Bildnachweis: Iain Wilson, Helix Biopharma.

(Titelbild: Dr. Baomin Tian entfernt nicht umgesetzte Reagenzien aus einer Protein-Konjugationsreaktionslösung mit einer G20-Entsalzungssäule im Labor von Helix BioPharma in Edmonton, Alberta, Kanada. Copyright: Iain Wilson)

Helix Biopharma ist ein kanadisches Biotechnologie-Unternehmen, das sich mit der Behandlung von Krebs auseinandersetzt. Kernkompetenz ist eine eigens entwickelte Plattform-Technologie und der Wirkstoff L-DOS47. Er bekämpft das saure Milieu von verschiedenen Tumoren und zeigt zusammen mit einer Immun-Checkpoint-Therapie Anti-PD1 hohe Wirksamkeit. Kann L-DOS47 die zukünftige Krebstherapie revolutionieren?

Auf welcher Beobachtung basiert die Immun-Onkologie-Therapie bei Helix Biopharma?

Jacek Antas: In der bisherigen Krebsforschung ist es nicht gelungen, pharmazeutische Lösungen und Therapien zu entwickeln, die eine überwiegend erfolgreiche Behandlung der unterschiedlichen Krebserkrankungen ermöglichen. Verschiedene Wirkstoffe werden gegen bestimmte Merkmale gerichtet, aber meist gelingt es dem Krebs Abwehrstrategien zu entwickeln und so entkommt er den toxischen Behandlungen. Unser Ansatz konzentriert sich auf den Säuregehalt des Tumors. Wir entwickeln gerade ein Medikament, das Krebs auf eine Weise bekämpft, wie es bislang noch niemand gemacht hat.

Gabrielle Siegers: Ja richtig. Weil Tumorzellen so schnell und unkontrolliert wachsen, gibt es Teile des Tumors, die nicht genug Sauerstoff bekommen. Noch dazu ist der Stoffwechsel von Tumorzellen anders als in normalen Zellen, was zu einer Übersäuerung der Mikroumgebung des Tumors führt. Dieses Phänomen wird Azidose genannt. Die Anpassung an die Azidose ist ein grosses Problem bei der Krebsentwicklung, da es zu einem aggressiveren Phänotyp führt. Belastend ist die Tatsache, dass die saure Umgebung unsere körpereigenen Immunzellen darin hindert, die Krebszellen wirksam zu bekämpfen. Aus diesem Grund ist das Ausschalten dieses tumorfördernden Merkmals sehr wichtig, um den Krebs nachhaltig zu überwinden.

Dieses Konzept hat zur Entwicklung einer Plattformtechnologie geführt, die auf die Mikroumgebung von Tumoren gerichtet ist. Die Helix-Technologie zielt darauf ab, den Säuregehalt des Tumors zu verringern und gegen den Fluchtmechanismus zu wirken, den Krebszellen nutzen, um sich dem Immunsystem zu entziehen. Der Säuregehalt des Tumors korreliert nachweislich mit der Resistenz gegen einige Krebsbehandlungen und führt zu einer schlechten Prognose für die betroffenen Patienten. Zum Beispiel kann L‑DOS47 die Wirkung von gewissen Chemotherapeutika verbessern. Das haben unsere bisher durchgeführten präklinischen Studien gezeigt.

Insgesamt basiert unser Ansatz darauf, einen neuartigen Wirkungsmechanismus zu schaffen, der den Erfolg von anderen Therapien steigern kann. Unsere neuesten präklinischen Daten deuten darauf hin, dass L-DOS47 die Wirksamkeit der Anti-PD1-Therapie (eine nur für einen Teil der Patienten erfolgreiche Immuntherapie) in einem Versuchsmodell mit Mäusen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs signifikant verbessern kann.

Wie genau haben Sie die Studien aufgebaut und was waren die Ergebnisse?

G.Siegers: Zuerst haben wir ein Mausmodell entwickelt, das sehr nah an vergleichbaren, menschlichen Krebserkrankungen liegt. Mit diesem Modell konnten wir letztlich bestätigen, dass
L-DOS47 den extrazellularen Tumor-pH-Wert tatsächlich erhöht, besonders wenn die Tumore sich in einem stark sauren Milieu bilden. Danach untersuchten wir die therapeutische Wirksamkeit von L-DOS47 alleine und auch in Kombination mit der Immun-Checkpoint-Therapie Anti-PD1.

