Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) fordert im Rahmen ihrer Transparenzbemühungen, dass Emittenten ihre Jahresfinanzberichte in Zukunft in einem einheitlichen elektronischen Format einreichen. Damit sollen Geschäftsberichte europaweit besser vergleichbar werden. Ob diese Ziele mit dem „European Single Electronic Format“ (ESEF), das erstmals für das Geschäftsjahr 2020 verpflichtend ist, erreicht werden können, bleibt abzuwarten. Sicher scheint nur, dass viele Unternehmen durch die neue Berichtspflicht vor eine große Herausforderung gestellt werden. Von Sven Schenkluhn

Sven Schenkluhn, EQS

Die Regulierung in der Europäischen Union schreitet weiter voran. Nach der EU-Marktmissbrauchsverordnung im Sommer 2016 ging es weiter Schlag auf Schlag: Die Verantwortlichen für die Rechnungslegung mussten sich mit neuen Standards (IFRS 9, IFRS 15 und IFRS 16) auseinandersetzen. Seit Anfang 2018 gilt die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II, die neue Wege bei der Investorenansprache erfordert. Nun steht mit der neuen ESEF- Berichtspflicht   die  nächste  Herausforderung an, mit der nicht nur, aber vor allem kleinere und mittlere Emittenten mit ihren begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen bei der Umsetzung an ihre Grenzen stoßen werden.

 

ESEF – ein neuer Meilenstein im Reporting

ESEF bedeutet einen Meilenstein im Reporting, denn mit dem einheitlichen elektronischen Berichtsformat hält die Digitalisierung nun auch Einzug in die Konzernberichterstattung – erstmals ist das neue Format für das Geschäftsjahr 2020 verpflichtend. Spätestens im Früh- jahr 2021 müssen die Emittenten, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt in der EU gehandelt werden, damit die Voraussetzungen geschaffen haben, um in dem EU-einheitlichen digitalen Format zu reporten.

Der Zeitplan ist lange bekannt – und dennoch läuft die Umsetzung der Transpa- renzrichtlinie aus dem Jahr 2004 noch im- mer weitgehend unterhalb des öffent- lichen Radars: Googelt man „ESMA“ in Verbindung mit „ESEF“, erhält man be- scheidene 20.000 Treffer. Zum Vergleich: Bei der MAR sind es hundertmal so viele.

Und auch in den Führungsetagen genoss ESEF bisher (noch) nicht höchste Priorität. Zumindest deutet das Feedback auf die Anhörungsphase der ESMA, die  vor fünf Jahren von der EU-Kommission den Auftrag erhielt, einen technischen Regulierungsstandard für ESEF zu entwickeln, darauf hin: Gerade einmal 14 (!) Emittenten (aus Deutschland gar nur ei- ner) nutzen die Möglichkeit, Einfluss auf die neue Technologie zu nehmen. Zur Einordnung: Laut Schätzung der europäischen Aufsichtsbehörde sollen europaweit rund 5.300 Gesellschaften der neuen Berichtspflicht unterliegen.

XBRL-Etiketten für eine klare Struktur

Die ESMA hat mittlerweile den ESEF- Standard festgelegt. XHTML (Extensible Hypertext Markup Language) unter Ein- bettung der Inline eXtensible Business Reporting Language (iXBRL)  bietet danach die besten Voraussetzungen, um eine schnelle Vergleichbarkeit der Jahrefinanzberichte zu ermöglichen. Denn das neue Format ist maschinenlesbar und erlaubt darüber hinaus die Darstellung in jedem Standardbrowser.

Wie sieht die Umsetzung konkret aus? Die Standardisierung des Berichts wird durch die IFRS-Taxonomie erreicht. Dabei müssen bestimmte Angaben mit XBRL- Etiketten (sogenannten Tags) versehen werden. Diese Zuordnung ist für eine Übergangszeit von zwei Jahren zunächst auf die Unternehmensinformationen (z.B. Name, Sitz, Rechtsform) sowie die primären Abschlusstabellen wie Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Kapitalflussrechnung beschränkt; ab 2022 müssen dann weitere 234 (!) Anhanginformationen getaggt werden.