Das biopharmazeutische Unternehmen Rodos Biotarget hat mit TargoSphere ein „Transport- und Navigationssystem für Medikamente“ entwickelt. Die Plattformtechnologie besteht aus diversen Nanotransportern für den gezielten Wirkstofftransport (targeted drug delivery) und wird in einer diversifizierten Entwicklungspipeline und mehreren Therapiegebieten eingesetzt. Seit kurzem ist das Unternehmen Mitglied im Venture Network der Deutsche Börse (DBVN).

 

Bitte erklären Sie uns das Geschäftsmodell der Rodos Biotarget GmbH. Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Wirkstoffe werden in TargoSphere gepackt und dadurch vor dem vorzeitigen Abbau durch Körperenzyme geschützt. Gleichzeitig werden selbst wenig lösliche Wirkstoffe in den Blutstrom gebracht. Entscheidend sind die auf der Oberfläche der TargoSphere  aufgebrachten Targeting-Liganden, die von Zellrezeptoren erkannt werden. Es kommt zur spezifische Bindung und Aufnahme der TargoSphere mit dem verpackten Wirkstoff in die ausgewählte Zielzelle. Durch Variation der Targeting-Liganden erreichen wir unterschiedliche Zellen, die bei verschiedenen Krankheiten eine Rolle spielen.

Wir haben TargoSphere-Varianten für spezialisierte Zellen des Immunsystems, der Leber, des ZNS oder auch Tumorzellen und entwickeln weitere. Dieses Angebot ist meines Wissens einzigartig. In eigenen Therapieprojekten und mit Wirkstoffen von Entwicklungspartnern setzen wir unsere Nanotransporter ein. Mit ihnen sollen Therapien mit neuartigen Wirkstoffen wie Proteine, Peptide oder Gentherapeutika (mRNA, siRNA, DNA-Plasmide) ermöglicht oder verbessert werden. Aber auch am Markt zugelassene Wirkstoffe können für einen sichereren Einsatz neu formuliert oder für den Einsatz in einem neuen Indikationsgebiet neu positioniert werden.

Wie gestaltet sich das aktuelle Marktumfeld in Ihrem Segment? Welches Marktpotenzial sehen Sie für Ihre Produktkandidaten?  

Das Marktumfeld ist stark fragmentiert. Es gibt einige Akteure aus dem industriellen und akademischen Umfeld, die einzelne Nanopartikel mit ganz bestimmten Targeting-Liganden entwickelt haben. Meist stehen besondere Fragestellungen im Vordergrund wie die Bluthirnschranke oder das Kolon Epithel zu überwinden. Pharma- und Biotechunternehmen, die Therapien mit besagten neuartigen Wirkstoffen entwickeln, engagieren sich auch bei der Entwicklung von Delivery-Eigenlösungen. Es gibt wenige Firmen, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, eine führende Stellung auf dem Gebiet des gezielten Wirkstofftransports mit Nanotransportern zu erreichen und die wie wir solche systematisch entwickeln und vor allem in einem hochskalierten Prozess unter GMP-Standards bereits  produzieren. Ein Unternehmen mit einem ähnlichen Anspruch, aber einer anderen Plattformtechnologie und Umsetzungsstrategie wurde in diesem Sommer von Pfizer übernommen.

Ich denke, dass sich das Umfeld konsolidiert. Neben Pharmaunternehmen könnten auch Formulierungsspezialisten Interesse an neuen Delivery Technologien zeigen. Das Segment „Advanced and targeted drug delivery“, zu dem unsere TargoSphere, neben Antikörpern und Antikörper-Konjugaten zählen, wächst nach der Studie eines Marktforschungsunternehmen um jährlich ca. 10% bis auf rund 320 Mrd. EUR in 2021.

Rodos Biotarget-CEO Dr. Marcus Furch: "Als Unternehmen mit innovativen Produkten machen wir uns Gedanken über innovative Formen der Finanzierung." Foto: Rodos Biotarget GmbH
Rodos Biotarget-CEO Dr. Marcus Furch: „Als Unternehmen mit innovativen Produkten machen wir uns Gedanken über innovative Formen der Finanzierung.“ Foto: Rodos Biotarget GmbH

 

Wie steht es in Fragen Patentierung und Zertifizierung?

Wir haben mehrere internationale Patentfamilien mit erteilten Patenten und solchen im Prüfverfahren. Die Prioritätsdaten liegen zwischen 2003 und 2016. Das heißt, wir besetzen das Feld technologisch schon relativ lange aber auch immer mit aktuellen patentierbaren Ansätzen. Dabei streben wir an, TargoSphere in Kombination mit Wirkstoffen durch Patente zu schützen, ebenso wie deren Anwendungsgebiete. Davon können auch Wirkstoffe profitieren, die bereits generisch sind oder in absehbarer Zeit ihren Patentstatus verlieren werden. Wir ermöglichen unseren Partnern ein Lifecycle Management ihrer Medikamente. Zusätzliches IP generieren wir in Form von nicht veröffentlichtem Know-how in der Herstellung und Zusammensetzung.

Rodos Biotarget hat unlängst erfolgreich Kapital auf der Crowdfunding-Plattform Seedmatch einwerben können. Warum haben Sie sich für diese Form der Kapitalbeschaffung entschieden?

Als Unternehmen mit innovativen Produkten machen wir uns Gedanken über innovative Formen der Finanzierung. Ich halte das Konzept, welches hinter Crowdfunding steht, für sehr charmant. Private Investoren, die sonst nicht die Gelegenheit dazu hätten, sich an innovativen privaten Unternehmen zu beteiligen, können dies nun relativ einfach in Form partialischer Nachrangdarlehen über einen strukturierten Prozess auf einer Crowdfunding Plattform tun. Wenn diese Finanzierungsform zunehmend an Akzeptanz und Verbreitung gewinnt, sollte es möglich sein, vermehrt privates Kapital zu mobilisieren, so dass Innovationen, die auch im gesellschaftlichen Kontext wichtig sind, zusätzliche Chancen haben, sich durchzusetzen. Diese Motivation schwang bei unserer Entscheidung mit.

Als Unternehmen aus dem Life Science-Segment haben wir sicher ein komplexeres Thema zu vermitteln, als etwa im Falle einer Dienstleistung, die man vielleicht aus dem Alltag kennt oder eines Produkts, welches sichtbar und greifbar und damit besser begreifbar ist. Wir mussten unsere mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren, weil Nanometer-kleinen, Transporter und ihr Wirkungsprinzip zum besseren Verständnis in anschauliche Worte, Illustrationen und Videos übersetzen. Wir mussten auch ein klares Finanzierungsvorhaben definieren, welches in einen zeitlich gut abgesteckten Rahmen und im für diese Finanzierungform möglichen Volumen liegt. In unserem Fall ist es die Durchführung einer klinischen Studie und der Ausbau der Produktionskapazitäten.

Welches sind die nächsten Meilensteine von Rodos Biotarget?

Das wäre zunächst die Durchführung klinischer Studien mit TargoSphere in 2017.

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