Die in Martinsried bei München und in Cambridge/USA ansässige Biotechfirma Rigontec entwickelt einen neuen therapeutischen Ansatz, der das Immunsystem gegen Krebszellen und Viren aktivieren soll, ohne dabei überschießende Reaktionen im Immunsystem auszulösen, wie sie bei anderen Immuntherapien gegen Krebserkrankungen auftreten. In einer ersten A-Finanzierungsrunde gelang es Rigontec, 14 Millionen Euro an Risikokapital einzusammeln.

Herr Schetter, was ist das Neue an der Rigontec-Technologie, die einen Rezeptor des Immunsystems gegen Viren und Krebszellen aktiviert?

Dr. Christian Schetter: Neu ist zunächst unsere Zielstruktur, der RIG-I Rezeptor, der eine ganz wesentliche Rolle in unserem angeborenen Immunsystem spielt. Einzigartig ist unsere patentgeschützte Technologieplattform, die es nun erlaubt RIG-I hochspezifisch zu aktivieren und damit eine Reihe von wichtigen und effizienten Prozessen auszulösen, die gemeinsam sehr wirksam erkrankte Zellen bekämpfen.

Warum will Rigontec die ersten klinischen Studien mit RIG-I bei Krebserkrankungen starten?

Durch Aktivieren des RIG-I Immunrezeptors machen wir die besonderen Strukturen des Tumors für das Immunsystem wieder sichtbar. In der Folge werden Krebszellen im gesamten Körper bekämpft. „Gedächtniszellen“ vermitteln sogar einen langfristigen Schutz. In vielen Tiermodellen hat unsere Technologie schon erfolgreich funktioniert und das sogar als Monotherapie.

Die ASCO 2017 hat erneut gezeigt: Immunonkologie ist ein heißumkämpftes Feld – mit noch vielen Unbekannten wie überschießenden Reaktionen des Immunsystems. Was sind die Risiken bei Ihrem Ansatz?

Wir haben unsere Technologie so optimiert, daß wir hochspezifisch nur die Zielstruktur RIG-I anschalten und alle „off-target“ Effekte nahezu komplett ausschließen. Dadurch minimieren wir ganz erheblich mögliche Nebenwirkungen, da die Aktivierung von RIG-I alleine offenbar nicht zu überschießenden Immunantworten führt. Kürzlich wurden die ersten Krebspatienten bereits mit unserem Hauptmedikamentenkandidaten RGT100 dosiert, um insbesondere zunächst die Sicherheit und Verträglichkeit in der Klinik zu etablieren.

Die Musik in der Medikamentenentwicklung spielt jenseits des Atlantik. Werden Sie in der nächsten Finanzierungsrunde US-Investoren ins Boot holen?

Wir haben viel Kontakt zu US-Investoren, die unsere Firma und Technologie sehr schätzen. Ob die jeweiligen Konstellationen für eine Beteiligung auf beiden Seiten passen, wird man dann sehen müssen.

Hat sich die Situation für deutsche Biotech-Startups in den letzten Jahren gebessert, VC-Kapital einzuwerben?

Für gute Konzepte basierend auf interessanten Technologien, die von einem erfahrenen Managementteam vorangetrieben werden, war und ist VC Kapital durchaus vorhanden. Eine Verbesserung ist, daß sich nun auch US-Investoren zunehmend ein Investment in Deutschland vorstellen können.

Das Interview führte Stefan Riedel.

Zur Person

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Christian Schetter ist seit 2015 Vorstandsvorsitzender der Rigontec GmbH. Zuvor war der promovierte Mediziner in leitenden Funktionen beim Max-Planck-Institut in München, Coley Pharmaceuticals und Fresenius Biotech tätig.

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