Der Begriff der Theranostik ist noch relativ neu, er beschreibt recht präzise das Ziel, das mit dem Ansatz einer „Personalisierten Medizin“ letztlich verfolgt wird: die zunehmend engere Verzahnung von Diagnostik und Therapie, damit ein Patient die richtige Behandlung, möglichst abgestimmt auf seine speziellen Anforderungen (wie zum Beispiel eine bestimmte genetische Veranlagung), zum richtigen Zeitpunkt bekommt.

Das umfasst natürlich auch den Gedanken einer verbesserten Prävention. Neu ist dieser Ansatz nicht, er entwickelt aber im Moment enorme Schubkraft. Im vergangenen Jahr sind in den USA 19 neue Arzneimittel aus diesem Bereich zugelassen worden, drei davon sind Gentherapien. In Deutschland beteiligt sich das BMBF an internationalen und europäischen Initiativen zur individualisierten Medizin, beispielsweise am „Internationalen Konsortium für Personalisierte Medizin“ und an den ERA-Netzen, bemüht sich um einen gesamteuropäischen und internationalen Ansatz und es hat erkannt, welchen Paradigmenwechsel ein solcher Fokus beinhaltet.

In Deutschland sind bereits 51 Wirkstoffe zugelassen, die unter den Begriff der Personalisierten Medizin fallen. Für 46 dieser Wirkstoffe ist ein diagnostischer Vortest vorgeschrieben, für fünf weitere Wirkstoffe wird ein solcher Test mindestens empfohlen. Aktuell ist die Onkologie eines der größten therapeutischen Anwendungsfelder der Personalisierten Medizin. Hier sind zahlreiche genetische Tests in der Entwicklung, die das Ansprechen verschiedener spezifischer medikamentöser Therapien prognostizieren können.

Oft ist aber schon die Diagnostik eine große Herausforderung, vor allem im Bereich der seltenen Krankheiten, bei denen Patienten teilweise unsägliche Odysseen hinter sich bringen müssen, bis sie zu einer richtigen Diagnose gelangen.

Auch hier gibt es mittlerweile koordinierte Bemühungen, um genau das zu verhindern. Gerade erst haben sich verschiedene Unternehmen in einer neuen „Global Commission to End the Diagnostic Odyssey for Children with a Rare Disease“ zusammengeschlossen. Neben Shire, Microsoft und anderen ist die Centogene AG aus Deutschland mit dabei.

Diese Initiative demonstriert beispielhaft den Ansatz, den wir im Bereich der Personalisierten Medizin brauchen – intersektorale Kooperation gepaart mit Innovation und Technologie auf internationaler Ebene. Das stellt neue Anforderungen an alle Marktteilnehmer und wirft hochkomplexe Fragen zu Datensicherheit, Datenzugriffsrechten und Datennutzungsrechten auf. Fragen, die wir im Augenblick meist noch nicht abschließend beantworten können.

Das sollte uns aber nicht davon abhalten, weiter zum Nutzen und zum Wohl der Patienten an neuen Möglichkeiten zu arbeiten; es geht um die Bekämpfung von Krankheiten, gegen die wir im Moment noch kein Mittel haben.

 

ZUM AUTOR

Dr. Hubert Birner verantwortet die Investmentstrategie von TVM Capital Life Science in Europa, Nordamerika und Kanada. Seine akademische Ausbildung umfasst ein Studium der Veterinärmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gefolgt von einer Promotion in Biochemie, ausgezeichnet mit dem Hoffmann-La Roche Preis für Grundlagenforschung im Bereich meta bolische Störungen, und eine Tätigkeit als Assistenz-Professor. Dr. Birner ist Absolvent (MBA) der Harvard Business School.

www.tvm-lifescience.com

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