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Formate, Umfang, Umsetzung, Download- und Serviceoptionen: RYZE Digital hat die jüngsten Geschäftsberichte der DAX40-Unternehmen untersucht und die Ergebnisse in einem Trendmonitor veröffentlicht.

Das Publizitätsgesetz verpflichtet DAX-Konzerne zur regelmäßigen Veröffentlichung eines Jahresabschlusses und Lageberichts. Same Procedure as every Year? Von wegen! RYZE Digital hat die aktuellen Geschäftsberichte der inzwischen 40 DAX-Unternehmen mithilfe eines mehr als 30 Kriterien umfassenden Katalogs untersucht und dabei erneut einige Trends aufgedeckt. Da der Agenturverbund die jährlichen Reports der im DAX gelisteten Unternehmen bereits seit 2014 analysiert, können inzwischen auch Entwicklungen über mehrere Jahre hinweg aufgezeigt werden.

Stark wachsendes Serviceangebot

Erwartungsgemäß wenig veränderte sich die durchschnittliche Länge der Geschäfts­berichte. 2021 umfassten die Reports im Mittel 276 Seiten und damit vier mehr als im Vorjahr. Den mit Abstand längsten ­Bericht veröffentlichte dabei die Deutsche Bank (534 Seiten); das kürzeste Reporting publizierte HelloFresh (123).

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Besonders auffällig war in den jüngsten Berichten hingegen das erneut stark ­gewachsene Serviceangebot: 93% der ­Unternehmen boten hier aktuelle Grafiken, Videoaufzeichnungen und weitere ­Finanzdaten zum Download an – 2020 ­hatte dieser Wert noch bei 43% gelegen, 2018 lediglich bei 10%.

Quelle: Trendmonitor 2022 DAX-40-Geschäftsberichte, RYZE Digital

Hybridlösungen immer attraktiver

Die wachsende Bedeutung von Service, ­Effizienz und Digitalisierung untermauert ein Blick auf die angebotenen Formate. 73% der Unternehmen veröffentlichten ­einen Online-Geschäftsbericht – zehn Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Das Wie ist hier auch ein interessanter Aspekt: Während weiterhin 30% eine Full-HTML-Version veröffentlichten, legte das Angebot von Teil-HTML-Lösungen deutlich zu. Einen solchen hybriden Bericht, der aus HTML- und PDF-Formaten besteht, hatten im Vorjahr nur 7% der DAX-Konzerne angeboten; nun waren es immerhin 20%. Gleichzeitig sank die Zahl der Online-Kurzfassungen, die nur die wichtigsten Kennzahlen aufbereiten, um dann ins PDF zu verlinken. Ihr Anteil schrumpfte seit 2019 kontinuierlich von 33% auf 23%.

Als unverzichtbares Medium für die ­Berichterstattung hat sich das PDF auch 2021 erwiesen. Zum zweiten Mal in Folge boten alle Unternehmen ihr Reporting in diesem Format an. Print spielte hingegen erneut eine untergeordnete Rolle. Nur 13% der Geschäftsberichte erschienen in ­gedruckter Form, wobei einige nur in ­geringer Auflage und teilweise ausschließlich für interne Zwecke erstellt wurden. Zum Vergleich: 2018 hatte noch jedes zweite Unternehmen eine Printversion seines ­Reports veröffentlicht.

Verlinkungen auf Social Media nehmen ab

Im Hinblick auf die Online-Geschäfts­berichte ebenfalls auffällig: Immer mehr Unternehmen binden das Reporting auf der unternehmenseigenen Website ein. 15 der 29 online veröffentlichten Berichte von 2021 waren hier zu finden, die übrigen auf einer eigens erstellen Microsite. Im Vorjahr waren noch zwölf von 19 Online­reports auf einer Microsite zu finden.

Bei der Analyse der Vermarktungswege wird deutlich, dass Verlinkungen in sozialen Netzwerken für Investor Relations weiterhin keine große Rolle spielen. Nur 43% der DAX-Unternehmen verwiesen über ihre Social-Media-Kanäle auf ihren Geschäftsbericht; im Vorjahr waren es noch 57%. 73% der im DAX40 gelisteten Organisationen zogen IR-Reiter auf der eigenen Website vor, 20 weitere wiesen auf der Homepage ihrer Corporate Website auf den Bericht hin.

Quelle: Trendmonitor 2022 DAX-40-Geschäftsberichte, RYZE Digital

Weniger Mottos – mehr Gruppen- und Einzelbilder

Ob „Auf einem neuen Level“ (Deutsche Post), „Aus Wandel wird Fortschritt“ ­(Continental) oder „Übermorgen zählt“ (Symrise) – auch dieses Jahr veröffentlichten einige Unternehmen ihren Geschäftsbericht unter einem eigenen Motto. Die Mehrheit (58%) verzichtete jedoch auf ein Jahresmotto oder setzte neben das ­Geschäftsjahr lediglich den Claim des Konzerns. Im Vergleich zum Vorjahr sind Mottos demnach unwichtiger geworden; damals hatten nur 48% darauf verzichtet.

Als Stilmittel in der Ansprache griff – wie in den Vorjahren – ein Großteil der ­Unternehmen erneut auf einen Brief des CEOs („Letter from the CEO“) zurück oder schrieb im Namen des Gesamtvorstands. Nur wenige Berichte wichen davon ab. Die hohe Anzahl der Vorstandsvorworte bleibt sicherlich der COVID-19-Pandemie geschuldet, da in Krisenzeiten klare Worte des obersten Entscheidungsträgers schlicht notwendig sind.

