Die Boomphase an den Hightech-Börsen ist lange vorbei und mit ihr viele kleine Start-ups, die in der Börsenhype ihr Glück versuchten und im Haifischbecken Börse gnadenlos scheiterten. Schon damals zählte die MorphoSys-Aktie unter Börsenexperten zu den Top-Investments. Auch wenn das heute so irreal klingende Kursziel von 1.000 (damals noch) DM nicht erreicht wurde, MorphoSys hat sich zu einem aussichtsreichen Unternehmen entwickelt. Die Börsenhype ist zwar vorbei, doch mit den richtigen Unternehmen und einer Portion Wachsamkeit lassen sich auch heute noch gute Renditen mit der etwas risikoreicheren Biotechnologie erzielen.

Auch ohne Kursziel „1.000“ ein interessantes Investment

Vor gut 20 Jahren als reiner Antikörper-Plattform Anbieter gegründet, hat sich MorphoSys heute zu einem biopharmazeutischen Unternehmen gemausert, dessen Ziel bessere und sichere Medikamente auf Basis von Antikörpern sind. Das erste und bekannteste Produkt ist die HuCAL-Technologie, die noch immer zu den erfolgreichsten Antikörper-Bibliotheken in der Pharmaindustrie zählt und bereits aussichtsreiche Antikörper hervorgebracht hat. Die HuCAL-Technologie war es, die MorphoSys zu dem gemacht hat, was es heute ist – einem Marktführer im Bereich therapeutischer Antikörper. Bis therapeutische Antikörper zur am schnellsten wachsenden Stoffklasse in der Medizin werden konnten mussten lange und oftmals steinige Wege überwunden werden. Antikörpermedikamente haben zwei Vorteile, sie bestehen aus körpereigenen Bausteinen und sie tragen die den Antikörpern innewohnende Spezifität. Vor allem diese Spezifität ist es, die fast jedes Zielmolekül aufspüren und binden kann. Autark oder gemeinsam mit Pharmapartnern entwickelt MorphoSys spezifische Antikörper gegen eine Vielzahl von Erkrankungen. Der Fokus liegt dabei auf bisher nicht adäquat therapierbaren Krankheiten, die zudem ein hohes Marktvolumen versprechen. Also Krankheiten wie Krebs, Autoimmunerkrankungen oder Morbus Alzheimer. 80 unterschiedliche Programme zur Entwicklung von therapeutischen Antikörpern besitzt MorphoSys gegenwärtig und damit eine der umfangreichsten Antikörper-Pipelines der gesamten Branche.

21 von 80 Antikörpern in der Klinik

Von diesen 80 haben 21 die in-vitro Phase erfolgreich hinter sich gelassen und auch die Präklinik mit Bravour bestanden. Die aktuell laufenden Studien prüfen die Antikörper zum Einsatz am Menschen auf Herz und Nieren. Vielversprechende Nachrichten von den am weitesten fortgeschrittenen Antikörpern haben den Kurs der MorphoSys-Aktie regelrecht explodieren lassen. Hierzu zählt auch MOR103, der „first-in-class“ Antikörper, der gegen GM-CSF, einen Faktor im menschlichen Körper mit dem unaussprechlichen Namen Granulozyten-Makrophagen-Colony-Stimulating-Faktor gerichtet ist. MOR103 soll in den aktuellen Studien zeigen, dass er sich zur Behandlung der Autoimmunkrankheiten rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose eignet. Während MOR103 in einer Allianz mit dem Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt wird, ist MOR202, ein gegen das Zielmolekül CD38 gerichteter Antikörper, ein Gemeinschaftsprodukt mit Celgene und zielt unter anderem auf Patienten mit Multiplem Myelom, einer besonderen Form von Blutkrebs. Völlig in Eigenregie führt MorphoSys das dritte wichtige klinische Programm mit MOR208 durch. MOR208 wurde 2010 von Xencor einlizenziert und durchläuft gerade eine Phase-I-Studie in der Indikation chronisch-lymphatische Leukämie.

