Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie

„Nutzfahrzeuge: Motor der Zukunft“ – unter diesem Motto öffnet die 64. IAA Nutzfahrzeuge im September in Hannover ihre Tore. Das Motto steht für die Innovationskraft der Branche und die hohe Effizienz des Nutzfahrzeugs. Nutzfahrzeuge bilden das Rückgrat der modernen Industriegesellschaften. In Europa schultern sie rund drei Viertel der gesamten Güterverkehrsleistung.

In Zukunft wird der Güterverkehr weiter wachsen: laut der aktuellen Mittelfristprognose der Bundesregierung allein in Deutschland bis 2015 um jährlich 3,3%. Dieses Wachstum ist nur mit modernen, kraftstoffeffizienten Nutzfahrzeugen zu bewältigen. Die Hersteller und die Transportbranche sind sich ihrer Verantwortung für einen nachhaltigen Güterverkehr bewusst. Natürlich gilt aber auch weiterhin, dass am Ende einer Fahrt nicht nur die Umweltbilanz stimmen muss, sondern auch das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis. Effizienz heißt auch Wirtschaftlichkeit. Immerhin haben Kraftstoffkosten einen Anteil von bis zu 30% an den gesamten Betriebskosten. Für die deutsche Nutzfahrzeugindustrie sind die Leitplanken damit klar gesetzt: Künftige Nutzfahrzeuggenerationen müssen mehr denn je eine ökologisch vertretbare und gleichzeitig ökonomisch effiziente Abwicklung von Transportaufgaben gewährleisten. Innovationen sind der Schlüssel dazu: Die Hersteller senken Schadstoff- und CO2-Emissionen, steigern die Transporteffizienz und entwickeln neue Antriebsformen.

Hybridangetriebener LKW der Daimler AG; Foto: Daimler AG

Emissionen reduzieren

Mit der Einführung von Euro-VI-Motoren sinken die Emissionen von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen, Partikeln und Stickoxiden auf ein nur noch „homöopathisches“ Niveau – gegenüber 1990 beträgt die Reduktion rund 98%. Hier ist das Ende der Fahnenstange physikalisch und vor allem wirtschaftlich erreicht, wenn man bedenkt, dass im Zuge der europäischen Abgasgesetzgebung die Kosten für den Antriebsstrang seit 1990 um fast 90% gestiegen sind. Zugleich wird häufig eine zentrale technische Gesetzmäßigkeit übersehen: Die Reduzierung klassischer Schadstoffe und weniger Verbrauch sind nicht gleichzeitig zu haben. Einer der Gründe dafür ist, dass schadstoffreduzierte Antriebe einen erheblich höheren Kühlleistungsbedarf haben. Dennoch haben die deutschen Nutzfahrzeughersteller Wirkungsgrade von rund 40% erreicht. Weitere Reduktionsmöglichkeiten liegen künftig bei den Nebenaggregaten und in der Abwärmenutzung.

Windschnittige Lkws

Darüber hinaus wird die Aerodynamik der Lkw eine wesentlich größere Rolle spielen. Der Luftwiderstand eines heute gängigen Sattelzugs ähnelt dem einer fahrenden Schrankwand. Erste Studien zeigen aber, dass Sattelzüge mit aerodynamisch optimiertem Auflieger den weit niedrigeren Luftwiderstandswert eines Pkw erreichen könnten – damit wäre eine Kraftstoffersparnis von bis zu 20% verbunden. Voraussetzung ist allerdings, dass dadurch weder Volumen noch Nutzlast verloren geht. Denn je höher die Ladekapazität, desto niedriger der Verbrauch je Transporteinheit. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung ist der geplante Feldversuch mit Lang-Lkw, die bis zu 25,25 Meter lang sein dürfen. Durch ein größeres Transportvolumen lassen sich Kraftstoffverbrauch und CO2-Emmission um bis zu 30% je transportierter Einheit senken.

Damit die von den Herstellen entwickelten innovativen Aerodynamik-Konzepte auf die Straße kommen, ist ein neuer gesetzlicher Rahmen notwendig: Denn besonders aerodynamische Lkw benötigen oftmals großzügigere Abmessungen als herkömmliche Lkw. Die EU sollte daher eine Verlängerung von Fahrzeugen zulassen, die zur Optimierung des Luftwiderstands genutzt werden kann.

Die Reduzierung des Rollwiderstands der Reifen, der etwa ein Drittel des Kraftstoffverbrauchs ausmacht, ist eine weitere wichtige Stellschraube zur Effizienzoptimierung. Die Synthese von weniger Rollwiderstand und maximaler Nutzlast führt zu einem neuen Fahrzeugkonzept: ein 38-Tonnen-Zug mit zwei Achsen im Auflieger. Das Fahrzeug verliert zwar gegenüber dem klassischen 40-Tonner etwa eine halbe Tonne Nutzlast. Durch die verringerte Zahl der Achsen und damit der Räder sinkt der Rollwiderstand aber erheblich. Der Verbrauch und die Betriebskosten gehen zurück. Mit dem aktuellen Stand der Technik und dem geltenden Ordnungsrahmen sind diese Konzepte schon heute machbar und werden auf unseren Straßen eingesetzt.

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