Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie hat die Gewinner des bayerischen m4 Award bekannt gegeben. Der Preis geht an fünf bayerische Forscher-Teams, deren biomedizinische und anwendungsorientierte Forschungsprojekte Potential für eine Unternehmensgründung besitzen.

Der Wettbewerb unterstützt mit einem Preisgeld von rund 500.000 EUR für zwei Jahre die Weiterentwicklung und Validierung der jeweiligen Projektidee, um eine Ausgründung vorzubereiten. Dabei erhalten die Wissenschaftler nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch eine aktive Begleitung durch BioM als Organisator des Wettbewerbes und weitere Partner des „Gründerlandes Bayern“ sowie Branchenexperten. Als Netzwerkorganisation der bayerischen Biotechnologie-Branche organisiert BioM den Wettbewerb zur Förderung der medizinischen Biotechnologie seit 2011.

Mit dem m4 Award fördert der Freistaat innovative Produkte, Technologien oder Dienstleistungen junger Unternehmen, welche die Weiterentwicklung der „personalisierten Medizin“ entscheidend vorantreiben. Die Preisverleihung fand im Rahmen des von BioM organisierten BioEntrepreneurship Summit 2017 im Biomedizinischen Centrum auf dem Campus Martinsried/Großhadern statt.

„Bayern: Land der Bioentrepreneure“

Wirtschaftsministerin Aigner betonte in ihrer Videobotschaft das Gründerpotential in Bayern: „Bayern ist das Land der Bioentrepreneure. Im letzten Jahr fanden gut 40% aller deutschen Biotech-Neugründungen in Bayern statt.“

Der Amtschef des Bayerischen Wirtschaftsministerium, Dr. Bernhard Schwab, erläuterte den Erfolg der Biowissenschaften, welche die bayerische Politik über verschiedene Wege maßgeblich voranbringen möchte. „Die Idee des m4-Award hat gezündet, das Förderinstrument wirkt“, sagte Schwab und verwies auf bereits drei Gründungen in den bisherigen drei Wettbewerbsrunden.

Von den ausgewählten Forschergruppen entwickeln drei Teams verbesserte Therapien gegen unterschiedliche Krebsformen, um eine zielgerichtete, effektive und dabei gut verträgliche Behandlung zu erreichen. Zwei der Forschergruppen arbeiten an Medikamenten zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose. Sie zielen ebenfalls auf spezifische Therapien ab, die aber weniger Nebenwirklungen mit sich bringen, als es gängige Behandlungen bisher vermögen.

Die Gewinner des m4 Award 2017 mit Kurzprofilen der Projekte

Prof. Dr. Anja Bosserhoff, Prof. Dr. Claus Hellerbrand, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: Entwicklung eines oral applizierbaren Inhibitors zur Therapie des malignen Melanoms

Das Melanom (schwarzer Hautkrebs) ist die am häufigsten tödlich verlaufende Hautkrankheit mit weltweit stark steigender Anzahl an Neuerkrankungen. Das Protein MIA fördert die gefährliche Melanom-Metastasierung und hindert zudem das Immunsystem daran, den Tumor zu bekämpfen. Prof. Bosserhoff und Prof. Hellerbrand konnten den Mechanismus der MIA-Wirkung auf die Melanomzellen aufdecken und basierend hierauf Substanzen entwickeln, mit denen MIA inhibiert werden kann. Solche Peptid-basierten, intravenös applizierten Substanzen zeigten im Mausmodell bereits eine signifikante Wirkung. Nun haben die Forscher die Entwicklung von oral verabreichbaren kleinen Molekülen zum Ziel, zum Beispiel in Form einer Tablette. So wollen sie Melanompatienten eine hochspezifische, effektive und gleichzeitig verträgliche Therapie ermöglichen.

