Die meisten der 2015 in Kraft getretenen neuen Wertpapier-Regularien verändern die Tätigkeit eines IROs in qualitativer Hinsicht nur wenig, zum Beispiel wirken sie sich auch kaum auf die Hauptversammlung aus. Eine Ausnahme hiervon bildet die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierbörse, die Pflicht zur Veröffentlichung von Quartalsberichten für im Prime Standard notierte Unternehmen aufzuheben. Diese Erleichterung bietet Raum, das Verhältnis zwischen Emittent und Kapitalmarkt neu zu definieren. Die kommende Umsetzung von MiFID 2 gibt zudem Gelegenheit, IR-Strategien und -Instrumente zu verfeinern. Von Lucia Matheé und Dr. Charlotte Brigitte Looß

LUCIA MATHÉE Geschäftsführende Gesellschafterin, Mathée GmbH und DR. CHARLOTTE BRIGITTE LOOSS Senior Advisor Capital Markets Access, Mathée GmbH
Lucia  Mathée, Geschäftsführende Gesellschafterin, Mathée GmbH und Dr. Charlotte Brigitte Looß, Senior Advisor Capital Markets Access, Mathée GmbH

Es glich beinahe einem Tsunami, als vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 eine wahre Gesetzgebungswelle über börsennotierte Unternehmen hereinbrach. Angefangen mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen mussten sich IROs mit dem Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, der Aktienrechtsnovelle 2016, der EU-Marktmissbrauchsverordnung sowie der EU-Aktionärsrechterichtlinie befassen. Wesentliche Änderungen in der IR-Tätigkeit ergaben sich aus den meisten neuen Vorschriften nicht, die Anwendung ist eher technischer Natur. In der Vorbereitung der Hauptversammlungsdebatte bleibt Diversität wohl der Dauerbrenner. Die Wirkung der EU-Aktionärsrechterichtlinie auf die Rechte der Hauptversammlung als wichtigstes Organ der Gesellschaft entfaltet sich erst ab 2017, ebenso die mögliche Terminänderung bei der Dividendenauszahlung aus der Aktienrechtsnovelle 2016.

Emittent erhält Spielraum in der Quartalsberichterstattung
Die folgenreichste Neuerung liegt in der gesetzlichen Abschaffung der Quartalsberichte, mit der der Gesetzgeber die Vorgabe aus der Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates in nationales Recht umgesetzt hat. In der Folge passte der Börsenrat der Frankfurter Wertpapierbörse im November die Börsenordnung an. Im Prime Standard notierte Unternehmen erfüllen im ersten und dritten Quartal mit einer zweisprachigen Mitteilung die Mindestanforderung – auch unter Verzicht auf jegliche Kennzahlen.

Für die Finanzabteilungen gerade kleinerer Emittenten schafft die neue Regelung spürbare Erleichterung, entbindet sie sie doch zweimal im Jahr von der arbeitsintensiven Erstellung konsolidierter Quartalsabschlüsse. Endet das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr, ist die Entlastung im April und Mai besonders groß, da nun mehr Zeit für die Vorbereitung der Hauptversammlung zur Verfügung steht.

Für Emittenten zeichnet sich dabei ein erweitertes Spielfeld ab. Die Schonung interner Ressourcen geht einher mit dem Risiko, etablierte Kapitalmarktstandards zu unterschreiten und damit als Emittent an Attraktivität einzubüßen. Dies bedeutet eine zusätzliche Herausforderung für die IR-Arbeit. Denn der Informationsbedarf von Investoren und Analysten verändert sich nicht. Je klarer, zielgruppenspezifischer und verlässlicher die Quartalsinformationen werden, umso eher wird die IR-Arbeit im Markt geschätzt. Mehr denn je gilt: Qualität geht vor Quantität!