Bildnachweis: IZB Martinsried.

Die Corona-Pandemie beeinflusst unser aller Leben und hat inzwischen auch einen großen Einfluss auf Start-up- und Life Sciences-Szene. Sieben Start-ups arbeiten derzeit allein im Innovations- und Gründerzentrum (IZB) an Medikamenten gegen das Sars-CoV-2-Virus, forschen im Rahmen eines Konsortiums an einem Impfstoff oder entwickeln neue Corona-Tests.

Gestern besuchte Staatsministerin Kerstin Schreyer die Corona-Forscher im IZB in Martinsried bei München, um sich auch als Stimmkreisabgeordnete vor Ort zu informieren. „Ich bin hocherfreut, mit welcher Kreativität die jungen Unternehmensgründer an die Problematik herantreten, die die ganze Welt bedroht. Sicherlich wird es bald sehr positive Meldungen in Bezug auf die Corona-Forschung aus dem IZB geben“, sagte Schreyer, nachdem sie die Präsentationen aller sieben Unternehmen aufmerksam verfolgt hatte.

Folgende Unternehmer präsentierten ihre Corona-Forschungen im IZB:

  1. GNA Biosolutions GmbH:  Dr. Federico Buersgens, Geschäftsführer,  präsentierte den neu entwickelten Corona-Schnelltest. 

Aufgrund der beispiellosen Nachfrage und des Mangels an Diagnosewerkzeugen für Covid19 verlagerte GNA Biosolutions seinen Fokus Anfang 2020 auf die Entwicklung von Sars-Cov-2-Molekularassays. Seitdem hat sich das Unternehmen auf die beschleunigte Entwicklung eines schnellen molekularen Batch-Testsystems namens GNA Neo konzentriert mit dem 8 Proben gleichzeitig außerhalb der herkömmlichen Laboreinstellungen getestet werden können, während die Patienten auf die Ergebnisse warten. Parallel dazu bereitet sich GNA im September dieses Jahres auf eine Feldstudie der GNA NEO am Münchner Flughafen vor.

  1. Exosome Diagnostics: Dr. Mikkel Noerholm, Vice President Product Development, präsentierte den neuen Corona-Test. Das Unternehmen ist auf die Entwicklung von Liquid Biopsy Tests spezialisiert. 

Als die Welt von der Covid-19-Pandemie erfasst wurde, erkannte das Team von  Exosome Diagnostics, einer Marke von Bio-Techne, schnell, dass ihre klinischen Labors sowohl in Waltham (USA) (CLIA-zertifiziert) als auch im IZB (Martinsried, Deutschland) (ISO 15189 akkreditiert)  ideal zum Testen von Patientenproben auf das Vorhandensein des Virus geeignet sind. Da das SARS-CoV-2-Virus einem Exosom sehr ähnlich ist, können viele der bereits in den klinischen Labors von Exosome Diagnostics etablierten Prozesse zur Extraktion von Viruspartikeln aus Patientenproben und zum Nachweis von Virus-RNA verwendet werden.

  1. Immunic Therapeutics: Dr. Manfred Gröppel, COO, erläuterte, dass das Unternehmen erfolgreich an einem Medikament gegen COVID-19 arbeitet. Immunic Therapeutics führt  ein klinisches Entwicklungsprogramm für ihren Wirkstoffkandidaten IMU-838 durch, das in einer Phase-2-Studie gerade getestet wird. 

Immunics am weitesten fortgeschrittenes Entwicklungsprogramm, IMU-838, ist ein oral verfügbarer, selektiver Immunmodulator, der den intrazellulären Stoffwechsel von aktivierten Immunzellen zielgerichtet hemmt, indem er das Enzym DHODH blockiert. Gestützt durch positive präklinische Ergebnisse, die Aktivität gegen SARS-CoV-2 zeigen, ein attraktives pharmakokinetisches, Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil und bereits rund 650 getestete Personen, hat Immunic ein klinisches Entwicklungsprogramm für IMU-838 in COVID-19 gestartet. Die derzeit laufende Phase-2-Studie mit dem Titel CALVID-1 ist eine prospektive, multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte, doppelt verblindete klinische Studie in Patienten mit mittelschwerem COVID-19, die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von IMU-838 untersuchen soll. Die Studie erhielt die behördliche Genehmigung vom BfArM, von der U.S. FDA und von Zulassungsbehörden anderer europäischer Länder, die an der Studie beteiligt sind.

