Wer hätte das gedacht: Die als großer Konjunkturkiller verleumdete Erhöhung der Mehrwertsteuer bringt die Binnennachfrage auf Trab. Hoch lebe der Vorzieheffekt. Das Kaufverhalten der Massen sollte die Marketingstrategen zum Nachdenken bringen. Denn wenn alles immer billiger wird, stockt die Nachfrage. Wer möchte sich schon ärgern, heute 999 Euro für einen Laptop auszugeben, wenn er morgen ein schnelleres Modell mit mehr Speicherkapazität deutlich günstiger bekommt? Da bleibt die Brieftasche wie festgenäht im Sakko hängen.

Verkaufspsychologisch funktioniert es offenbar anders herum: Nicht die Preissenkung sollte man lauthals ankündigen, sondern die Verteuerung. Schon kaufen die Leute wie verrückt. Oder wer hätte ahnen können, dass ein ähnliches Schema schon auf dem Immobilienmarkt bei Wegfall der Eigenheimzulage funktionierte? Würden Aldi oder Lidl in ihren Anzeigen ankündigen, dass ab kommende Woche Kaffee wegen Ernteausfällen 30 Prozent teurer wird, wären die Regale eine halbe Stunde nach Öffnung wahrscheinlich leergefegt. Eine Preissenkung um 10 Prozent hingegen lockt niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

Für den Staat ergeben sich ganz neue Steuerungsmöglichkeiten durch das Konjunktur-Management by Ankündigung: Steuer- oder Abgabenerhöhungen können ganz gezielt eingesetzt werden. Bei der für 2009 geplanten Abgeltungssteuer zum Beispiel könnten Investments in bestimmte, gewünschte Anlageformen, gepusht werden. Zum Beispiel können Aktien, die noch in 2008 gekauft werden, steuerfrei gestellt werden. Oder Immobilienfonds zur Finanzierung öffentlicher Bauten. Oder Investitionen in die Errichtung von Anlagen regenerativer Energieversorgung. Oder, oder, oder. Wenn der Deutsche Steuern sparen kann, kennt er kein Halten und investiert.

Endlich hat die Regierung auch ein Trumpf-As im Ärmel, um die Autokonjunktur nach Bedarf zu pushen. Egal, wann die PKW-Maut kommt. Die simple Regelung, dass alle Pkw, die vor einem Stichtag zugelassen werden, für eine gewisse Zeit mautfrei sind, würde einen mächtigen Boom verursachen. Wenn dann noch die Hersteller ihre Preiserhöhungen per Pressemitteilung ankündigen, ist der Aufschwung auf lange Zeit gesichert. Der Verbraucher will es offenbar so – und schließlich ist er König.

Stefan Preuß

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