Life Science erfreut sich bei Venture Capital-Investoren zuletzt wieder einer deutlich gestiegenen Beliebtheit. Das sah in der ersten Jahreshälfte noch anders aus. Zwar ist es noch zu früh, eine Gesamtbilanz für das Jahr zu ziehen. Doch ein Aufwärtstrend ist unverkennbar. Oder folgt das Geschäft am Ende doch nur den ganz normalen Gesetzen?

Im Juni hat das Beteiligungsunternehmen Life Sciences Partners das finale Closing seines neuen Life Sciences-Fonds LSP V mit einem Volumen von 280 Mio. EUR bekannt gegeben. Schon im April hatte sich die Gesellschaft mit einem Investmentkonsortium bestehend aus Gimv, Wellington Partners, LSP und Inkef Capital in einer Series A-Finanzierung in Höhe von 26 Mio. EUR am niederländischen Medizintechnikunternehmen G-Therapeutics beteiligt.

Ende September sammelte dann das Biotech-Start-up Immunic in einer der größten Erstfinanzierungs-Runden in der deutschen Biotech-Branche 17,5 Mio. EUR von einem Venture Capital-Konsortium unter der Führung von Life Sciences Partners und der Schweizer Investment-Gesellschaft LifeCare Partners ein. Mit an Bord waren auch Bayern Kapital und der High-Tech Gründerfonds sowie Business Angels.

Über den Wachstumsfonds Bayern hatte sich Bayern Kapital schon im Juli 2016 mit 2 Mio. EUR an der Regensburger numares AG beteiligt, das im Bereich In-Vitro-Diagnostik tätig ist. Und ebenfalls Anfang September hat sich auch der High-Tech Gründerfonds im Rahmen eines Konsortiums mit dem Boehringer Ingelheim Venture Fund, Forbion, MP Healthcare Venture, Sunstone, Wellington und der NRW.Bank an einer 15 Mio. EUR schweren erweiterten Series-A-Runde bei Rigontec beteiligt, welches sich auf die Weiterentwicklung von Krebsimmuntherapie spezialisiert hat.

Pharma hat angebissen

„Die Fonds sind wieder gefüllt!“, fasst Martin Pfister, Senior Manager beim Hightech-Gründerfonds (HTGF) zusammen. „Das Fundraising ist einfacher geworden. Beispielsweise fungiert auch die KfW-Bank wieder als Fondsinvestor und schließlich sind auch die großen Versicherungen auf der Suche nach einer guten Rendite.“ Und in Konsortien lassen sich zudem größere Finanzierungssummen generieren. Biotech ist bei den Investoren im Moment sehr angesagt, allerdings zu Lasten der Medizintechnik. „Trotz des höheren Ausfallrisikos besitzt Biotech ein deutlich höheres Upside-Potenzial“, meint HTGF-Manager Pfister. Auch „Big Pharma“ hat reagiert und schielt ob leerer Produktpipelines und auslaufender Patentschutze auf lukrative Start-ups und Jungunternehmen. Die Folge: Es treten wieder vermehrt Corporate-VC’s in Erscheinung. „Große Pharma-Unternehmen übernehmen immer häufiger Ideen und Kulturen von innovativen Biotech-Start-ups“, beobachtet Martin Pfister. „Inkubatoren und Acceleratoren von Pharma-Konzernen sind auf Biotech fokussiert. Wir beobachten auch ein stärkeres Engagement von Corporate VC’s gerade bei frühen Deals.“

Martin Pfister, High-Tech Gründerfonds
Martin Pfister, High-Tech Gründerfonds

Geduld, Geduld, Geduld

Gerade institutionelle Anleger und Business Angels halten sich bei Biotech-Investments aber weiterhin zurück – wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. „Die Produktzyklen und Geschäftsmodelle unterscheiden sich stark von anderen Segmenten. Geldgeber müssen Geduld mitbringen und die Bereitschaft haben, sich langfristiger zu binden“, sagt Andreas Huber, Scientific Director Life Science und Senior-Beteiligungsmanager bei Bayern Kapital. „Das Regensburger Diagnostik-Unternehmen numares ist hier ein sehr gutes Beispiel. Nach der Gründung im Jahr 2004 gab es mehrere Finanzierungsrunden. Inzwischen erfolgte der Markteintritt in den USA und es steht eine Expansion nach Asien an. Parallel erfolgt die Entwicklung neuer Produkte und das bedingt weiteren Kapitalbedarf.“

Generell kann man aber wohl kaum von festen Entwicklungszyklen sprechen. Das Fundraising und anschließende Closing eines Fonds braucht eben seine Zeit. Ebenso die Organisation von Investoren-Konsortien. „Viele Investoren verfolgen das Ziel, ihre Investments bis zum Jahresende erfolgreich abschließen zu können“, erklärt Martin Pfister. „Vor diesem Hintergrund lässt sich eine relative Anhäufung von Deals in der zweiten Jahreshälfte etwas einfacher erklären.“ Zwar bleibt das allgemeine Klima für Börsengänge im Biotech- und Life-Science-Bereich in Deutschland eher durchwachsen. Damit geht auch ein geringes Interesse auf der Investorenseite einher. „In den USA pendelt sich die Stimmung nach einer vergleichsweise heißen Phase im Biotech-Bereich wieder auf einem normalen Niveau ein. Zudem gibt es jenseits des Atlantiks eine wachsende Unsicherheit wegen drohender Ausgabereduzierungen für Medikamente. Die Branche ist aber unverändert interessant für Investoren“, urteilt Andreas Huber von Bayern Kapital.

Andreas Huber, Bayern Kapital
Andreas Huber, Bayern Kapital

Das Beste kommt noch

Experten erwarten für 2017 ein Niveau auf dem gegenwärtigen Stand. „Vielleicht tun sich die großen Investoren noch häufiger zusammen und machen interessante Konsortien möglich“, glaubt Martin Pfister. Er bedauert, dass die Medizintechnik von vielen Investoren gerade etwas stiefmütterlich behandelt wird, vor allem Regulierungshürden behindern hier ein stärkeres Engagement auf Investorenseite. „Andererseits bietet etwa das ‚Go-BIO-Programm‘ des Bundesforschungsministeriums einige starke Themen. Hier könnte noch einiges kommen“, so der Experte des Hightech-Gründerfonds. Auch Andreas Huber ist der Meinung, dass die beste Zeit von Biotech noch kommen wird. „Technologische Innovationen und einige technologisch-medizinische Durchbrüche bei der Immunonkologie in letzter Zeit ermöglichen die Entwicklung vollkommen neuer Therapien und Behandlungskonzepte. Gerade in Bayern gab es in der jüngeren Vergangenheit, auch unter Beteiligung von Bayern Kapital, einige neue Finanzierungsrunden mit signifikanten Finanzierungvolumina“, schließt Huber.

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