  1. Ella Biotech GmbH:  Dr. Tim Gehrke, Senior Scientist R&D, erläuterte, dass sie die Produktion von Bausteinen für Corona-Test extrem erhöhen mussten, um der stark wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. 

Die Ella Biotech GmbH ist ein zertifizierter Hersteller von DNS-Bausteinen zur Analyse von Krankheitserregern. Mit Beginn der Corona Pandemie im Januar 2020 hat sie ihre Produktionskapazitäten im Bereich der Diagnostik erhöht. Eine erfolgreiche, rasche und zweifelsfreie Testung auf den Sars-CoV-2-Erreger ist mittels der Polymerase-Kettenreaktion (engl. PCR), basierend auf synthetisch hergestellten kurzen DNS-Bausteinen sogenannten Oligonukleotiden, möglich. Die Produkte der Ella Biotech GmbH werden im Anschluss an zertifizierte Diagnostik Labore geliefert, wo deren Nachweis mittels qPCR auf das neue Corona-Virus durchgeführt wird.

  1. Eisbach Bio GmbH: Dr. Adrian Schomburg, Geschäftsführer, startete die Entwicklung eines neuartigen, spezifischen Wirkstoffes gegen SARS-CoV-2 Viren.

Eisbach hat kleine Moleküle identifiziert, die auf neuartige, krankheitsrelevante Funktionen in SARS-CoV-2 abzielen. Mit unserer innovativen Plattform entwickeln wir Inhibitoren gegen zwei relevante und essentielle SARS-CoV-2-Proteine, für die wir weltweit bahnbrechendes Know-How besitzen. Da diese Proteine für die Replikation des viralen SARS-CoV-2-Genoms und zur Unterdrückung des Immunsystems des Patienten essentiell sind, stellen sie vielversprechende Wirkstoff-Targets dar.

  1. LEUKOCARE AG: Dr. Konstantin Petropoulos, Vice President Business Development, Marketing & Sales, erläuterte die Zusammenarbeit mit einem europäischen Konsortium zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen COVID-19.

Die LEUKOCARE AG hat im April 2020 mit ReiThera Srl aus Italien und Univercells SA aus Belgien ein pan-europäisches Konsortium gebildet, um einen adenoviralen, vektorbasierten Covid-19 Impfstoff zu entwickeln. Hierbei steuert ReiThera den Impfstoffkandidaten bei, Univercells wird für die Produktion verantwortlich sein, während LEUKOCARE eine flüssige Formulierung (Mischung aus dem Wirkstoff und stabilisierenden Hilfsstoffen) für den Impfstoff entwickelt. Der Impfstoff wird voraussichtlich im August 2020 die klinische Entwicklung starten und könnte bereits ab Q1/Q2 2021 als Impfstoff verfügbar sein.

  1. Origenis GmbH: Dr. Michael Thormann, Geschäftsführer, präsentierte den aktuellen Stand der Entwicklung eines Medikamentes gegen COVID-19. 

Als Origenis und Sirion 2018 entschieden, ihre jeweilige Expertise zu bündeln, um neuartige antivirale Therapeutika zu identifizieren, konnte sich kaum jemand vorstellen, von welcher immensen Wichtigkeit dies 2020 werden würde. Mit ihrer AI getrieben Plattform generierte Origenis ein Arsenal vielversprechender Substanzen, während Sirion die funktionelle Testplattform, ViraSense, zur Verfügung stellte, um deren antivirale Wirkung zu messen. Das durch das KMU-NetC teilfinanzierte Projekt VIRAstorm™ wurde zum Erfolg. Die selektive Inhibition eines speziellen Targets führte zu potenten Wirkstoffkandidaten, aktiv auch auf klinisch relevanten Stämmen von DNA- und sogar RNA-Viren einschließlich SARS-CoV-2. Die Potenz der neuen Wirkstoffkandidaten ist Remdesivir ebenbürtig, aber anders als dieses können sie sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden, um dem Virus auch dieses Rückzugsgebiet zu nehmen. Origenis stellt damit die Weichen für einzigartige Therapieoptionen.

„Gerade in Zeiten von Corona hat nun jeder die Bedeutung der Biotechnologie verstanden. Unser Gründerzentrum trägt dazu bei, dass mutige Biotech-UnternehmerInnen neue Wege in der Medikamentenentwicklung gehen und dadurch Krankheiten wirksam bekämpft werden können“, bilanzierte Dr. Peter Hanns Zobel, Geschäftsführer des IZB, das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert.

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