Carve-outs bzw. Spin-offs scheinen am Kapitalmarkt aktuell in aller Munde zu sein, wie man u.a. am jüngsten Beispiel Aumann sehen kann, die letzten Monat von ihrer Muttergesellschaft MBB an die Börse gebracht wurden (Nachzulesen auch in unserer aktuellen Titelstory). Inwiefern das Thema Spin-offs steuerlich behandelt wird, erklärt uns Daniel Sahm von ECOVIS im Gespräch.

Daniel Sahm, ECOVIS
Daniel Sahm, ECOVIS

GoingPublic: Herr Sahm, wie werden Spin-offs deutscher Gesellschaften bei heimischen Anlegern behandelt?

Sahm: Spin-offs deutscher Gesellschaften werden steuerneutral behandelt, wenn die Voraussetzungen einer Abspaltung erfüllt sind. Dies ist der Fall, wenn ein Teil des Unternehmens auf eine neugegründete Gesellschaft übertragen wird, z.B. wie bei Osram und Uniper. Bezüglich der weiteren steuerlichen Behandlung von Anteilen an der Konzernmutter und der abgespaltenen Tochter gilt dann die sogenannte „Fußstapfentheorie“.

Diese besagt konkret?

Gemäß der Fußstapfentheorie werden die Anschaffungskosten auf die Altaktien und die neuen Anteile entsprechend des im Spaltungsvertrag festgelegten Abspaltungsverhältnisses aufgeteilt. Hat ein Anleger für eine Aktie des Mutterkonzerns beispielsweise 100 EUR gezahlt, und das Zuteilungsverhältnis beträgt nun eine neue für zehn alte, so wird für jede neue Aktie ein Anschaffungspreis von einem Elftel der ursprünglichen Anschaffungskosten, hier also 9,09 EUR, angesetzt. Die steuerlichen Anschaffungskosten der „Mutter-Aktie“ reduzieren sich auf 90,91 EUR. Auf dieser Grundlage ermittelt sich die bei einem späteren Verkauf zu zahlende Abgeltungsteuer. Sollten die alten Aktien noch vor Einführung der Abgeltungsteuer erworben worden sein, unterliegen auch realisierte Kursgewinne bei der abgespaltenen Tochter nicht der Abgeltungsteuer.

Und bei ausländischen Spin-offs?

Hier kommt es darauf an, was sich hinter dem Begriff Spin-off jeweils verbirgt: Handelt es sich dabei um die Abspaltung von Vermögen auf eine andere Gesellschaft durch Ausgabe neuer Anteile an die Altaktionäre, ist dies ebenfalls durch die Fußstapfentheorie begünstigt. Die ursprünglichen Anschaffungskosten werden somit aufgeteilt und fortgeschrieben. Die Abwicklungsbanken behalten keine Abgeltungsteuer ein, der Anleger muss sich um nichts kümmern. Hiervon zu unterscheiden sind Fälle, in denen kein Vermögen auf eine neue Gesellschaft übertragen wird, sondern schon bestehende Anteile der Tochter an die Aktionäre der Mutter in Form einer Sachdividende ausgeschüttet werden, so etwa bei eBay/PayPal).

Der entsprechende Wert unterliegt hierbei also dann bei deutschen Privatanlegern der Abgeltungsteuer?

In der Tat, wobei es allerdings eine Ausnahme gibt: So kann es sich bei Ausschüttungen auch um eine Einlagenrückgewähr handeln. Bei deutschen Unternehmen wird diese automatisch ermittelt. Bei ausländischen Gesellschaften ist ein derartiges Feststellungsverfahren nicht vorgesehen. Um auf Nummer sicher zu gehen, behalten die Banken in der Regel deshalb zunächst die Kapitalertragsteuer ein und warten ab, wie die Finanzverwaltung reagiert. Anschließend erfolgt gegebenenfalls eine entsprechende Korrektur, wie z.B. bei China Petroleum. Betroffene Anleger sollten ihre Steuerveranlagung durch Einspruch bis dahin offen halten, um nicht auf eine Billigkeitslösung des Finanzamtes angewiesen zu sein.

GoingPublic: Herr Sahm, herzlichen Dank für diese wertvollen Details.

Das Interview führte Martin Ahlers.

Lesen Sie mehr zum Thema Spin-offs/Carve-outs in unserer Titelstory im aktuellen GoingPublic Magazin.

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