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Ein umfangreiche Pipeline mit diversen Antikörper-Programmen. Quelle/Rechte: MorphoSys AG

Hochkarätige Partnerschaften und eine einzigartige Technologie

Das Potenzial der HuCAL-Bibliothek lässt sich angesichts der hochkarätigen Partnerschaften erahnen. Neben den bereits erwähnten, wie GlaxoSmithKline und Celgene, arbeiten auch Boehringer Ingelheim, Daiichi Sankyo, Janssen Biotech, Roche, Pfizer, Merck und Novartis mit der in Martinsried beheimateten MorphoSys zusammen. So entwickelt Roche den Antikörper Gentenerumab gegen die Alzheimer Krankheit, Janssen Biotech arbeitet am entzündungshemmenden Antikörper Guselkumab und Novartis entwickelt mit BHQ880 einen innovativen Krebsantikörper. Die HuCAL-Technologie, was für Human Combinatorial Antibody Library steht und mehrere Milliarden menschlicher Antikörper inkludiert, ist der Eckpfeiler des Erfolges. Vollständig automatisiert lassen sich in einer Art Baukastenprinzip Antikörperfragmente zu fertigen Antikörpern mit exakt definierten Spezifikationen zusammenbauen. Mit der neuesten Technologie Ylanthia ist es MorphoSys sogar möglich, eine bisher unerreichbare strukturelle Vielfalt in die Antikörper einzubauen. So dass sich fast jedes Zielmolekül finden und binden lässt. Mittels der Slonomics-Technologie, die 2010 durch die Akquisition von Sloning Biotechnology GmbH in das Portfolio wanderte, lassen sich Ylanthia-Antikörper noch sehr viel mehr optimieren. Damit unterscheidet sich die Ylanthia-Technologie ganz entscheidend vom eher modularen Aufbau der HuCAL-Bibliothek.

Zahlen und Chancen-Risiko-Profil

Auch wenn MorphoSys bisher sehr erfolgreich gewesen ist, sollten Investoren das Risiko, das mit jeder Medikamentenentwicklung assoziiert ist, keineswegs unterschätzen. Selbst in Phase III der klinischen Entwicklung kann ein potenzieller Wirkstoff noch scheitern, so dass alle bisher angefallenen Entwicklungskosten unwiederbringlich verloren sind. Die Anzahl der Entwicklungsprogramme und deren fast problemloses Fortschreiten durch die einzelnen Entwicklungsphasen ist jedoch bemerkenswert und Anerkennung wert. Der Wertzuwachs durch eine Vielzahl hochkarätiger Kooperationen vermindert das Risiko einer bisher noch ausstehenden Zulassung. Erwähnenswert scheint, dass MorphoSys sämtliche Entwicklungskosten aus dem eigenen Cashflow finanziert und dabei sogar noch profitabel arbeitet. Die Geschäftszahlen der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres bestätigen den positiven Trend der Aktie, die sich von einem Hoch zum nächsten hangelt. Die Flut positiver Nachrichten untermauert den Aufwärtstrend auch fundamental. Am 08.10.13 notierte das Papier bei 60,04 EUR und damit knapp über dem alten Jahreshoch von 60 EUR. Aus charttechnischer Sicht sollte jedoch die 42 EUR-Marke beachtet werden. In H1/2013 lag der Konzernumsatz mit 48,2 Mio. EUR fast doppelt so hoch wie in der Vorjahresperiode. Der Anstieg wird auf das mit GSK geschlossene Lizenzabkommen für MOR103 und die Vergabe einer nicht-exklusiven Lizenz der HuCAL-Technologie an Bio-Rad zurückgeführt. Zudem wurde das MorphoSys‘ AbD Serotec-Segment an Bio-Rad veräußert. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) lag bei 17,3 Mio. EUR und damit deutlich über dem in H1/2012 (-1,3 Mio. EUR). Zum Ende des Halbjahres belaufen sich die liquiden Mittel und marktgängigen Wertpapiere auf 166,3 Mio. EUR, darin beinhaltet ein verzinsliches Schuldscheindarlehen in Höhe von 15,0 Mio. sowie weitere Finanzinvestitionen in Höhe von 10 Mio. EUR. Die Vorauszahlung für den GSK-Deal ist hier noch nicht einberechnet. Der Vergleichswert zum 31. Dezember 2012 lag bei 135,7 Mio EUR.