Seit Wirksamwerden der Regelungen der EU-Marktmissbrauchsverordnung am 3. Juli 2016 gelten für Führungskräfte und
für mit ihnen in enger Beziehung stehende Personen deutlich strengere Anforderungen bei Eigengeschäften (sogenannte Directors‘ Dealings). Diese bedeutenden kapitalmarktrechtlichen Pflichten gelten erstmals auch für Freiverkehrsemittenten und für Schuldtitel – nach neuer Rechtslage also insbesondere auch für Anleihen.

Von Dr. Christian Becker und Lutz Pospiech

Christian Becker_Lutz Pospiech
Dr. Christian Becker ist Rechtsanwalt und Partner im Münchner Büro von GÖRG. Lutz Pospiech, Dipl.-Kfm. ist Rechtsanwalt und Assoziierter Partner bei GÖRG am Münchner Standort.

Bis zum Wirksamwerden der EU-Marktmissbrauchsverordnung(MAR) am 3. Juli 2016 mussten Führungskräfte eines Emittenten und ihnen nahestehende Personen nach § 15a Abs. 1 WpHG eigene Geschäfte mit Aktien des Emittenten, die zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind (und mit Derivaten, die sich auf Aktien des Emittenten beziehen), innerhalb von fünf Werktagen sowohl dem Emittenten als auch der BaFin mitteilen. Der Emittent hat diese Mitteilungen dann seinerseits unverzüglich zu veröffentlichen.

Erweiterte Mitteilungspflichten bei Directors‘ Dealings
Durch Art. 19 I und III MAR ist der Anwendungsbereich der Regeln zu Directors‘ Dealings erheblich erweitert worden. Nunmehr müssen nicht nur Geschäfte mit Aktien des Emittenten gemeldet werden, meldepflichtig sind auch Geschäfte mit Schuldtiteln – d.h. insbesondere mit Anleihen. Die Mitteilungen müssen spätestens innerhalb von drei Geschäftstagen erfolgen. Darüber hinaus gelten die Pflichten bei Directors‘ Dealings nicht mehr ausschließlich für Emittenten am regulierten Markt. Erfasst sind nun auch Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente lediglich eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem beantragt oder erhalten haben (Art. 19 IV MAR). Also auch Führungskräfte von Freiverkehrsemittenten und die mit den Führungskräften in enger Beziehung stehenden Personen (z.B. Ehepartner, unterhaltsberechtigte Kinder, juristische Personen, bei denen die Führungskraft des Emittenten ihrerseits Führungsaufgaben wahrnimmt oder die von der Führungskraft des Emittenten kontrolliert wird) müssen bei Eigengeschäften die Anforderungen der MAR einhalten.

Die Pflichten bei Directors‘ Dealings greifen, wenn die betreffende Führungskraft bzw. eine mit ihr in enger Beziehung
stehende Person innerhalb eines Kalenderjahres Geschäfte im Gesamtvolumen von 5.000 EUR (ohne Netting) getätigt hat
(Art. 19 VIII MAR). Zweck der Neuregelungen ist die Förderung der Marktintegrität und -transparenz. Führungskräfte kennen regelmäßig die eigene Gesellschaft genauer als Außenstehende. Ihre Verkaufs- oder Kaufentscheidungen können daher eine Indizwirkung für den Kursverlauf haben. Gleichzeitig soll durch die Mitteilungspflicht die Aufdeckung verbotener Insidergeschäfte erleichtert werden.