Berlusconi macht es vor
Das Gesetz soll vorerst bis Ende 2004 gelten. Davon können sogar Unternehmen profitieren, die einen anderen europäischen Börsenplatz auswählen. Die Regierung sah Handlungsbedarf, da im laufenden Jahr bislang lediglich acht Unternehmen ein IPO wagten, darunter auch der Energieversorger Hera und die Pirelli-Immobilien-Sparte Pirelli & C. Real Estate. Im Jahr 2002 gingen noch 21 Unternehmen an die Borsa Italiana.

Während Bundesfinanzminister Hans Eichel und Kollegen nach gewonnener Wahl heftigst über eine Abschaffung der Spekulationssteuer diskutierten, geht man in Italien einen anderen Weg: Da es Small Caps zur Zeit in Italien besonders schwer haben, wurde für Fonds, die vorwiegend in Small Caps investieren, die Kapitalgewinnsteuer von 12,5 % auf 5 % reduziert.

Doch auch die Börse zeigt Initiative. Das letzte IPO am Nuovo Mercato liegt nun schon fast zwei Jahre zurück. Nun soll, nach der Pleite des am Nuovo Mercato notierten Computerhändlers Opengate, ein „Blue Chip“-Segment an der italienischen High Tech-Börse eingeführt werden. Dieses soll 20 der 44 gelisteten Unternehmen umfassen, deren Finanzkennzahlen besonders gut sind.

Und was lernt die deutsche Regierung davon?
Die Maßnahmen der italienischen Regierung klingen fast zu schön, um wahr zu sein. Kaum zu glauben, daß Politiker einen solchen wirtschaftspolitischen Sachverstand beweisen. So können Unternehmen, die sich Eigenkapital an der Börse besorgen, zusätzlich noch von niedrigeren Steuersätzen profitieren. Und die Fonds bzw. deren Anleger werden auch noch wesentlich niedriger besteuert. Doch der Blick auf die deutsche Realität sorgt sehr rasch dafür, daß man nicht allzusehr ins schwärmen kommt. Hatten wir doch jahrzehntelang ein Steuersystem, das die Ausschüttung von Gewinnen begünstigte und somit der Bildung von Eigenkapital hinderlich war. Auch die Anleger müssen, Steuerexperten zufolge, mittelfristig mit der Einführung einer Kapitalgewinnsteuer rechnen. Das bedeutet die Abschaffung der Spekulationsfrist und die Einführung einer prozentual niedrigeren Steuer auf alle Kursgewinne. Daß die gleichen Politiker lautstark eine verstärkte private Altersvorsorge fordern, verwundert daher um so mehr.

Fazit
Über den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi mag man denken, was man möchte, aber es scheint doch nicht ganz verkehrt zu sein, wenn Personen mit Wirtschaftskompetenz in die Politik gehen. Die Initiative der italienischen Regierung ist nur zu begrüßen. Endlich wird die Beschaffung von Eigenkapital einmal steuerlich gefördert. Möglicherweise wären solche Schritte auch geeignet, die Zurückhaltung deutscher Unternehmen am Primärmarkt zu beenden. Bleibt zu hoffen, daß auch deutsche Politiker insbesondere die volkswirtschaftliche Tragweite einer solchen Entscheidung erkennen werden.

Dieser Beitrag ist auch im aktuellen GoingPublic Magazin 11/2003 nachzulesen.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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