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Vorbei die Zeiten, in denen das Bündel aus Umwelt, Sozialem und Governance als Randthema für eine schmale Anlegergruppe belächelt wurde. ESG ist längst auch am Kapitalmarkt ein wichtiger Aspekt für Investoren und Unternehmen. Um Scorings, Nachhaltigkeits-Reportings und die Entwicklung von ESG-konformen Strategien ist längst eine florierende Industrie entstanden. Und das ist gut so. Wir dürfen allerdings bei der Betrachtung von lauter Bäumen nicht aus dem Auge verlieren, ob sie überhaupt Teil eines richtigen Waldes sind. 

Als Impact Investor, bei dem ESG wesentlicher Teil der Unternehmens DNA ist, achten wir bei NEON Equity natürlich auch auf Scorings und Reportings von Unternehmen bezüglich Nachhaltigkeit – aber nicht zum Beginn eines Investmentprozesses. Im ersten Schritt einer jeden Anlagenentscheidung schauen wir unter ESG-Gesichtspunkten generell auf das Geschäftsmodell und die Perspektiven eines Unternehmens. Wir fragen uns, ob ein Unternehmen mit seiner Geschäftstätigkeit für Umwelt und Gesellschaft langfristig einen positiven Unterschied macht – also dazu beiträgt, dass unsere Welt ein Stück besser wird. Denn noch sinnvoller beispielsweise, als nur die eigene Schadstoffemission zu senken, ist es natürlich, mit dem Geschäftsmodell auch dazu beizutragen, dass andere Unternehmen oder Privatpersonen ihren Schadstoffausstoß ebenfalls reduzieren können.

Wir analysieren zudem vor einem potenziellen Investment, ob ein Unternehmen so aufgestellt ist, dass es in der sich wandelnden Welt in jeder Hinsicht gut bestehen kann. Und wir prüfen, ob das Management gewillt ist, nachhaltiges Agieren als nie endenden Prozess zu verstehen, der jeden Tag viel Aufmerksamkeit erfordert. Damit übernehmen wir Verantwortung, sichern aber auch den Wert unserer Investments langfristig. Ökologische und soziale Aspekte sind für uns in dieser Betrachtung gleich wichtig.

Wahr, überzeugend, tragfähig und pointiert

Erst wenn die „ESG-Soft Due Diligence“ mit positivem Ergebnis abgeschlossen ist, widmen wir uns bei NEON Equity Kennzahlen und Scorings. Sie beschrieben und validieren, ob die Annahmen aus der grundsätzlichen Analyse auch in der Praxis umgesetzt werden und ob eine positive Entwicklung sichtbar ist. Wenn die Daten und unser vorheriger Grundlagen-Check konsistent sind – und natürlich auch alle anderen ökonomischen Faktoren passen -, dann investieren wir. Privatanleger können übrigens eine ähnliche Prüfung selbst durchführen und müssen nicht sofort in die oft sehr komplexen ESG-Kennzahlen und ihre Berechnung einsteigen – zumindest, was den Grundlagen-Check angeht.

Aus unserem eigenen ESG-Investmentprozess leiten wir auch Empfehlungen ab, wenn wir Unternehmen bei ihren Kapitalmarktaktivitäten beraten – beispielsweise bei ihrem Listing an einer Börse. Wir sind überzeugt, dass Unternehmen erfolgreicher Anleger adressieren können, wenn sie ihnen verdeutlichen, dass sie in ein Geschäftsmodell investieren, das zukunftsfähig ist und eine nachhaltig positive Wirkung für die Umwelt und/ oder Gesellschaft hat.

Wir arbeiten mit unseren Partnern in den Unternehmen daran, dass die klassische Equity-Story durch eine EESG-Story (Equity-ESG-Story) ersetzt wird. Diese muss wahr, überzeugend, langfristig tragfähig und pointiert sein. Der bloße Verweis auf einen Zahlen-lastigen Nachhaltigkeitsbericht oder eine ESG-Zertifizierung wird künftig nicht mehr ausreichen, um sich im Wettbewerb um Investoren gegenüber anderen Unternehmen durchzusetzen. ESG muss noch stärker als bisher als integraler Bestandteil des Geschäftsmodells verstanden und vermittelt werden.

In einer Welt, in der sich ökologische und gesellschaftliche Probleme stetig und teils existenziell verschärfen, muss eine optimale Kapitalallokation jene Unternehmen deutlich bevorzugen, die wesentlich zur Lösung dieser Probleme beitragen. Dies gilt auch für die Börse – Investoren und Unternehmen müssen dies nicht nur verstehen, sondern sich mit höchster Konsequenz darauf ausrichten.

Autor/Autorin

Thomas Olek

Thomas Olek ist CEO und Gründer der NEON Equity AG.