Gabrielle M Siegers, PHDWir haben Mäuse mit intaktem Immunsystem in den Versuch eingebracht, um die Reaktivierung des Immunsystems durch die Therapie nachzuprüfen. Nach der Etablierung der Tumore wurden die Tiere nach dem Zufallsprinzip in Gruppen mit gleichem durchschnittlichen Tumorvolumen eingeteilt, bevor die Therapien begannen. Die Mäuse wurden zweimal wöchentlich behandelt und man hat die Tumorvolumina wöchentlich mittels Ultraschalls gemessen.

Gabrielle M. Siegers,
PhD, Head of Research & Development Helix Biopharma

Für die Auswertung wurden biostatistische Analysen verwendet, um auf Unterschiede im Tumorwachstum zwischen den Behandlungsarten zu testen. Ergebnis: Die Kombinationsbehandlung von Anti-PD1+L-DOS47 hat zu einer signifikanten Tumorreduktion geführt. Besonders stark reduzierte die Kombination von Anti-PD1+L‑DOS47 das Tumorwachstum, nicht nur im Vergleich zu der Kontrollgruppe, sondern insbesondere zur Anti-PD1-Monotherapie Gruppe. Im Ergebnis heißt das, dass die Kombinationstherapie Anti-PD1+L-DOS47 viel besser wirkt als die singuläre Verabreichung als Anti-PD1 Therapie. Für uns ist das der entscheidende Punkt, warum wir davon überzeugt sind, dass unsere Technologie eine große Marktrelevanz haben wird.

Ein kurzer Rückblick: Helix im Jahr 2023 – was ist genau operativ passiert, Herr Antas?

J.Antas: Zunächst der wesentliche Punkt: Unsere Studienergebnisse haben gezeigt, dass wir über eine Technologie verfügen, die einen Quantensprung in der Krebshandlung darstellt. Wir haben Partnerschaften mit dem Moffitt Cancer Center in Florida sowie der Universität in Tübingen etabliert. Die oben beschriebenen Studien wurden zusammen mit Wissenschaftler am Moffitt Center konzipiert und durchgeführt. Das Wissenschaftlerteam von Helix wird durch ein Scientific Board mit weltweiter Expertise ergänzt. Und wir sind sehr erfreut darüber, dass wir mit Dr. Srikanth Sola einen anerkannten Wissenschaftler für Helix gewinnen konnten. Er war von unserer Technologie schnell überzeugt. Damit glauben wir, dass wir von der Wissenschaftsseite sehr gut für die nächste Schritte aufgestellt sind.

Im Bereich der Finanzierung haben wir im Jahr 2023 Kapital von vermögenden Privatinvestoren akquiriert, um eine Basis zur Konzeption und Durchführung der nächsten Studien zu schaffen. Damit werden wir in diesem Jahr fortfahren. Wir verfolgen das Ziel, unseren Investorenkreis noch breiter aufzustellen, insbesondere im institutionellen Bereich, sei es durch Privatplatzierungen oder mit Hilfe einer Partnerschaftsvereinbarung.

Zu den Milestones 2024 bis 2026: Was können Ihre Investoren erwarten? Wo geht die Reise mittelfristig hin?

J.Antas: Basierend auf den sehr guten präklinischen und auch klinischen Daten, bereiten wir mehrere Kombinations-Studien in Krebsarten vor, bei denen es entweder praktisch keine immuntherapeutische Behandlungsmöglichkeiten gibt oder bei denen bestehende Therapien an ihre Grenzen gelangen. Jacek Antas, CEODie Daten geben uns Grund zur Hoffnung, dass wir damit Patienten behandeln können, die praktisch keine therapeutischen Optionen mehr haben. Für uns sind solide Daten und Ergebnisse sehr wichtig, um Gespräche mit potenziellen Partnern weiterführen zu können. Ziel dieser Gespräche ist die Auslizensierung unserer Technologie-Plattform und deren Weiterentwicklung hin bis zur Zulassung durch die FDA und EMA.

Jacek Antas, CEO

Wie würden Sie den Mehrwert beschreiben, den ein Lizenzpartner durch den Einstieg bei Helix erreichen könnte?                                                      

J. Antas: Der Mehrwert ist eindeutig und signifikant. L-DOS47 ist nicht ein weiteres Verfahren, eine Anwendung oder Therapie, das sich in der Forschung und Entwicklung befindet. Die von Helix patentierte Technologie unterstützt bestehende Anwendungen in der Krebstherapie und ermöglicht somit eine wesentlich effizientere Behandlung unterschiedlicher Krebsarten. Das haben die bisherigen Studien eindrucksvoll unter Beweis stellen können.

