Es war absehbar zuletzt, nun ist es traurige Gewissheit: SolarWorld, das einstige Vorzeigeunternehmen und Pionier der hiesigen Photovoltaikindustrie, muss endgültig Insolvenzantrag stellen. Damit kann auch die im Frühjahr/Sommer 2013 auf den Weg gebrachte finanzielle Restrukturierung des Bonner Solarkonzerns als gescheitert angesehen werden.

Offiziell hieß es gestern Abend, dass der Vorstand von SolarWorld um CEO Frank Asbeck nach umfassender Prüfung zu der Überzeugung gelangt ist, dass im Zuge des aktuellen Geschäftsverlaufs und weiter voranschreitender Preisverwerfungen keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht, SolarWorld somit überschuldet ist und dementsprechend Insolvenzantragspflicht besteht.

Für die SolarWorld-Tochtergesellschaften wird vor diesem Hintergrund die jeweilige Antragspflichtgeprüft.

Der Gang zum Konkursgericht dürfte vor allem den mehr als 3.000 Beschäftigten neben Bonn u.a. im sächsischen Freiberg und im thüringischen Arnstadt sauer aufstoßen, müssen sie doch nun um ihre Jobs bangen.

SolarWorld AG: InsolvenzAber auch Aktionäre und Bondholder sind sauer, mussten doch gerade sie seinerzeit erhebliche Schuldenschnittehinnehmen, weil es SolarWorld im internationalen Preiswettbewerb nicht gelang, mit seinen Produkten mitzuhalten. Bitter: Auch in der aktuellen Pflichtmitteilung führen die Bonner „voranschreitende Preisverwerfungen“ als Grund für die jetzige Insolvenz an.

Kritik wird laut, warum es dem Management bis zuletzt nicht gelang, den einstigen Solarzellen-Pionier in Deutschland trotz umfangreicher Restrukturierungsmaßnahmen wieder auf Kurs zu bringen. Ob diesbezüglich eventuelle Versäumnisse der Geschäftsführung vorliegen, dürfte in den kommenden Wochen umso intensiver geprüft werden.

Derweil bewerten erste Sanierungsexperten die Chancen für eine erfolgreiche Restrukturierung von SolarWorld als eher schwierig: „In dem nunmehr zweiten Insolvenzverfahren, das auf identische strukturelle Probleme gestützt wird, wird es umso schwerer fallen, eine Restrukturierung erfolgreich umzusetzen. Ob dies überhaupt noch versucht wird, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen“, schätzt etwa Rechtsanwalt Daniel Vos von MÜLLER SEIDEL VOS die Lage ein.

SolarWorld AG: InsolvenzSolarWorld kämpft bereits seit Jahren mit niedrigen Preisen für Solarmodule und einer dominierenden Konkurrenz insbesondere aus Asien. Erschwerend hinzu kommt ein Rechtsstreit in den USA: Der ehemalige US-Siliziumlieferant Hemlock hat die Bonner auf umgerechnet rund 720 Mio. EUR Schadenersatz wegen nicht erfüllter Abnahmezusagen verklagt.

2016 rutschte die Solarschmiede noch tiefer in die Verlustzone und wollte mit einem tiefgreifenden Sparprogramm gegensteuern. Mit „Qualität und Technologie“ sollte der operative Karren aus dem Dreck gezogen und sich zugleich vom asiatischen Wettbewerb abgesetzt werden.

Nach der Insolvenzankündigung brach die Aktie erwartungsgemäß um knapp vier Fünftel auf nur noch 0,86 EUR ein.

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