Tumorerkrankungen auch Lösungsvorschläge zu unterbreiten. So sehen die Autoren angesichts der 1,8 Mio. Menschen, die 2012 am Lungenkarzinom erkrankten, ein Rauchverzicht für eine simple und wirkungsvolle Vermeidungsstrategie. Für die 1,7 Mio. Brustkrebs-Fälle (11,9%) und die 1,4 Mio. (9,7%) Dickdarmkrebs-Fälle wäre ein Überdenken der Ernährungsgewohnheiten ein Anfang. Mindestens 10% dieser beiden Tumorarten gehen laut Epidemiologen auf das Konto von Übergewicht. Auch bei den Todesfällen 2012 rangiert der Lungenkrebs mit 1,6 Mio. Menschen oder 19,4% auf Platz eins. Es folgten das Leberkarzinom mit 0,8 Mio. (9,1%) und das Magenkarzinom mit 0,7 Mio. (8,8%) Toden.

Auch in Deutschland sterben Arme schneller

Auch wenn es vor allem die Menschen in Afrika, Asien und Südamerika sind, die unter den ungleichen Ressourcen leiden, auch westliche Bürger sollten sich nicht so sicher sein. Eine erst kürzlich präsentierte Studie der Deutschen Krebsforschungszentrums zeigt, auch in unserem reichen Land scheint das Überleben an den Wohnort gekoppelt zu sein. Menschen aus sozioökonomisch schwächeren Landkreisen haben ein um 33 Prozent höheres Risiko in den ersten drei Monaten nach der Krebsdiagnose zu sterben, als ihre Mitmenschen in reichen Landkreisen. Woran dies allerdings genau liege, wüsste man noch nicht, so das Fazit der Studie. Doch wer sich ein wenig anstrengt, wird in obigen Ausführungen mit Sicherheit eine Erklärung finden.

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