Gründer und Vorstandsvorsitzender Thomas Olek zog sich vor rund zwei Jahren aus dem operativen Tagesgeschäft bei der publity AG zurück – wofür es Gründe gab. Als Ankeraktionär ist er sich seiner Verantwortung weiterhin bewusst.

GoingPublic: Herr Olek, vielleicht kurz als Update, da seit unserem letzten Gespräch doch das eine oder andere Jahr ins Land strich: Wissen Sie noch, worüber wir hauptsächlich diskutierten?
Olek: Ich erinnere mich, dass wir zuletzt 2018 vor Ort sprachen. Damals wurde der publity-Kurs durch Short-Attacken bis auf unter 10 EUR gedrückt, parallel gab es die Unsicherheit über die Rückzahlung unserer Wandelanleihe 2015/20. Beides war schon bald passé und der Aktienkurs erholte sich deutlich. Aktuell steht die Aktie bei rund 30 EUR.

GoingPublic: Und ich erinnere mich, dass ich Ihrer Prognose damals etwas skeptisch gegenüberstand. Anno 2022 haben wir andere Themen: Zunächst einmal, weshalb haben Sie sich vor ca. zwei Jahren aus dem Tagesgeschäft bei sowohl publity als auch PREOS zurückgezogen?
Olek: Ich wurde 2020 als einer der ersten in Deutschland mit Corona angesteckt – und das sehr heftig, inklusive Klinikaufenthalt über drei Wochen mit Intensivstation. Da hatte ich einen persönlichen Kampf auszutragen. Es hat lange gedauert, bis ich wieder komplett leistungsfähig war, und auch meine Einstellung zu vielen Dingen im Leben habe ich überdacht und teilweise grundlegend geändert. Das war der Hintergrund meines Rückzugs aus dem Tagesgeschäft. Über diese neue Perspektive bin ich froh.

GoingPublic: Nun hätte ich Sie, wenn nicht mehr im operativen Geschäft, so doch wenigstens als Vertreter des Großaktionärs dort wie da im Aufsichtsrat erwartet.
Olek: Ich war noch nie irgendwo Aufsichtsrat. Die Anforderungen sind ja auch enorm gestiegen [lacht] – gefordert sind heute Rechtsanwälte, Steuerberater oder Notare als jeweilige Spezialisten. Ich bin froh, wenn der Aufsichtsrat mit solchen Fachleuten besetzt ist, da muss ich dann nicht auch noch mitmischen. Die Vorstände der publity AG machen auch ohne mein Zutun einen guten Job und mir reicht es, das zu wissen.

GoingPublic: Als Ankeraktionär, aber auch bei den Anleihen, spielen Sie jedoch weiterhin eine (ge-)wichtige Rolle als Investor. Sind Sie da so etwas wie der ‚Lender of last Ressort‘ – also jemand, der nötigenfalls einspringt, wenn bei anderen Co-Investoren gerade die Taschen etwas zugeknöpft sind?
Olek: Da bin ich mir meiner Wurzeln bewusst: In den vergangenen 25 Jahren habe ich mir ein Vermögen aufgebaut, und dessen Quelle war und ist maßgeblich die publity AG. Selbst über die zwischenzeitlichen Krisen hinweg war es eine gute Idee, daran festzuhalten. Natürlich hatte ich in dieser Zeit auch durchaus hin und wieder Selbstzweifel, wenn ich gesehen habe, dass einige Mitbewerber stärker gewachsen sind als die publity – aber eben auf Basis zunehmend höherer Verschuldungsgrade. Dass das eine riskante Strategie sein kann, erleben wir gerade an mehreren Beispielen. Ich habe manchmal bei hohen Kursen meinen Aktienbesitz reduziert, stand dann aber immer bereit bei niedrigeren Kursen. Das kann man alles in den Directors‘ Dealings nachlesen. Ich sehe dieses ‚zur Stelle sein‘ auch als meine Verantwortung als Großaktionär.

GoingPublic: Wie eine Art Market Maker also, um die Kurse ein wenig zu glätten oder zu stabilisieren, sowohl nach unten wie nach oben?
Olek: Wir haben in der publity ja rund 5.000 Kleinaktionäre. Bei dem einen oder anderen drückt aktuell vielleicht die Energiepreisrechnung, auch fiel in wenigen Jahren die Dividende aus. Für diese Menschen ist wichtig zu wissen, dass da ein Ankeraktionär ist, der den Kurs in einer schwierigeren Zeit schon nicht in den Boden fallen lässt, sondern für einen funktionierenden Sekundärmarkt sorgt. Natürlich würde ich diesen Aktionären immer gerne zurufen ‚Bleibt doch an Bord‘, aber ich verstehe auch, wenn Liquidität benötigt wird, um Rechnungen zu bezahlen oder eine wichtige Investition zu tätigen. Ich bin kein Freund davon, Aktien erst ungebremst in den Keller rauschen zu lassen, um dann auf einen Schlag seine Mehrheit wieder zu erhöhen. Ich habe teilweise über 200 Handelstage hinweg marktschonend gekauft, um jedem zu zeigen, dass ich weiter an die publity glaube – und jeder, der das beobachtet, kann meiner Strategie folgen. Vielleicht erinnern sich diese Anleger eines besseren Tages daran, dass sie mit der publity unter dem Strich gut gefahren sind – genau wie ich selbst – und kehren zurück in die Aktie. Wenn ich eine Aktie ohne jedwede Intervention erst 70 oder 80% fallen lasse, hätte ich diese Privatanleger sicherlich für immer verloren: Die kehren nicht mehr zurück.

