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Seit 2011 wurden in Österreich insgesamt mehr als 3.300 Start-ups gegründet, knapp die Hälfte davon in Wien. Junge ­Unternehmen sind zu einem wesentlichen Wirtschaftszweig der Alpenrepublik geworden. Insbesondere Wien wird häufig in erster Linie als Kultur-Hotspot gesehen, doch inzwischen tragen Informationstechnologie und Telekommunikation rund viermal so viel zur Bruttowertschöpfung der Stadt bei wie der Kulturbereich. 

Der Anteil der Unternehmen mit mindestens einer Frau im Gründungsteam liegt bei 39% – damit ist Österreich im EU-Vergleich auf dem ersten Platz.

Fragt man Gründer nach den Kriterien für ihre Standortentscheidung, so werden insbesondere Lebensqualität, In­frastruktur und vergleichsweise moderate Lebenshaltungskosten angeführt. Das gut ausgebaute Sozialsystem mit hochwertiger Gesundheitsversorgung spielt ebenfalls eine Rolle. Dazu kommen eine attraktive und flexible Wirtschaftsförderung und vielfältige Möglichkeiten zu Vernetzung und Austausch.

Testmarkt für den deutschsprachigen Raum

Auf der wirtschaftlichen Seite spielen geografische und sprachliche Standortvorteile eine Rolle. So wird Österreich gern als Testmarkt für den gesamten deutschsprachigen Raum genutzt. Das Land eignet sich zudem als Standort für eine regionale Zentrale, zum einen wegen seiner Lage im Herzen Europas, zum anderen wegen seiner traditionellen Rolle als Tor zu den osteuropäischen Märkten.

Bilanz 2022: 1 Mrd. EUR für 150 Finanzierungsrunden

Auch die Optionen in den Bereichen Finanzierung und Networking überzeugen: 2022 flossen laut EY Startup Barometer in knapp 150 Finanzierungsrunden mehr als 1 Mrd. EUR frisches Kapital an österreichische Start-ups. Ebenfalls 2022 brachten Finanzierungsagenturen Mittel in Höhe von rund 500 Mio. EUR auf, allen voran die Förderbank des Bundes Austria Wirtschafts­service (aws) und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Die zweitwichtigste Finanzierungsquelle der Start-­ups neben dem eigenen Ersparten waren 2022 laut Austrian Startup ­Monitor bereits nationale öffentliche Förderungen und Unterstützungen, die 49% der Jungunter­nehmen erhielten.

Der Vernetzung zwischen Gründern und Investoren dient daneben das jährliche Start-up-Festival ViennaUP mit einer Vielzahl von Veranstaltungen. Dazu gehören etwa die Österreichausgabe des „Startup World Cup“ und die Impact Days, Europas führende Konferenz zu diesem Thema. Der „Connect Day“ bringt Start-ups, Corporates und Investoren auf Augenhöhe zusammen. Nächstes Jahr wird ViennaUP in der ersten Juniwoche 2024 wieder zum Treffpunkt für die europäische Start-up-Szene, der Connect Day wird am 4. Juni 2024 stattfinden.

Beispiele für Erfolgsgeschichten

Das Engagement wird gut angenommen. „Mit einigen der am schnellsten wachsenden und wertvollsten Einhorn-Start-ups in Europa stehen Wien und Österreich nun eindeutig auf dem Radar der globalen Top­investoren“, erklärt etwa Oliver Holle, CEO des Venture-Capital-Unternehmens Speed­invest mit Sitz in Wien. „Und nicht zuletzt haben wir mit Speedinvest, das hier seinen Sitz hat, den aktivsten europäischen VC in der Seedphase, der zu unserem dynamischen Ökosystem beiträgt.“

Die Erfolgsgeschichten der vergangenen Jahre können sich sehen lassen – hier einige Beispiele:

  • Brightmind.AI entwickelt mithilfe künstlicher Intelligenz unter anderem Therapien gegen Migräne, Depression und Demenz.
  • Blackshark.ai unterstützt mit einem digitalen 3D-Abbild des gesamten Planeten Anwendungen wie Flugsimulatoren oder Planungsvorhaben.
  • Kaleido AI ist seit der Übernahme durch Canva zum globalen KI-Hub für das Multimilliardenunternehmen geworden.
  • Magic.dev: Google-Mutter Alphabet investierte über 20 Mio. EUR in das österreichische KI-Start-up, das erst im Jahr 2022 gegründet wurde.
  • Schüttflix digitalisiert den Markt für Schüttgut aller Art und hilft Unternehmen dabei, das jeweils beste Angebot zu ermitteln.

