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Das biopharmazeutische Unternehmen Atriva Therapeutics GmbH hat im Rahmen einer überzeichneten Wandelanleihe neue Mittel in Höhe von 8,6 Mio. EUR eingeworben. Die Finanzierungsrunde wurde unter Führung der bestehenden Investoren Meneldor B.V. und High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie mit Beteiligung von weiteren deutschen und internationalen Investoren durchgeführt.

Atriva: Vermehrung von SARS-CoV-2 kann vermindert werden

Mit dieser Finanzierung will Atriva nach eigenen Angaben eine multinationale, doppelblinde, randomisierte klinische Phase II-Studie mit Patienten mit mittelschwer bis schwer verlaufender COVID-19-Erkrankung beginnen.

Die Mittel sollen zudem zur Vorbereitung einer Phase II-Studie bei Influenza und zum Aufbau einer Therapieplattform zur Behandlung von durch RNA-Viren ausgelösten Atemwegsinfektionen, wie Hantaviren, verwendet werden.

Der MEK-Hemmer ATR-002 richtet sich gegen einen Faktor in der menschlichen Wirtszelle, der für die Replikation verschiedener RNA-Viren, einschließlich Influenzaviren und SARS-CoV-2, benötigt wird. Er wurde speziell zur Behandlung von Virusinfektionen der Atemwege entwickelt.

Präklinische Studien konnten zeigen, dass die MEK-Inhibition mit ATR-002 eine Vermehrung von SARS-CoV-2 verhindert. Außerdem wird die proinflammatorische Zytokin- und Chemokin-Ausschüttung in menschlichen Zellen und in einem Tiermodell zur akuten Lungenschädigung (acute lung injury, ALI) signifikant verringert.

Diese präklinischen Studien zeigen zudem, dass ATR-002 bei Patienten mit COVID-19 einen Zytokin-Sturm verhindern und so das Fortschreiten der Krankheit zu einem lebensbedrohlichen Zustand aufhalten könnte.

Aus wissenschaftlicher und medizinischer Sicht sei dieser Therapieansatz eine starke Option für COVID-19-Patienten und ihre Ärzte, bis es einen breiten Zugang zu Impfstoffen gibt, die für alle Menschen weltweit eingesetzt werden können, kommentierte Frans van Dalen, Mitgründer und Partner von Meneldor. „Unserer Analyse zufolge hat ATR-002 in dieser Hinsicht großes Potenzial, wie auch für andere Infektionskrankheiten, welche durch RNA-Viren verursacht werden“, so van Dalen.

„Die Wirkungsweise dieses oralen Therapieansatzes unterscheidet sich maßgeblich von anderen Therapien, die derzeit entwickelt werden“, ergänzte Dr. Frank Hensel, Principal des High-Tech Gründerfonds.

Bekämpfung von durch RNA-Viren ausgelöste Krankheiten

Der Wirkstoffkandidat ATR-002 – das am weitesten fortgeschrittene Produkt von Atriva – befindet sich in klinischer Entwicklung und wurde spezifisch für die Behandlung von Krankheiten entwickelt, die durch RNA-Viren, wie Influenza oder COVID-19, verursacht werden. ATR-002 ist ein MEK-Inhibitor, der gegen den intrazellulären Raf/MEK/ERK-Signalweg gerichtet ist. Dieser Signalweg ist entscheidend für die Replikation vieler RNA-Viren, zu denen Influenzaviren, Hantaviren oder RS-Viren (respiratory syncytial virus) ebenso gehören wie SARS-CoV-2, die COVID-19 verursachen.

Bei Influenzavirus-infizierten Zellen unterbindet ATR-002 über die Inhibition von MEK (MAPK/ERK-Kinase) den Export der viralen Genom-Proteinkomplexe (Ribonukleoproteine, RNPs) vom Kern ins Zytoplasma und verhindert so die Bildung neuer funktionaler Viruspartikel. Dadurch wird die Viruslast im Körper reduziert.

Atriva Therapeutics wurde 2015 gegründet und ist in Tübingen und Frankfurt am Main ansässig.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.