G.Siegers: Die Kombination unserer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren und auch die zusätzliche Anwendung bei Chemotherapie gibt uns die Überzeugung, dass wir in überschaubarer Zeit Partner finden werden, die diese Therapie-Formen integrieren möchten und mit uns zusammen weitere Studien durchführen werden. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig zu betonen, dass unsere Therapie sehr gezielt und nicht systemisch ist. Die Anwendung der Chemotherapie beispielsweise kann sich auch toxisch gegen normale, gesunde Zellen richten.
L-DOS47 bindet Tumorzellen, die das Protein CEACAM6 auf der Oberfläche tragen. Das ist entscheidend, warum unsere Therapie an der richtigen Stelle ansetzt. CEACAM6 wird auf viele verschiedene Krebszellarten exprimiert und stellt damit einen guten Ansatzpunkt dar. Sämtliche klinische Studien haben bislang gezeigt, dass L-DOS47 gut verträglich ist.

Herr Antas, wenn sie die Augen schließen und etwas träumen: Wo sehen sie sich in 5 bis 10 Jahren?

J.Antas: Es geht hier nicht um einen Traum, sondern um eine konkrete Entwicklungsstrategie des Unternehmens und konkrete Vorstellungen des Managementteams. Wir befinden uns zwar noch in einer frühen Studienphase, haben allerdings bereits in diesem Stadium valide Ergebnisse zeigen können. Wir sind überzeugt davon, mit L-DOS47 den richtigen Schlüssel für die Onkologie-Forschung und Krebsbehandlung gefunden zu haben. Sobald das erkannt wird, werden sich schnell Partner bei uns melden, die mit unserem L-DOS47 und ihrem Wirkstoff die Heilung von verschiedenen Krebsarten nach vorne bringen können. Unsere Plattform ist sehr variabel und kann mit vielen Medikamenten von Pharmafirmen kombiniert werden. Wir sind bereits in Gesprächen mit potenziellen Partnern. Im Endeffekt zählt ein wichtiges Ziel: Jedes zusätzliche Lebensjahr, dass wir einem Patienten mehr verschaffen können, ist ein Etappensieg. Darauf richten wir unsere Bemühungen aus.

Mit aktuell 216 Mio. Aktien sind sie derzeit nur mit 50 Mio. CAD bewertet. Welchen Plan verfolgen Sie, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen?

J. Antas: Zunächst möchte ich hervorheben, dass unsere Aktionäre an Helix festhalten und von der Entwicklung überzeugt sind. Das ist mit Sicherheit ein wesentlicher Grund, warum sie auch in der jüngsten Vergangenheit jeden Finanzierungsschritt begleitet haben. Mit dem aktuellen Entwicklungsstand sind die größten Risiken beseitigt und finanzielle Investitionen in unser Unternehmen sind mit guten operativen Fortschritten unterlegt. Sobald wir mit den nächsten Forschungsergebnissen unsere Daten validiert und wissenschaftlich publiziert haben, sollten wir in den Fokus von grösseren Marktteilnehmern kommen. Daraufhin könnte sich unsere Bewertung auch signifikant erhöhen. Wir sind sehr optimistisch, denn wir wissen, dass unsere Technologie die Branche revolutionieren und der Durchbruch relativ schnell erfolgen kann. Für unseren jetzigen Stand ist es wichtig, die erfolgreiche Arbeit mit L-DOS47 fortzusetzen, um dem Onkologie-Markt einen interessanten Mehrwert zu bieten.

Herr Antas, Frau Siegers, Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Hier geht´s zum Aktienportrait und zur Präsentation von Helix Biopharma.

Autor/Autorin

André Will-Laudien
CEFA, Diplom-Kaufmann at GoingPublic Media AG

André Will-Laudien ist Mitglied der GoingPublic-Redaktion. Seit 1995 ist er in verschiedenen Stationen bei Banken als Vermögensverwalter, Kapitalmarkt- und Makroexperte sowie als fundamentaler Aktien-Analyst tätig. Seine Passion gilt den Energie-, Rohstoff- und Technologiemärkten sowie der taktischen und strategischen Asset Allokation von liquiden Anlageprodukten.