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Die EU-Kommission treibt ihre Projekte zur nachhaltigen Finanzierung weiter voran. Zeitgleich mit der neuen Strategie „Sustainable Finance“ hat die Kommission am 6. Juli 2021 ihren Regulierungsentwurf für einen EU-Green-Bond-Standard (EUGBS) vorgestellt.

Das Ziel besteht darin, dass Finanzmittel aus privaten Quellen vermehrt für nachhaltige Projekte mobilisiert und Umweltziele umgesetzt werden. Durch einen „Goldstandard“, wie die EU-Kommission den EUGBS selbst nennt, soll Investoren Sicherheiten geboten werden, dass ihre Mittel tatsächlich für nachhaltige Projekte verwendet werden.
Dabei wird auf die EU-Taxonomie zurückgegriffen. Eine klare Definition von „ökologischer Nachhaltigkeit“ soll die Identifizierung und Vergleichbarkeit hochwertiger grüner Anleihen auf dem Markt erleichtern. Die Emission von grünen Anleihen soll dadurch einfacher und zugleich ein Greenwashing verhindert werden. Mit diesen hohen Ansprüchen soll der EUGBS grüne Benchmarks setzen und die europäischen Kapitalmärkte international attraktiver machen.
Der EUGBS ist dabei ein freiwilliger Standard; andere Standards wie die ICMA-Green-Bond-Principles oder die Climate-Bonds-Standards der Climate Bonds Initiative bleiben daneben bestehen.
Der EUGBS sieht verkürzt folgende Grundanforderungen vor:

Finanzierung nachhaltiger Projekte nach der EU-Taxonomie

Die aufgenommenen Mittel müssen vollständig für Projekte eingesetzt werden,
die der EU-Taxonomie entsprechen und eines der folgenden Ziele verfolgen: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Zugleich darf kein anderes Umweltziel erheblich beeinträchtigt werden und internationale, soziale und arbeitsrechtliche Mindeststandards müssen eingehalten werden.
Jedoch können auch Übergangsprojekte, bei denen z.B. eine Produktionsanlage umgerüstet wird, um innerhalb von fünf bis zehn Jahren der EU-Taxonomie zu entsprechen, oder Übergangsaktivitäten finanziert werden.

Transparenz

Durch detailliert Berichtspflichten soll eine zum Marktstandard erhöhte Transparenz erreicht werden.
Sofern ein Prospekt erstellt wird, ist in diesem auf die Qualifikation als EU-Green-Bond hinzuweisen. Zudem muss ein Green-Bond-Factsheet entsprechend dem Annex I des EUGBS veröffentlicht werden. Dies beinhaltet unter anderem die Investment- und die Umweltziele der Anleihe. Das Factsheet muss vor der Emission extern geprüft werden, um sicherzustellen, dass die Anleihe den EUGBS erfüllt.
Zudem ist jährlich bis zur vollständigen Verwendung der Mittel entsprechend Annex II des EUGBS ein European-Green-Bond-Allocation-Report zu veröffentlichen, der garantiert, dass die Anleihe erlöse entsprechend der EU-Taxonomie verwendet wurden.

„Emittenten können sich bereits jetzt an diesem EUGBS ausrichten und davon ausgehen,  dass die Investoren ihn nachfragen werden.“

Weiterhin ist ein sogenannter European-Green-Bond-Impact-Report zu veröffentlichen, in dem entsprechend Annex III des EUGBS über die Umweltauswirkungen der Verwendung der Anleiheerlöse einschließlich der Umweltstrategie des Emittenten berichtet wird.
Auf der Webseite des Emittenten sind die Informationen in einer separaten Rubrik zu hinterlegen.

Externe Prüfung

Wie bereits erwähnt, sind das Factsheet und der European-Green-Bond-Allocation-Report von einem externen Prüfer entsprechend den Details des EUGBS zu prüfen. So soll sichergestellt werden, dass die Regelungen der Verordnung und die Ausrichtung der finanzierten Projekte an der EU-Taxonomie eingehalten werden. Die Berichterstattung über die Umweltauswirkungen der Anleihe unterliegt dagegen keiner Prüfungspflicht.

Beaufsichtigung der Prüfer durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)

Externe Prüfer, die Dienstleistungen für Emittenten von Anleihen nach dem EUGBS erbringen, müssen bei der ESMA registriert sein und von ihr beaufsichtigt werden. Sie unterliegen umfassenden Regelungen nach dem EUGBS, die die Qualität ihrer Dienstleistungen und die Zuverlässig keit ihrer Prüfungen sicherstellen sollen.
Als Anleihen nach EUGBS können sowohl besicherte als auch unbesicherte Anleihen und sogenannte Asset-Backed Securities ausgegeben werden.
Der Entwurf wird nun in das Gesetzgebungsverfahren gehen. Die Emittenten können sich bereits jetzt an diesem EUGBS ausrichten und davon ausgehen, dass die Investoren ihn nachfragen werden.

 


ZUR AUTORIN

Dr. Anne de Boer

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Stuttgart, berät Unternehmen und Banken bei der Emission von Wertpapieren am Kapitalmarkt sowie bei der laufenden kapitalmarktrechtlichen Compliance.
Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Begleitung der Emission von Anleihen und Genussscheinen. Zudem begleitet sie Unternehmenstransaktionen und alternative Finanzierungen.