Wetten, das ist eine dieser typisch britischen Leidenschaften, die zu verstehen der Kontinentaleuropäer als solcher sich lange Zeit sträubte? Heute gilt es aber als chic, Geld darauf zu setzen, welcher Trainer als nächster gefeuert oder welcher Hund auf den Rennoval in Singapur die Läufe bei der Jagd nach dem Hasen besonders gut schwingen wird. Auch Wettskandale haben der Branche nie wirklich etwas anhaben können. Man weiß seit Winston Churchill: Nicht alle auf der Rennbahn sind Ganoven, aber alle Ganoven sind auf der Rennbahn. Und überhaupt: Gilt das nicht auch irgendwie für die Börse?

Anbieter angelsächsischer Herkunft hatten schon lange versucht, im Nicht-Commonwealth mit ihren Angeboten Fuß zu fassen. Was mißlang, da die Kosten zu hoch und damit die Wettquoten zu gering ausfielen, um attraktiv zu sein. Durch die Nutzung des Internets hat sich die Situation gewandelt. Zu Beginn gab es die übliche Situation: Jede Menge Anbieter buhlten um die Kunden. Mittlerweile ist der Konsolidierungsprozeß weit fortgeschritten. Rohertragsmargen von teilweise deutlich mehr als 20 % werden von den verbliebenen Anbietern vermeldet.

Analystenschätzungen über Online-Umsätze für Sportwetten und korrelierende Online-Casino-Angebote gehen wie üblich weit auseinander, es lassen sich Zahlen zwischen 15 und 32 Mrd. US-$ für 2005 finden. Einigkeit herrscht aber über die Wachstumsaussichten: Bis 2008 wird mit Steigerungsraten von mindestens 75 % pro Jahr ausgegangen. Im Vorfeld der Fußball-WM in diesem Jahr sind einige Werte wie betandwin.com bereits durch die Decke gegangen und kein Kauf mehr, es gibt aber noch einige weitere, relativ moderat bewertete Anbieter, die ebenfalls vom hohen Wachstum profitieren dürften.

Alles in allem deutet sich wieder die alte Goldgräber-Story an: Nicht selber zu buddeln, sondern Schaufeln zu verkaufen verspricht die wahren Gewinne. Im Jahr 2005 heißt es: Nicht selber wetten, sondern bei den Wettanbietern partizipieren.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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