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Die zunehmenden regulatorischen Verpflichtungen im Bereich der Nachhaltigkeit stellen Unternehmen wie auch Finanzdienstleister vor neue Herausforderungen. Da bisher noch kein einheitlicher Standard zu den relevanten ESG-Daten existiert, hat die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) in einem partizipativen Ansatz den OeKB > ESG Data Hub entwickelt. 

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Europa soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden und die Finanzbranche ist ein wesentlicher Akteur bei der Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit. Um die ambitionierten Klima- und Energieziele der EU zu erreichen, müssen Investitionen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten gelenkt werden. ­Dabei bildet ein vielfältiges und stetig wachsendes Regelwerk den Rahmen.

Zunehmende Regulatorik

Banken und andere Finanzdienstleister innerhalb der EU benötigen die ESG-Daten der kreditnehmenden Unternehmen unter anderem für die verpflichtende eigene Risikobeurteilung, die Erfüllung der Aufsichts- sowie Offenlegungspflichten, etwa gegenüber ihren ESG-orientierten Investorinnen und Investoren. Diese Nachhaltigkeits­daten sind insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oftmals noch nicht öffentlich verfügbar bzw. überhaupt vorhanden.

Die Unternehmen unterliegen ebenfalls zunehmenden regulatorischen Verpflichtungen, darunter die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die ab dem Geschäftsjahr 2024 die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ersetzt. Sie wird stufenweise eingeführt und ab 2026 letztlich auch für börsennotierte KMU gelten.

Kein einheitlicher Standard

Da noch kein einheitlicher Standard existiert, stellen die effiziente Erfassung und der Austausch der relevanten Nachhaltigkeitsdaten eine große Herausforderung dar. Gerade KMU verfügen über wenig ­Ressourcen und Know-how in diesem sehr dynamischen Bereich. Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Unternehmensgrößen haben gezeigt, dass zwar eine Vielzahl an Informationen und Daten vorhanden ist, jedoch nicht in strukturierter Form. Dazu kommt, dass Banken aufgrund verschiedener Regelungen mehr Nachhaltigkeitsdaten über die Unternehmen benötigen, als diese bis jetzt veröffentlichen müssen.

Koordinierte Vorgehensweise

Die OeKB hat als zentrale, unabhängige und neutrale Dienstleisterin aus der österreichischen Wirtschaft daher immer wieder den Wunsch nach einer einheitlichen und koordinierten Lösung vernommen. Diesen Wunsch haben wir aufgegriffen und in einem partizipativen Ansatz den OeKB > ESG Data Hub entwickelt, der im August 2022 lanciert wurde. Zentrales Feature der Onlineplattform ist ein allgemeiner ESG-Fragebogen, der gemeinsam mit österreichischen Kreditinstituten erarbeitet wurde. Dieser basiert auf den wichtigsten geltenden Standards und Vorschriften aus dem Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung, des Risikomanagements und weiteren Vorgaben, die das Ziel verfolgen, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen.

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Niederschwelliger Ansatz

Um auch KMU einen niederschwelligen ­Zugang zum Thema ESG zu bieten, ist die ­Anzahl der Fragen auf die jeweilige Unternehmensgröße und Branche angepasst. Unternehmen beantworten zwischen 20 und 91 verpflichtende Fragen. Sie können den OeKB > ESG Data Hub kostenlos nutzen und dadurch ihre Nachhaltigkeitsdaten einfach und effizient sammeln und managen. Ein Dashboard gibt eine strukturierte Zusammenfassung des Fragebogens und damit eine wichtige Orientierung, um die nächsten Schritte in Richtung Nachhaltigkeit gehen zu können. Alle teilnehmenden Unternehmen profitieren von einem rückläufigen Aufwand in den Folgejahren durch ein einfaches Up­daten der relevanten Zahlen sowie von einem Vergleich ihres Nachhaltigkeitsprofils mit der Branche oder über alle Branchen hinweg.

