Was Verkäufe von deutschen Life Science-Unternehmen im Jahre 2016 anbetrifft, gab es vier größere Transaktionen. Die Ganymed AG aus Mainz wurde von der Astellas Inc., einem der führenden Pharmaunternehmen aus Japan, übernommen. Der Kaufpreis wurde mit 422 Mio. EUR angegeben, weitere, erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen in Höhe von 860 Mio. EUR stehen in Aussicht. Besonders gefreut über diesen Verkauf dürften sich die Anleger verschiedener MIG Fonds haben, da die MIG Fonds mit rund 7,8% an der Ganymed beteiligt waren. Im April war die Martinsrieder Crelux an die WuXi AppTec aus Shanghai verkauft worden, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Der Forschungsstandort Martinsried bleibt erhalten. Im Oktober hat der Zukunftsfonds Heilbronn das Heilbronner MedTech Unternehmen XENIOS AG an Fresenius Medical Care verkauft, auch hier wurde der Kaufpreis nicht genannt. Und im Dezember hat der chinesische Biotechnologie-Investor VIROAD die Potsdamer GILUPI GmbH, die sich mit therapiebegleitender Krebsdiagnostik beschäftigt, komplett übernommen.

Institutionelle Investoren

Mit der Wahl von Donald Trump zum 45. amerikanischen Präsidenten am 9. November schnellte der NASDAQ Biotech Index um 200 Punkte nach oben. Anleger glauben, dass die von Hillary Clinton angestoßene Diskussion über die Arzneimittelpreise in den USA damit vom Tisch ist. Es wird sich zeigen, ob dies auch ein positives Signal in Richtung IPOs von Life Science-Unternehmen in den USA ist. Gerade im ersten Halbjahr 2016 ist die Zahl der IPOs vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit auf 61 zurückgegangen, nach 81 IPOs im ersten Halbjahr 2014.

Doch zurück nach Europa beziehungsweise Deutschland. Im ersten Halbjahr konnten einige große europäische Life Science VC Fonds erfolgreich geschlossen werden. Der Endeavour Vision III Fonds sammelte 280 Mio. EUR ein, der Life Science Partners V Fond 280 Mio. USD, der Forbion III Fonds 182 Mio. EUR, der auf onkologische Spätphasenprojekte spezialisierte NextTechInvest IV Fonds 68 Mio. EUR. Erfreulich aus deutscher Sicht ist das First Closing des Earlybird HealthTech Fonds. Hier ist mit der Barmer GEK zum ersten Mal eine öffentliche, deutsche Krankenkasse als Investor mit an Bord. Wenn dies auch nur auf Basis einer speziellen Beteiligungskonstruktion ermöglicht wurde, zeigt dies doch, dass man in Deutschland mitunter neue Wege gehen muss, um neue Investoren zu gewinnen. Der Wellington V Fonds befindet sich ebenfalls im Fundraising. Aus dem vorher Gesagten kann man schlussfolgern, das die europäischen Investoren im Jahre 2016 den Life Science Bereich als attraktives Marktsegment wiederentdeckt haben.

Aus Sicht der Investoren sehr erfreulich war auch der Beschluss des Bundeskabinetts vom 14. September 2016 zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften. Die steuerliche Nutzung der aufgelaufenen Verluste soll – im Gegensatz zur bisherigen Regelung – weiter möglich sein, auch wenn sich ein neuer Investor an dem Unternehmen beteiligt. Dies ist zweifelsohne ein erster Schritt in Richtung Erhöhung der Attraktivität von VC Investments für neue Investoren, dem hoffentlich weitere folgen werden. Das im Koalitionsentwurf der jetzigen Bundesregierung angekündigte Venture Capital Gesetz zur Stärkung des Wagniskapitals in Deutschland wird aber weiter auf sich warten lassen.

Crowdfunding

Das Thema Crowdfunding ist im deutschen Life Science Markt angekommen. Über das Crowdfunding können nach dem im Jahre 2015 verabschiedeten Kleinanlegerschutzgesetz bis zu 2,5 Mio. EUR pro Projekt eingesammelt werden, die dann durch öffentliche Kapitalgeber gespiegelt werden können, was in Summe 5 Mio. EUR ergibt. oncognostic möchte auf der Seedmatch Plattform 500.000 EUR einwerben. Mit Medifundo gibt es seit November eine eigene Crowdfunding-Plattform für Life Science-Unternehmen, die gerade für die Finanzierung in der Seed-Phase interessant sein dürfte. Im Oktober hatte darüber hinaus die Frankfurter Crowdinvesting-Plattform aescuvest.de das Biotechnologie-Portal BIOstart.com übernommen.

Öffentliche Investoren

Auch aus Sicht der öffentlichen Investoren gibt es erfreuliches aus dem Jahre 2016 zu berichten. Seit März 2016 gibt es den Coparion Venture-Fonds (Gesellschafter: KfW, ERP Sondervermögen/BMWi) mit einem Volumen von 225 Mio. EUR, der sich als Wachstumsfinanzierer mit bis zu 10 Mio. EUR pari passu mit einem Privatinvestor an innovativen, deutschen Technologie-Start-Ups beteiligt. Zu nennen ist auch der 100 Mio. EUR schwere Wachstumsfonds Bayern, der von BayernKapital gemanagt wird. Der Fonds investiert zwischen 2 bis 8 Mio. EUR pari passu mit einem Privatinvestor in innovative Technologieunternehmen mit Sitz in Bayern, die bereits erfolgreich eine Seed- und Serie A-Finanzierung hinter sich gebracht haben. Im Jahre 2016 wurden vom Fonds Investments in Höhe von 18 Mio. EUR getätigt, das Gros der Investments in Life Science Unternehmen. Auch die vorbörsliche IPO-Plattform ‚Deutsche Börse Venture Network‘ hat in 2016 Fahrt aufgenommen.

Fazit

2016 war ein sehr gutes Jahr für die deutsche Life Science Industrie. Viele große und kleine Finanzierungsrunden konnten erfolgreich abgeschlossen werden, auch das Interesse von Investoren aus Übersee ist geweckt. Kapitalerhöhungen mit zum Teil neuen Investoren wurden erfolgreich platziert, mit dem Coparion Venture Fund hat ein potenter Wachstumsfinanzierer im März seine Tätigkeit aufgenommen. Mit dem Crowdfunding steht ein weiteres Vehikel zur Frühphasenfinanzierung zur Verfügung. Erfreulich ist, dass die Bundesregierung mit ihrem Beschluss zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften den ersten Schritt in Richtung Erhöhung der Attraktivität von VC-Investments in Deutschland getan hat, dem hoffentlich bald weitere folgen werden. Aus Firmensicht hervorzuheben sind die strategischen Partnerschaften im Bereich der Onkologie. Guselkumab, zur Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis, könnte der erste, auf MorphoSys‘ firmeneigener Technologie basierende, zugelassene Antikörper auf dem globalen Pharmamarkt werden – was ein Meilenstein für die gesamte deutsche Life Science Industrie wäre.

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