GoingPublic: Bei solchen Aktientransaktionen ist ja korrektes Vorgehen geboten – Stichwort mögliche ‚Marktmanipulation‘.
Olek: Natürlich will ich den Markt nicht manipulieren noch irreführende Signale senden. Deshalb werden die Orders sehr korrekt und unabhängig von einer Bank abgewickelt. Tatsächlich gab es von mehr als eineinhalb Jahren mal einen Pressebericht, dass die BaFin sich bei publity Aktie Transaktionen in dem Zusammenhang angeschaut haben soll. Ich kann da aber nichts zu sagen, denn ich bin in der Angelegenheit nicht von der BaFin kontaktiert worden und publity übrigens auch nicht. Wir haben dann auch von der Sache nie wieder irgendetwas gehört.

GoingPublic: An was machen Sie als Ankerinvestor fest, wann Sie die Aktie für günstig beurteilen?
Olek: Ich meine, ein stark fallender Kurs sollte beim Großaktionär per se den Reflex auslösen, dass er als Käufer gefragt sein könnte. Darüber hinaus sollte dann geprüft werden, ob das Geschäftsmodell intakt ist. Das ist bei publity so. Die größten Kunden von uns als Asset Manager sind aus Nordamerika. Die möchten verstärkt in den deutschen Markt zurück. Nicht nur, dass sie einen übergeordneten, gemäßigteren Blick auf unsere deutsche Energiepreisproblematik haben, sondern sie haben auch noch den starken USD. Die aktuellen Aussichten sind also nicht allzu schlecht und die Kursentwicklung in den vergangenen zwölf Monaten zeigt dies ja ebenfalls.

GoingPublic: Immerhin Chapeau: Seit wir 2018 sprachen, hat sich der publity-Kurs fast verdreifacht, selbst im Gruseljahr 2022 stehen ca. 20% Plus gegen den allgemeinen Trend zu Buche – wäre ggf. eine gute Steilvorlage, en passant Ihre Expertensicht auf den Immobilienmarkt in Deutschland zu erfahren.
Olek: Die LTVs werden sich stark reduzieren und auf der anderen Seite steigen Finanzierungskosten und Tilgung drastisch an. Ich rechne mit 30% oder mehr Rückgang der Preise in gewissen Lagen bei Büroimmobilien. In guten Lagen sicherlich nur 10% oder weniger. Das erhöht den Druck auf die Angebotsseite, da einige Investoren abgeben müssen, um ihre Bilanz zu stabilisieren. Ich denke, das wird nur noch vermehrt internationale Adressen mit einem gemäßigten und langfristigen Horizont auf den Plan rufen. Im Bereich der Wohnimmobilien werden wir nach meiner Überzeugung in den kommenden Quartalen deutliche Wertanpassungen nach unten sehen. Das wird nicht lustig. Langfristig werden diese Preisabschläge aber Kapital anlocken. Ich schätze, dass die nächsten Jahre wahrscheinlich 20 bis 30 Mrd. USD in Richtung des deutschen Immobilienmarkts fließen könnten, das meiste in Wohnimmobilien. Wenn 3 oder 4 Mrd. USD davon beim deutschen Büroimmobilienmarkt ankommen, wäre das eine gute Hausnummer.

Thomas Olek

GoingPublic: Herr Olek, besten Dank an Sie für Ihre Zeit und die überaus interessanten Hintergründe.

Interview: Falko Bozicevic

Thomas Olek ist Großinvestor der publity AG (knapp 50%) sowie Aktionär der PREOS AG, einer publity-Tochter.

Fakten & Zahlen – publity AG 

Gründung 1999
Branche Finanzinvestor Gewerbeimmobilien
Unternehmenssitz Frankfurt/Main
Umsatz 2021 28,7 Mio. EUR (+80% ggü. Vj.)
Ergebnis 2021 -15,4 Mio. EUR (Vj.: +12,1 Mio. EUR)
Mitarbeiter 20
Börsenstart 2015
Segment Scale, m:accesss
MarketCap ca. 470 Mio. EUR
Internet www.publity.org/de/

 

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)