Anfang des Jahres konnte Pieris eine strategische Partnerschaft mit dem größten französischen Pharmakonzern Servier abschließen. Durch den Deal kam Pieris in den Genuss einer Vorabzahlung von 30 Mio. EUR.

Partnerschaften mit Servier und AstraZeneca

Vor wenigen Tagen dann der nächste Paukenschlag: Mit dem britisch-schwedischen Pharmariesen AstraZeneca konnte ein weiterer milliardenschwerer Deal vereinbart werden. Dabei nehmen sich die Vorabzahlungen in Höhe von rund 58 Mio. USD vergleichsweise gering aus – im Gegensatz zu den bis zu zwei Mrd. USD, in deren Genuss das Unternehmen im Falle potentieller Meilensteinzahlungen kommen könnte.

Partnerschaften mit großen Pharmakonzernen sind für Pieris indes nichts Neues. So wurden in der Vergangenheit bereits Kooperationen mit Daiichi Sankyo (2010) und Sanofi (2011) abgeschlossen. Auch mit Roche ist Pieris eine Partnerschaft im Bereich der Krebs-Immuntherapien eingegangen. Entscheidend dürfte nun jedoch der weitere Entwicklungsverlauf der firmeneignen Anticalin-Plattform sein.

Von Freising an die Nasdaq

Zur Erinnerung: Durch einen reverse-merger mit dem Unternehmen Marika gelangten Pieris-Aktien Anfang 2015 zunächst in den US-Freiverkehr. Später resultierte daraus ein Listing an der Nasdaq-Börse. Somit liegt der Pieris-Hauptsitz zwar in Boston, Massachusetts. Das Herz des Unternehmens, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit ihren über 40 Angestellten, befindet sich jedoch weiterhin im heimischen Freising.

Trotzdem wurde der Gang über den Atlantik bewusst getan, ist der Zugang zum Kapitalmarkt in den USA doch unbestritten einfacher. Zudem ist es dem Unternehmen nun möglich, parallel aus zwei großen Pools Talente und gut ausgebildete Fachkräfte rekrutieren zu können.

Pieris-CEO Stephen Yoder: Interesse der Investoren spürbar gewachsen. Bild: Pieris Pharmaceuticals
Pieris-CEO Stephen Yoder: Interesse der Investoren spürbar gewachsen. Bild: Pieris Pharmaceuticals

CEO Yoder: Umwandlung des Unternehmens geplant

Laut Pieris-CEO Stephen Yoder sollen die neuen Partnerschaften die Umwandlung von Peris in ein voll integriertes Unternehmen der Arzneimittelentwicklung mit zwei Hauptfeldern in der Immuntherapie beschleunigen, nämlich Atemwegserkrankungen und Immunonkologie. So soll die Partnerschaft mit AstraZeneca dabei helfen, das Potential von Pieris‘ Wirkstoffkandidaten PRS-060 im Bereich Asthma und anderen Anticalin-Molekülen zu maximieren. Noch in diesem Jahr soll PRS-060 in die klinische Entwicklung eingebracht werden. Zudem sind weitere Programme geplant.

Neue Klasse von Proteintherapeutika

Anticaline sind eine neue Klasse von Proteintherapeutika, welche deutlich kleiner sind als herkömmliche monokonale Antikörper. Die Moleküle besitzen Eigenschaften, die anderen Medikamentenklassen überlegen sind. Der Schlüssel einer solchen Wertschöpfung ist ihre Anordnung in Darreichungen, wo andere Arzneimittelformen wie Antikörper zu kurz greifen, so Stephen Yoder. Antikaline besitzen kleinere Strukturen als Antikörper, sind sehr stabil, löslich und haben als Grundlage ein in der Lunge ansässiges Proteinfragment, das Tear Lipocalin. In der Immunonkologie können Antikaline als multispezifische Fusionsproteine bei verschiedenen innovativen Ansätzen angewendet werden, beispielsweise um tumorspezifische T-Zellen in Tumornähe zu schleusen.

Weitere Kooperationen sind möglich

Auch wenn laut Aussage von CEO Yoder das Hauptaugenmerk von Pieris künftig darin liegen soll, die zwei Partnerschaften mit AstaZeneca und Servier sowie die eigene Produktentwicklung voranzutreiben, steht der Unterzeichnung von weiteren Kooperationen im Bereich der Atemwegserkrankungen oder der Immunonkologie nichts im Weg. Mit den klinischen Studien für den am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten in der Immunonkologie, PRS-343, soll derweil noch in diesem Jahr begonnen werden.

Gewachsenes Investoreninteresse

Die positiven Nachrichten aus dem Hause Pieris haben inzwischen auch Investoren vernommen. Das bestätigt auch Stephen Yoder. So haben die Handelsvolumina insgesamt deutlich zugenommen, Yoder berichtet aber auch von positiven Gesprächen mit Fondsgesellschaften, die in Gesundheitsfirmen investieren.

Durch seine patentgeschützte Technologie präsentiert sich Pieres aktuell als einziges Unternehmen auf dem Gebiet der Antikalin-basierten Medikamentenentwicklung in den Bereichen Atemwegserkrankungen und Immunonkologie. Gleichwohl, CEO Stephen Yoder ist sich der Wettbewerbssituation bewusst, welche durch die Entwicklung anderer Substanzklassen besteht. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Krebs-Immuntherapie. Eine gewisse Vormachtstellung sieht Yoder indes im Bereich der Tumor-gerichteten co-stimulatorischen Agonisten. Diese beruhen auf der Pieris-eigenen Technologie zur Herstellung multispezifischer Moleküle.

Fazit

Dem Unternehmen Pieris scheinen rosige Zeiten zu blühen, zumindest die Nachrichtenlage der vergangenen Monate lässt aufhorchen. Das bleibt auch Investoren nicht verborgen. Auch für die Zukunft hat das Unternehmen aus Freising und Boston vorgesorgt. Bei vielen der gemeinsamen Programme von Servier oder AstaZeneca kann Pieris nicht nur bis zur Zulassung an der gemeinsamen Entwicklung mitwirken, es besteht sogar die Möglichkeit, das fertige Medikament eines Tages entweder alleine oder in Partnerschaft zu vermarkten.

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