Rund 60% des Bankensektors registriert

Nach dem einmaligen Ausfüllen des Fragebogens können die Unternehmen entscheiden, welche Banken auf ihre ESG-Daten zugreifen dürfen, womit sich Parallelitäten und Redundanzen vermeiden lassen. Mittlerweile sind gemessen am Firmenkundenkreditvolumen rund 60% des österreichischen Bankensektors auf der zentralen Onlineplattform registriert, darunter auch der Raiffeisen-Sektor, die Erste Bank und Sparkassen sowie die Oberbank. Damit hat der OeKB > ESG Data Hub das Potenzial, zum österreichischen Standard zu werden.

Seit September 2023 können Unternehmen nun auch auf der Plattform registrierte Versicherungen und Kreditauskunfteien als Empfänger ihrer ESG-Daten auswählen.

Datenqualität und ­Schnittstellenfunktion

Der OeKB > ESG Data Hub stellt strukturierte, standardisierte und harmonisierte Daten bereit und ermöglicht Banken, Versicherungen und Kreditauskunfteien damit eine bessere Datenplausibilisierung. Die Lösung greift auf die Erfahrungen der OeKB im Rahmen ihrer gesetzlichen Funktionen mit Schnittstellen – wie dem automatisierten Datentransfer als Meldestelle gemäß Kapitalmarktgesetz oder in ihrer Officially-Appointed-Mechanism-(OAM-)Funktion gemäß Börsengesetz – zurück und ermöglicht somit eine optimale Inte­gration in bestehende IT-Systeme (über eine API-Schnittstelle). Die OeKB unterliegt der Bankenregulatorik sowie den aufsichtsrechtlichen Anforderungen, strenge IT-Security-Richtlinien garantieren die Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten. Ganz wichtig: Das Unternehmen entscheidet selbst, ob und wann es seinen ESG-Fragebogen mit den ausgewählten Empfängern teilt.

Sektorspezifische Fragebögen

Gemeinsam mit Kreditinstituten und weiteren wichtigen Stakeholdern wurden mittlerweile acht sektorspezifische ESG-Fragebögen erarbeitet, die je nach Unternehmensgröße bis zu 37 zusätzliche Fragen umfassen und die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse berücksichtigen:

  • Land und Forstwirtschaft,
  • Energieversorgung,
  • Baugewerbe,
  • Leichtindustrie,
  • Schwerindustrie,
  • Bergbau, Öl, Gas,
  • Tourismus und
  • Immobilien.

Kontinuierliche Weiterentwicklung

Um auf die fortlaufenden Veränderungen im Bereich ESG und der zugrunde liegenden Regulatorik reagieren zu können und damit eine Standardisierung und allgemeine Gültigkeit zu gewährleisten, wird der OeKB > ESG Data Hub kontinuierlich ­weiterentwickelt. Wie schon bei der Entwicklung der Plattform wird dabei auch in Zukunft ein partizipativer Ansatz mit der Einbeziehung von Kundenfeedback sowie Arbeits- und Steuerungsgruppen verfolgt.

Zusätzliche Features

Die OeKB stellt als Plattformbetreiberin auch eine kontinuierliche Optimierung der Nutzerfreundlichkeit und Erweiterung der Features sicher. Sie bietet beispielsweise über Onlineguides Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu den verschiedenen Funktionen auf dem OeKB > ESG Data Hub, was die Navigation noch leichter macht. Seit September erhalten Unternehmen einen Überblick ihrer Eingaben als ESG-Report im PDF-Format. Dieser dient als ideale Grundlage für weitere Analysen – ob unternehmensintern oder gemeinsam mit einer Unternehmensberatung – und legt zudem einen Grundstein für die nichtfinanzielle Berichterstattung.

Ausführliche Inforomationen zum OeKB > ESG Data Hub

erhalten Sie unter: www.oekb-esgdatahub.com

Dieser Beitrag erschien in unserer Special Ausgabe Kapitalmarkt Österreich 2023.

Autor/Autorin

Mag. Nastassja Cernko
Nastassja Cernko

Mag. Nastassja Cernko ist Gruppenleiterin für Nachhaltigkeit, Projektanalysen und Strategie bei der Österreichischen Kontrollbank (OeKB).