Start-up-Szene Österreich in Zahlen

Der Start-up-Sektor beschäftigt in Österreich bereits heute rund 25.000 Menschen, und der Trend zeigt nach oben. Im Rahmen des österreichischen Startup Monitors 2022 gaben 84% der befragten Unternehmen an, in den nächsten zwölf Monaten zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu wollen. Ein paar weitere Zahlen:

  • Knapp 50% der Gründungen finden in Wien statt.
  • Ebenfalls rund 50% der Unternehmen adressieren ein Umwelt- oder soziales Ziel.
  • 19% der Gründer sind Frauen. Der Anteil der Unternehmen mit mindestens einer Frau im Gründungsteam ist innerhalb ­eines Jahres von 36% auf 39% gestiegen.
  • Rund 25% der Gründer haben einen Mi­grationshintergrund, d.h., sie selbst oder eines ihrer Elternteile sind nicht in Österreich geboren. Diese Zahl spiegelt den Anteil an der Gesamtbevölkerung wider.

Bei den Branchen liegt IT- und Softwareentwicklung mit 29% aller Unternehmen klar vorn, gefolgt von Biowissenschaften (11%), Konsumgütern, Industrietechnik (je 10%) und Medien und Kreativwirtschaft (7%).

Flexible Company verbessert Rahmen­bedingungen für Gründungen

Mit dem Gesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft (Flexible Company; FlexCo) führt Österreich nun ab November dieses Jahres eine neue juristische Person ein, die Elemente der GmbH und der AG verbindet und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts stärken sowie Österreich internationalen Start-up-Gründern schmackhaft machen will.

Der Kapitalbedarf in der Anfangsphase des Unternehmens mindert sich im Vergleich zur GmbH erheblich. Das erforderliche Mindeststammkapital, das sich aus den Stammeinlagen der Gesellschafter zusammensetzt, beträgt 10.000 EUR, wovon nur die Hälfte bar eingezahlt werden muss. Nach der Gründung der Gesellschaft darf der auf das Stammkapital einbezahlte Betrag für Geschäftszwecke verwendet werden. Als Mindestkörperschaftsteuer, die auch zu entrichten ist, wenn in dem Wirtschaftsjahr kein Gewinn erzielt wird, fällt ein Betrag von 500 EUR an.

Gesellschafter können sich schon mit einer Stammeinlage von 1 EUR an der FlexCo beteiligen. Die FlexCo kann dementsprechende Stückanteile herausgeben. Dies soll weiteren Kreisen die Teilhabe an dem Jungunternehmen ermöglichen. Hinzu kommt die Möglichkeit der Teilung des Gesellschaftsanteils, falls dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist.

Mehr Start-ups durch steuerliche Entlastung erwartet

Das Gesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft enthält eine Anzahl von zukunftsträchtigen und aussichtsreichen Elementen, beispielsweise die Förderung der Teilhabe der Mitarbeiter und deren steuer­liche Entlastung. Durch alle mit der Einführung der FlexCo verbundenen Maßnahmen zusammen werden die Unternehmen in ­Österreich mit insgesamt 60 Mio. EUR im Jahr entlastet.

Die Einführung der neuen Rechtsform und der Förderung der Teilhabe der Mitarbeiter am Unternehmen und deren steuerliche Entlastung wird wohl die erfreuliche Entwicklung der vergangenen Jahre weiter begünstigen. Es ist auch davon auszugehen, dass die neuen Regeln zu einer Zunahme der Start-up-Gründungen führen werden.

Dieser Beitrag erschien im Special Kapitalmarkt Österreich 2023.

Autor/Autorin

Marion Biber
Marion Biber

Marion Biber ist Head of INVEST in AUSTRIA bei der Austrian Business Agency (ABA).

René Tritscher
René Tritscher

René Tritscher ist Geschäftsführer der ABA.