Die Probiodrug AG aus Halle an der Saale gilt als eines der führenden Unternehmen in der Erforschung von Alzheimer-Erkrankungen. Im Gespräch äußert sich Probiodrug-CEO Konrad Glund zu den Herausforderungen von Alzheimer, internationalen Börsensegmenten und warum man den US-Markt nicht mit den Bedingungen in Deutschland gleichsetzen sollte.

Aktuell leben weltweit rund 44 Mio. Menschen mit Alzheimer. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Erkrankten bis zum Jahr 2030 verdoppeln und bis 2050 mehr als verdreifachen wird. Hinzu kommen Familienangehörige, die von der Krankheit indirekt betroffen sind, etwa durch Pflege und Betreuung. Die globalen Kosten von Alzheimer werden auf über 600 Mrd. USD geschätzt.

Neues Konzept gegen Alzheimer
In den vergangenen Jahren ist es der Belegschaft von Probiodrug gelungen, ein neuartiges Konzept gegen die Entstehung und das Fortschreiten von Alzheimer-Erkrankungen zu entwickeln. Im Fokus steht dabei die Senkung von Pyroglutamat-Abeta, eine Art von Peptiden, denen im Rahmen von Alzheimer-Erkrankungen eine wesentliche Rolle zugeschrieben wird. Gegenwärtig befindet sich der Probiodrug-Leitwirkstoff PQ912 in der klinischen Phase 2a. „Wir besitzen Patente, welche die Nutzung von Glutaminylzyklase als Therapieform und seine Produktkandidaten sowie weitere spezifische monoklonale Antikörper gegen Pyroglutamat-Abeta schützen“, erklärt Probiodrug-CEO Konrad Glund. Der medizinische Bedarf bei Alzheimer ist enorm, denn anders als etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bei Alzheimer bislang nur sehr wenige Therapieformen erforscht. Die Herausforderungen und die damit verbundenen Kosten sind immens. Auch mussten in den vergangenen Jahren einige Unternehmen ihre klinischen Studien nach enttäuschenden Studiendaten wieder einstellen.

Keine Entscheidung gegen deutschen Börsenplatz
Im Oktober 2014 gelang Probiodrug der erfolgreiche Start an der Amsterdamer Börse Euronext.  Laut Konrad Glund  sei das Listing an der Euronext keine Entscheidung gegen einen Börsenplatz in Deutschland gewesen. „Wir haben uns ganz bewusst für das bessere Ökosystem entschieden, also das Zusammenspiel aus Börsenplatz, Investoren, Analysten und Banken“, betont er. Die Euronext, so Glund, biete europäischen Biotech-IPOs ein ideales Umfeld. In der Tat: So hat beispielsweise Frankreich sein entsprechendes Marktsegment seit längerem an die europäische Börse gekoppelt und wird somit auch dem internationalen Anspruch der Szene gerecht. „Das Umfeld für Biotech-Börsengänge boomt seit Jahren“, erklärt Konrad Glund. Längst haben sich lukrative Biotech-Produkte auf dem Markt etabliert und auch Generalisten investieren zunehmend in Biotech-Firmen. „In den USA haben einzelne Biotech-Firmen die Kapitalstärke großer Pharma-Konzerne erreicht, es werden Dividendenausschüttungen vorgenommen und Aktienrückkäufe getätigt“, so der CEO von Probiodrug. „Allerdings haben die USA auch die größere Masse an Biotech-Firmen, folglich erleben wir dort auch mehr Börsengänge.“ Und auch die hohen Bewertungen dort müsse man am Ende in Relation zu den investierten Summen sehen.

Es gibt ein Umsetzungsproblem
Am Ende gibt es wohl weniger ein Erkenntnis-, als ein Umsetzungsproblem. Eine Einrichtung wie das Deutsche Börse Venture Network mag ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Doch es reicht nicht aus, ausschließlich gute Börsenkandidaten zu fördern. Es braucht flankierende Maßnahmen, spezialisierte Analysten, Banken und Fonds, die investieren wollen und das hohe Ausfallrisiko nicht scheuen. Und blickt man ins Ausland, so gibt es beispielsweise in Frankreich längst steuerliche Anreize für Venture Capital-Investitionen oder Pensionskassen in der Schweiz, die sich an der Risikofinanzierung beteiligen. „Aber erklären Sie mal einem ausländischen Investor das Thema ‚Verlustvortrag‘“, so Glund. Dabei könnte sich die deutsche Szene doch auf ein gutes Fundament berufen. Doch der Weg zu einem wohnlichen Anwesen ist weit. „Wir haben in Deutschland eine gute Frühphasenfinanzierung, danach reißt es ab. Und so springen viele internationale Investoren gar nicht erst auf den deutschen Biotech-Zug auf“, schließt Konrad Glund.

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