Apogenix ist in dem Feld der Immunonkologie unterwegs und verfügt über ein breites Portfolio von Proteinwirkstoffen zur Behandlung von Krebs und anderen malignen Erkrankungen. Das Unternehmen will nun sein Wirkstoffportfolio weiter voranzutreiben.

 

Herr Dr. Höger, bitte stellen Sie uns die Apogenix AG kurz vor. Was ist der USP Ihres Unternehmens?

Apogenix entwickelt immunonkologische Proteinwirkstoffe zur Behandlung von Krebs und anderen malignen Erkrankungen. Diese Proteine eröffnen neue Behandlungsmöglichkeiten in der Onkologie und Hämatologie, da sie zentrale Signalwege bei der Regulation sowohl von Wachstum als auch der Apoptose von Zellen gezielt beeinflussen. Der am weitesten entwickelte Produktkandidat Asunercept (APG101) zeigte in einer kontrollierten Phase II-Studie zur Zweitlinienbehandlung des Glioblastoms eine statistisch signifikante Wirksamkeit. Basierend auf diesen Daten hat die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) Asunercept im Sommer 2017 den PRIME-Status zuerkannt. Auf dieser Basis wird Apogenix mit der EMA Wege diskutieren, um für die Substanz möglichst rasch eine Zulassung zur Behandlung von „Zweitlinien-Glioblastom Patienten“ zu erhalten.

Es gibt mittlerweile eine Reihe von präklinischen Befunden, die zeigen, dass der CD95 Ligand (CD95L) eine wichtige Rolle als ein immunonkologischer „Checkpoint“ spielt, der u.U. genauso wichtig wie PD(L)-1 sein könnte. Apogenix ist derzeit das einzige Unternehmen, das über einen CD95L-Inhibitor in fortgeschrittener klinischer Entwicklung verfügt.

Zudem erlaubt die proprietäre HERA-Technologieplattform der Apogenix, neuartige Proteinwirkstoffe für den breiten Einsatz in der Onkologie zu entwickeln, welche im Vergleich zu anderen Biotherapeutika wie z.B. Antikörpern eine Vielzahl von Vorteilen aufweisen. Das erste Programm auf Basis dieser Technologie – die sogenannten HERA-TRAIL-Rezeptor Agonisten wie z.B. ABBV-621 (APG880) ist an AbbVie auslizensiert und befindet sich seit dem ersten Quartal 2017 in einer umfangreichen klinischen Phase I Studie. Hierfür werden Patienten mit soliden Tumoren sowie bösartigen hämatologischen Erkrankungen rekrutiert.

Vor wenigen Wochen hat Apogenix eine Orphan Designation von der Europäischen Kommission für Asunercept zur Behandlung des myelodysplastischen Syndroms (MDS) erhalten. Was bedeutet das konkret?

Neben der bereits erfolgten Erteilung der Orphan Drug Designation durch die FDA in den USA ist nun auch in Europa dieser wichtige Schritt erfolgt. Dies garantiert ein zentrales Marktzulassungsverfahren und 10 Jahre Marktexklusivität – unabhängig vom Patentschutz – und außerdem niedrigere Gebühren bei der EMA Konsultation.

Wie hoch ist das Marktvolumen in diesem Segment?

MDS ist eine Erkrankung des Knochenmarks, die durch Reifungsstörungen von Zellen während der Blutbildung charakterisiert ist und zu schwerer Anämie führen kann. Daher werden diese Patienten in der Regel mit häufigen Bluttransfusionen behandelt. Derzeit gibt es kein zugelassenes Medikament für MDS-Patienten mit niedrigem bis intermediärem Risikoprofil und nur wenige klinische Studien mit positiven Ergebnissen. MDS ist somit eine Indikation mit hohem medizinischen Bedarf.

Mit jährlich vier bis fünf Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern gehört diese Erkrankung zu den häufigsten Erkrankungen des Knochenmarks. Es sind vor allem Patienten über 60 Jahren betroffen. Hier liegt die Neuerkrankungsrate sogar bei 20 pro 100.000 Einwohnern. Etwa die Hälfte der Patienten ist älter als 75 Jahre, Männer erkranken etwas häufiger als Frauen. Die jährlichen Behandlungskosten liegen bei ca. 100.000 EUR pro Jahr.

Werden Sie die weitere Entwicklung von Asunercept bis zur klinischen Reife alleine verantworten oder ist eine Auslizensierung geplant? Wie gehen Sie generell mit dem Thema Lizensierung um?

Für die Indikation MDS planen wir derzeit, die Wirksamkeit und Sicherheit von Asunercept in einer klinischen Phase-II „proof-of-concept“ Studie weiterführend zu untersuchen. Für die Indikation Glioblastom bereiten wir eine umfangreiche Phase-III Studie vor, in der wir die Wirksamkeit von Asunercept bei „Erstlinien-Patienten“ untersuchen werden. Beide Studien wird die Apogenix ohne Partner durchführen. Bei positiven Studienergebnissen ist eine rasche Marktzulassung erreichbar, idealerweise nach der dann bereits erfolgten Zulassung von Asunercept für die „Zweitlinien-Behandlung“ des Glioblastoms.

Basierend auf den oben erwähnten präklinischen Daten, denen zu Folge der CD95L ein immunonkologischer „Checkpoint“ ist, überlegen wir, eine zusätzliche Studie mit Asunercept durchzuführen. In einer solchen Studie würden Patienten mit soliden Tumoren behandelt.

Eine Lizensierung ist jederzeit vorstellbar, wenn der Partner bereit ist, Asunercept mit Hochdruck weiter zu entwickeln und das enorme Potential von Asunercept gebührend zu honorieren.

Apogenix hat seit seiner Gründung im Jahr 2015 mehr als 100 Mio. EUR durch Finanzierungsrunden und weitere Kapitalmaßnahmen eingeworben. Welche weiteren Wege der Finanzierung sind für Sie in den nächsten Jahren denkbar?

Hier sehen wir verschiedene Optionen. Zum einen ist eine Finanzierung über Partnerschaften und Kooperationen möglich bis zu einem Zeitpunkt, an dem nachhaltige Mittelzuflüsse aus Produktverkäufen erzielt werden können. Eine strategische Partnerschaft ist natürlich auch eine Option, die wir in Betracht ziehen.

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