Dem legendären Fußball-Lehrer Sepp Herberger wird der Satz zugesprochen, demzufolge jede Mannschaft nur so gut spielt, wie es der Gegner zuläßt. So betrachtet könnten wir es gar nicht mit einem starken Euro, sondern mit einem eben noch schwächeren Dollar zu tun haben. Die wichtigsten Euro-Länder verfehlen die Vorgaben für den Euro-Stabilitätspakt gleich im Hattrick, Griechenland schummelt sich in den Euro-Kreis – aber die Währung steigt.

Auch das Nachdenken über die Anpassung der Stabilitätskriterien, von Übelmeinenden auch Aufweichung tituliert, schadet dem Kurs nicht. Offenbar bewerten die Devisenhändler diese Überlegungen als hilfreich im Sinne des Wirtschaftswachstums. Und was sind schon die Haushaltslöcher der Euro-Staaten gegen den Haushaltskrater der USA?

Zieht man dann noch in Betracht, daß die USA nicht wirklich gegen den schwachen Dollar ankämpfen werden und die EZB nicht wirklich kann, muß man von dauerhaften Bewertungen jenseits der 1,32 US-$ für den Euro ausgehen. Die Auswirkungen auf die Automobilindustrie oder den Maschinenbau werden häufig und eingehend diskutiert. Für Aktionäre ist es aber auch sehr ratsam, ihre europäischen Bank- und Touristikwerte im Depot einer Prüfung zu unterziehen.

Viele mittlere Unternehmen mit hohem Exportanteil können über die Monate hinweg peu à peu in finanzielle Schieflage geraten – die Probleme kumulieren letztlich bei den Banken, denen neuer Abschreibungsbedarf droht. Solche Entwicklungen sind häufig in Phasen mit stark steigenden Währungen zu beobachten. Die Touristiksaison 2005 steht bei vorliegenden Wechselkursen auf noch tönernen Füßen als ohnehin, da sich für amerikanische und asiatische Touristen der Urlaub in Europa drastisch verteuert: Hotelketten, Freizeitparks, Kreuzfahrt-Veranstalter – sie alle sind auf die zahlungskräftige Klientel aus Übersee angewiesen.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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