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Da ist sie also, die Konsolidierungsphase. Sie kommt nach einer Phase der Euphorie, die auch viele branchenfremde Investoren dazu bewogen hat, große Summen in Biotech- und Medtechunternehmen zu investieren. Börsengänge gibt es gerade gar nicht mehr und das M&A-Geschehen ist vorsichtig gesagt sehr zurückhaltend, in welche Region man auch blickt.

Nach den Rekordhöhen, die das Finanzierungsvolumen und die reine Anzahl der Transaktionen Anfang 2021 erreicht haben, sehen wir jetzt, wie das Pendel wieder zurückschwingt. Eigentlich hat die Schubumkehr schon vor einiger Zeit begonnen. Genauer gesagt zeigen die Daten, dass die Stimmung bei den Investoren bereits Anfang 2021 an Überschwang verlor, was sich dann in den Folgequartalen deutlicher gezeigt hat. Seither sind die Bewertungen im Segment Biotech, und im gesamten Gesundheitsbereich, nach einer Phase des pandemischen Überschwangs erheblich gesunken. Die Geschwindigkeit des Abschwungs hat sich im Jahr 2022 noch einmal deutlich erhöht.

Einerseits ist die Bereitschaft der VC-Investoren gesunken, in neue Unternehmen zu investieren. Lieber versuchen sie, ihr bestehendes Portfolio zu stabilisieren. Die Generalisten unter den Investoren wenden sich wieder vermeintlich weniger risikoreichen Assets und Branchen zu. Das war zu erwarten. Wie gehen wir jetzt am besten damit um?

Wenn Unternehmensbewertungen sinken, werden sich über kurz oder lang die Strategen wieder mehr für Zukäufe interessieren – die Kommerzialisierung erfolgreicher Forschungsarbeit ist nun mal der Treibstoff für Pharma- und Medtechinnovationen. Da hat jeder seinen Platz – sowohl die jungen, innovativen Start-ups, die mit Blick auf F&E-Erfolge agil und wendig sind, als auch die großen Player, die eine Markteinführung stemmen können.

Mit unserem Ansatz, genau solche Projekte zu finanzieren, sehen wir uns in dieser Phase der Konsolidierung gut gerüstet. In den letzten zwei Jahren konnten wir noch aufgrund der hohen Bewertungen manches Projekt nicht ins Portfolio aufnehmen. Die Finanzierungsrunden werden nun wieder kleiner und wir werden auf einmal gefragt, ob wir überhaupt noch neue Projekte finanzieren: „Denn die geplante 100-Mio.-USD-Runde kommt jetzt doch nicht zustande.“ Da horchen wir natürlich auf, denn ja, wir finanzieren weiter!

Auch wenn für den Moment viele (zu Recht) den Atem anhalten, sich auf wichtige Projekte fokussieren und die fetten Pandemiejahre erst einmal vorbei sind, eines ist sicher: Innovationen bleiben der Motor für Wachstum unserer Branche – und werden so auch künftige Umsätze der Gesundheitsbranche sichern.

Jetzt, da der Zugang zu Kapital wieder knapper ist, müssen Ziele, Zeitpläne und Budgets umso sorgfältiger und realistischer geplant werden. Es schlägt mal wieder die Stunde der Spezialisten, die mit ihrer Branchenkenntnis ihre Portfolios einerseits sicher durch diese Zeit der Unsicherheit leiten können und anderseits die wirklich guten Assets entdecken und entsprechend mit Kapital ausstatten.

Zeitenwende – nein. Dies ist ein ganz normaler Marktzyklus. Machen wir einfach weiter unseren Job, dann werden die besten Ideen auch langfristig erfolgreich sein.

Autor/Autorin

Dr. Sascha Berger

Dr. Sascha Berger ist General Partner bei TVM Capital Life Science, einem der europäischen Pioniere für Venture-Capital-Finanzierungen im Bereich Life Sciences, mit Teams in Europa und Nordamerika. Seit seinem Einstieg bei TVM in München im Jahr 2016 hat er erfolgreich den aktuellen 480-Mio.-USD-Fonds mitaufgelegt und arbeitet eng mit Gründern zusammen, um vielversprechende Unternehmen und Produkte in den Bereichen Biotechnologie, Medizintechnik, Diagnostik und Digital Health voranzubringen. Er ist leidenschaftlicher VC-Investor, Board Member der Life Science Acceleration Alliance, Boston-Consulting-Alumnus und Absolvent der Technischen Universität München.