Was erwarten die Leser von einem Geschäftsbericht? Diese Frage stellten wir der Financial Community in Deutschland. In der wirDesign-Studie „Geschäftsbericht-Report 2017“ wollten wir wissen, was die Zielgruppe besonders interessiert, was weniger, und wo die wichtigsten Verbesserungspotenziale liegen. Von Norbert Gabrysch und Thorsten Greinus

Rund 5.000 Geschäftsberichte erscheinen jährlich in Deutschland – wer sich selbst mit dem Thema Reporting befasst, weiß, wie viel „blood, sweat and tears“ es kostet, Jahr für Jahr einen überzeugenden Geschäftsbericht herauszubringen. Trotz des hohen Aufwands und der Bedeutung für die gesamte Unternehmensreputation gibt es jedoch überraschend wenige Untersuchungen darüber, wie die wesentlichen Zielgruppen die Qualität der Berichte einschätzen.

2014 hatte wirDesign zum ersten Mal die Financial Community dazu befragt. Im Frühjahr 2017 haben wir diese empirische Studie wiederholt: Über 300 Antworten von Analysten, Investoren, Fachjournalisten und Privataktionären konnten ausgewertet werden – dank der Unterstützung unserer Studien-Partner Aurubis, Deutsche EuroShop, Salzgitter AG, DIRK, DVFA und IR Club.

Welche Relevanz hat der Geschäftsbericht heute (noch)?

Die Bedeutung des Geschäftsberichts ist ungetrübt: 97% der Befragten nutzen den Bericht, um sich über das Unternehmen zu informieren, eine Zunahme um neun Punkte gegenüber 2014. Rund 83% der Befragten nutzen die Berichte, um Unternehmen miteinander zu vergleichen, 71% wiederum, um Aktienentscheidungen zu treffen.

Tageszeitungen und Fachzeitschriften sind nach wie vor die bevorzugten Medien, um ergänzende Informationen über Unternehmen einzuholen: Gegenüber 2014 hat TV als Informationsmedium allerdings stark verloren, soziale Netzwerke und Online-Foren konnten ihre Bedeutung hingegen verdoppeln.

Online, Print, PDF, App … Welches Medium hätten’s denn gern?

Die starke Verschiebung von Print zu PDF im Vergleich zur Befragung 2014 erklärt sich auch durch die in der 2014er-Studie überproportional vertretene Gruppe der Privataktionäre. Das Ergebnis passt zu dem aktuellen Medien-Trend „PDF First“ unter den berichtspflichtigen Konzernen. Dieser neue Ansatz wirft jedoch die Frage auf: Wie muss ein PDF gestaltet sein, damit es optimal am Bildschirm lesbar ist? Hier von der (vormals) gedruckten Seite auszugehen wäre ein Anachronismus, der nichts mit optimierter Usability zu tun hat.

Die mobile Nutzung hält sich (noch) in Grenzen: 8% gaben an, Berichte auch auf dem Smartphone zu nutzen, immerhin knapp ein Viertel auf dem Tablet.

Was wird gelesen – und was nicht?

Die Studie zeigt: Durchgängig die interessantesten Kapitel des Reports sind die Gewinn- und Verlustrechnung, der Prognosebericht, der Segmentbericht und die Grundlagen des Konzerns. Privataktionäre interessieren sich besonders für die Aktie und die allgemeinen Infos zum Unternehmen in Form der Imageseiten, die immerhin auch von 28% der Investoren gelesen werden. Journalisten hingegen schauen zuerst auf die Bilanz.

Auffällig bei der Zielgruppe der Journalisten ist das erhöhte Interesse an CSR-und Nachhaltigkeitsthemen: Während Analysten diesem Bereich nur ca. 10%, Investoren nur 9% und Privataktionäre 12% Bedeutung beimessen, sind es bei den Journalisten fast 35%.

Das Vorstandsvorwort stößt auf geteiltes Interesse, hat jedoch zur Voruntersuchung 2014 insgesamt deutlich an Bedeutung verloren – der Wert ist von 42 auf 25,5% gesunken. Lediglich die Zielgruppe der Investoren misst dem Vorstandsvorwort mit 31% etwas mehr Bedeutung bei.