Prof. Dr. Matthias Mack, Dr. Kerstin Renner, Universitätsklinikum Regensburg: ImmuCon – Depletion proinflammatorischer Monozyten zur Behandlung von akuten Schüben einer Multiplen Sklerose (MS)

Weltweit leben etwa 2,5 Mio. Menschen mit Multipler Sklerose. Bis zu 90% der Patienten leiden an einer Form der Autoimmunkrankheit mit akuten Schüben. Zur Behandlung der Entzündungsreaktionen aufgrund eines Schubes stehen vor allem hochdosierte Steroide wie Kortison zur Verfügung, auf die etwa 40% der Patienten nicht adäquat ansprechen und deshalb akkumulierende Schäden davontragen. Prof. Mack und Dr. Renner verfolgen deshalb den Ansatz einer Kombinationstherapie aus Steroiden und einem humanisierten Antikörper. Der Antikörper richtet sich gegen sogenannte Monozyten, die das Oberflächenprotein CCR2 tragen. Diese Immunzellen, verantwortlich für die Gewebszerstörung, sollen durch die Antikörpertherapie kurzfristig entfernt werden, um die zerebralen Gewebsschäden bei MS-Schüben gering zu halten. Mit Hilfe der Förderung will das Team die synergistische Wirkung von Steroiden und CCR2-Antikörpern präklinisch näher untersuchen.

Dr. Valentin Bruttel, Prof. Dr. Jörg Wischhusen, Universitätsklinikum Würzburg: Gezielte Hemmung von Autoimmunreaktionen bei neuroinflammatorischen Erkrankungen durch AutoImmunity Modifying Biologicals (AIM Biologicals)

Etwa 5 bis 10% der Bevölkerung westlicher Industrienationen leiden an Autoimmunerkrankungen. Hier richtet sich das Immunsystem mit einer überschießenden Reaktion gegen den eigenen Körper. Gängige Therapien unterdrücken jedoch nicht nur diese schädlichen Immunreaktionen, sondern auch schützende gegen beispielsweise Krankheitserreger oder Tumorzellen. Dies verursacht schwere Nebenwirkungen, die interessanterweise während einer Schwangerschaft nicht zu beobachten sind, obwohl auch hier Immunreaktionen gegen die zum Teil vom Vater abstammenden Gewebemerkmale des Embryos unterdrückt werden müssen. Dr. Bruttel hat in der Arbeitsgruppe von Prof. Wischhusen am Universitätsklinikum Würzburg einen neuartigen Mechanismus entdeckt, der in Modelversuchen genau eine solch gezielte und effektive Unterdrückung einzelner Immunreaktionen ermöglicht. Basierend hierauf wurde die Plattformtechnologie AIM Biologicals entwickelt, die nun im Rahmen der m4 Award Förderung für neuroinflammatorische Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose (MS) oder Neuromyelitis Optica (NMO) angepasst und ausführlich getestet werden soll. Bruttel und seine Kollegen haben sich zum Ziel gesetzt, Medikamente zu entwickeln, die einfach verabreicht werden können aber dennoch sehr gezielt und nebenwirkungsarm schädliche Autoimmunreaktionen stoppen.

Dr. Marcus Conrad, Dr. Bettina Proneth, Helmholtz Zentrum München: Entwicklung innovativer Ferroptose-Induktoren zur stratifizierten Krebstherapie

Für die Entwicklung und Erhaltung vielzelliger Organismen ist es unerlässlich, einzelne Zellen gezielt abzutöten. Nur so ist es möglich, ein Gleichgewicht zwischen Zellwachstum und Zelltod zu erreichen. Eine Form des regulierten Zelltods ist die Ferroptose. Diesen Mechanismus machen sich Dr. Conrad und Kollegen zu Nutze, um gezielt Tumorzellen zu zerstören. Die Forscher konnten zeigen, dass das Fettsäurestoffwechsel-Enzym ACSL4 eine zentrale Rolle in der Ferroptose spielt. Zellen, in denen dieses Enzym vermehrt vorkommt, reagieren sensitiv auf die Zelltodregulation. Gegen eine bestimmte Form des Mammakarzinoms, der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen, gibt es noch keine zielgerichtete Behandlung – die Patientinnen haben die schlechtesten Überlebenschancen. Jedoch findet sich in den Tumorzellen dieser Brustkrebsform das Enzym ACSL4. Projektziel ist nun, Ferroptose-auslösende Substanzen mittels einer neu etablierten Screening-Plattform zu finden und diese für die Prüfung in relevanten Tumormodellen weiter zu entwickeln.

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