Die Eintrittskarte für die dritte Generation des Mobilfunks hat das Büdelsdorfer Telekommunikations-Unternehmen MobilCom 16,49 Mrd. DM gekostet. Aufgrund des abstrusen Versteigerungsmodus sind die Norddeutschen dabei sogar noch einigermaßen glimpflich davongekommen: Die anderen „erfolgreichen“ Bieter hatten einige Millionen mehr hinzublättern. Aber anstatt sich den Mund abzuputzen und nach Hause zu gehen hatte der umtriebige Vorstandschef einen publicityträchtigen Einfall. Den „eingesparten“ Differenzbetrag werde man in Prozeßkosten investieren. Ziel der Klage ist es, die zwielichtige Funktion des Bundes bei der UMTS-Versteigerung aufzudecken. Nicht ganz abwegig moniert Schmid die Doppelrolle, die der Bund als Versteigerer der Lizenzen einerseits und über T-Mobil als Bieter andererseits eingenommen habe.

Die 140 Mio. DM Prozeßkosten sieht er daher als durchaus akzeptable Investition – zumal MobilCom in derlei Angelegenheiten schon Erfahrung hat. Im Frühjahr vergangenen Jahres zog MobilCom schon einmal vor Gericht, als dem Unternehmen die Gebühren für die Festnetzlizenzen zu hoch erschienen. Der Ausgang dürfte bekannt sein. Die Richter bestätigten, daß der Regulierer nur die tatsächlichen Verwaltungskosten veranschlagen dürfe. Allerdings hat die Klage mittlerweile die zweite Instanz erreicht – auch der Bund zeigt sich norddeutsch-hartnäckig.

Sollte MobilCom im UMTS-Verfahren unterliegen, drohen Kosten von bis zu 900 Mio. DM. Auch diese Summe hält Gerhard Schmid angesichts des Chance-/Risikopotentials für angemessen. Und in der Tat: Vor dem Hintergrund der 16,5 Mrd. DM für die UMTS-Lizenzen erscheint eine weitere Milliarde doch gering. Die Finanzierung der UMTS-Vision stößt bei der MobilCom aber auf massive Probleme. Die Hälfte ist durch den Einstieg der France Télécom gedeckt, die andere Hälfte finanziert ein Bankenkonsortium. Mit jährlich über 700 Mio. DM wird dies MobilCom über die nächsten Jahre belasten und die Bilanz auf absehbare Zeit tief in die roten Zahlen drücken.

Für den Fall jedoch, daß Schmid vor Gericht abprallen sollte, hat sich der findige MobilCom-Boss schon nach Finanzierungs-Alternativen umgesehen – und ist fündig geworden. Über die Crédit Suisse First Boston läßt er Fusions- und Kooperationsmöglichkeiten für die Internet-Tochter freenet prüfen, so der offizielle Sprachgebrauch. Anders ausgedrückt: Für freenet gibt es keine Verwendung mehr im Hause MobilCom. Also sollen die Anteile möglichst schnell und möglichst lukrativ an den Mann gebracht werden, bevor sie gar nichts mehr wert sind. Der Kurs hat sich von 240 Euro im Frühjahr auf mittlerweile unter 50 Euro gefünftelt. Genauso übrigens wie der Wert von MobilCom-Papieren, der von über 200 Euro auf noch knapp über 50 Euro zusammensackte.

Die Ankündigung, als erster Anbieter überhaupt die hochgelobten UMTS-Services anbieten zu wollen, ließ bereits eine aggressive Unternehmenspolitik erahnen. Um die für die UMTS-Dienste notwendige Infrastruktur zu errichten, hat MobilCom einen nicht genannten, jedoch weltweit führenden Anbieter von Internet-Infrastruktur beauftragt – und mit einem Knebelvertrag zurechtgewiesen. Unter Androhung massiver Vertragsstrafen hat der „Lieferant“ den UMTS-Start bis Mitte 2002 zu garantieren und mitzufinanzieren. Dafür „darf“ er aber auch Marketingaktivitäten durchführen. Schließlich könne man von MobilCom nicht erwarten, daß das Unternehmen auch noch die horrenden Werbeausgaben tragen soll. Internet-Infrastruktur-Anbieter Lucent Technologies sprach in der jüngsten (von zuletzt drei) Gewinnwarnungen von Rückstellungen bzw. Abschreibungen für finanzgeplagte Telekommunikationskunden, denen man Kredite gewährt habe. Nur bösartige Schwarzseher wittern da einen direkten Zusammenhang…

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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