Die bildliche Darstellung des Gesamtvorstands wurde – vermutlich ebenfalls als Folge der Pandemie und der damit verbundenen „Un-Sichtbarkeit“ – in den jüngsten Berichten deutlich wichtiger. Zwei Fakten deuten darauf hin: Nachdem von 2018 bis 2020 nur 3% bis 7% den Vorstand mit Gruppen- und Einzelbildern vorgestellt hatten, stieg dieser Wert in den jüngsten Berichten auf 33%, und auf eine bildliche Darstellung verzichteten nur noch 20% der Unternehmen, während dies in den Vorjahren noch 30% bis 33% getan hatten.

Nachhaltigkeitsberichte weiterhin extrem wichtig

Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur in aller Munde, sondern auch in fast allen ­Reports enthalten. So stellten 39 der DAX40-Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht (NB) zur Verfügung, 54% ­davon veröffentlichten ihn gesondert oder als Corporate-Responsibility-Bericht, 23% integrierten ihn in den Geschäftsbericht, weitere 23% behandelten die Nachhaltigkeitsthemen als Kapitel innerhalb des ­Geschäftsberichts. Die Länge der separat publizierten Nachhaltigkeitsberichte betrug durchschnittlich 138 Seiten, die Spanne reichte dabei von 15 (HeidelbergCement) bis 294 Seiten (Mercedes-Benz Group).

Während die Länge also relativ unterschiedlich ausfiel, waren sich alle Unternehmen darin einig, wo sie ihren NB veröffentlichen – online. Die meisten Unternehmen (19) stellten die Informationen auf ­einer eigenen Microsite zur Verfügung oder unter einem eigenen Navigationspunkt mit Themen des NBs oder komplett als PDF-Download. Jeweils sechs weitere Organisationen veröffentlichten einen ­eigenständigen Online-NB sowie einen ­integrierten Onlinebericht. Zudem erschienen drei Nachhaltigkeitsberichte auf einer eigenen Website ohne Erwähnung oder Verlinkung im Geschäftsbericht.

Gesellschaftliche Megatrends spiegeln sich im Imageteil wider

Die Übereinstimmung von gesellschaft­lichen Megatrends und Unternehmens­themen war selten so groß – die Klimaveränderung und der demografische Wandel bewegen alle. Nachhaltigkeit fand daher bei 25 der DAX40-Unternehmen Einzug im Imageteil und führte damit die Liste der Top-Themen mit großem Vorsprung an. Auf Platz zwei dieses Rankings folgten Mitarbeiter und Employer Branding – immerhin elf Konzerne thematisierten diesen Punkt.

Weitere Themen waren die unternehmenseigene Strategie, Leistungsfähigkeit und Produkte – also Imageklassiker, mit denen Konzerne das Vertrauen von Investoren und Stakeholdern gewinnen oder stärken möchten. Die Digitalisierung – ein Dauerbrenner der vergangenen Jahre – bekommt inzwischen oft die Rolle des Enablers für Nachhaltigkeit.

Fazit

RYZE Digital zeigt im Trendmonitor 2022 erneut spannende Entwicklungen: Service­angebote, Hybridlösungen und Einbindungen auf der Corporate Website werden wichtiger, während Verlinkungen auf Social Media und die Anzahl der Mottos abnehmen. Nach­haltigkeitsberichte bleiben enorm wichtig; das PDF ist als Downloadformat nicht mehr wegzudenken. Inhaltlich setzen die DAX-Unternehmen weiterhin auf Megatrends, vor allem Nachhaltigkeit ist ein omnipräsentes Thema – und wird es auch bleiben.

Spannend ist allerdings, wie sich das Berichtsportfolio in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Bleibt das PDF das zentrale Format oder sehen wir mehr Full-HTML-Berichte, bei denen eine PDF-Version eher Zweitprodukt ist? Wie wird sich der Umgang mit Nachhaltigkeits­berichterstattung entwickeln? Wenn gesetzlich immer mehr Auskunftspflichten zur nicht-finanziellen Performance vorgeschrieben werden, könnte dies zu einer stärkeren Integration und einer Ablösung des separaten NBs führen. Dem NB wiederum könnte dann eher einen Magazincharakter bekommen, um das Engagement der ­Unternehmen mit Storys zu belegen, während sich die Kennzahlen im Geschäfts­bericht wiederfinden. Während einige ­Fragen offenbleiben, ist eines schon heute klar – es wird beim Reporting auch künftig kein „same Procedure as every Year“ ­geben.

www.ryze-digital.de

Autor/Autorin

Philipp Mann

Philipp Mann gründete RYZE Digital 2021 gemeinsam mit der VRM und ist seitdem CEO der Agenturgruppe. Zuvor baute er mit MPM Corporate Communication Solutions eine führende Agentur für Unternehmenskommunikation auf und brachte diese als Gründungsgesellschafter in RYZE Digital ein. Auch war er als Kreativdirektor und Consultant in einer strategischen Kommunikationsberatung tätig. Mann studierte Medienwirtschaft in Wiesbaden und hält einen MBA der ESCP Europe, Paris.