Das Downloaden von Online-Inhalten wie Videos, Musikdateien und Texten befindet sich zugegebenermaßen in einer rechtlichen wie auch steuerlichen Grauzone. Virtuelle Inhalte sind – wie der Name schon andeutet – schwer zu fassen, schließlich entstehen einige dieser Güter erst dann, wenn der User die Texte ausdruckt oder seine heruntergeladene Musikdateien auf CDs brennt. An welcher Stelle könnte da also eine Besteuerung ansetzen?

Vor diesem Hintergrund möchte die EU-Kommission alle elektronischen Lieferungen als erbrachte Dienstleistung einstufen und dementsprechend steuerlich zugreifen. Damit sind Probleme vorprogrammiert: In erster Linie würde dies bedeuten, daß Internet-Firmen ihre Klientel nach Privat- und Geschäftskunden unterteilen müßten. Im Bereich B2B soll nach den Planungen der EU-Kommission künftig der Käufer die Mehrwertsteuer abführen. Im Bereich B2C müßte die Mehrwertsteuer in dem Land abgeführt werden, in dem der Anbieter seinen Sitz hat. Außereuropäische Unternehmen mit Sitz in einem EU-Land müßten dann einer Registrierungspflicht unterliegen, damit Steuern überhaupt eingezogen werden können.

Theoretisch könnte so sicherlich viel Geld in die Staatskassen fließen, doch in der Praxis dürften sich zwei grundlegende Hindernisse einstellen: Zum einen dürften Internet-Unternehmen in steuerlich unproblematische Drittländer abwandern. Zum anderen ist völlig unklar, wie etwaige Verstöße gegen diese Auflage von der EU-Kommission geahndet werden können. Schließlich kann man von einem User nicht erwarten, vor einem Download die Herkunft des jeweiligen Anbieters zu überprüfen.

Zudem würde man illegale Software-Piraterie ungewollt fördern. Denn Links, mit denen sich eine etwaige Besteuerung umgehen läßt, würden sich in Windeseile verbreiten. Wirkungsvolle Gegenmaßnahmen sind bereits heute technisch nicht gut machbar. Zu schlüpfrig sind die Software-Piraten, die ihre FTP-Adressen immer wieder ändern und sich so dem Zugriff entziehen.

Was soll das ganze also? Die Brüsseler EU-Kommission hat es auf steuerhinterziehende Internethändler und unseriöse außereuropäische Anbieter abgesehen. Die US-amerikanische Handelskammer hat aber schon vor dem Aufstellen bürokratischer Barrieren gewarnt – diese Maßnahmen seien ohnehin wirkungslos.

Da die vorgeschlagene Regelung sowohl bei Nicht-EU-Ländern als auch bei Privatkunden nicht gerade auf Begeisterung stoßen wird und zudem die Gremien fehlen, um die Beschlüsse auch in die Tat umzusetzen und vor allem deren Einhaltung zu kontrollieren, ist die Konstruktion aller Voraussicht nach zum Scheitern verurteilt. Es hat bisher nicht funktioniert, und das wird es in Zukunft sicher auch nicht: Im Internet lassen sich keine virtuellen Schlagbäume hochziehen, die Grenzen sind fließend.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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