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Heute Mittag wird sich Angela Merkel zusammen mit den relevanten Bundesministern aus Wirtschaft, Finanzen und Gesundheit beraten, bevor sie sich am morgigen Mittwoch mit den Ministerpräsidenten aller Länder austauscht. In diesen Gesprächen möchte sie den Kurs für die nächste Zeit erarbeiten. Denn alle fragen sich: Wie geht es weiter? Für diese Entscheidung gilt die 19-seitige Studie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die am gestrigen Ostermontag veröffentlich wurde, als äußerst wichtig. Darin wird eine baldige Rückkehr in die Schule, sowie die schrittweise Wiedereröffnung von Betrieben und Geschäften empfohlen. Auch das Reisen soll unter Auflagen wieder möglich gemacht werden. Die Forschungsgemeinschaft mit Sitz in Halle scheint den Erwartungen gerecht geworden zu sein und hat sowohl medizinisch, ökonomisch, verfassungsrechtlich und psychologisch abgewogen, aber auch präzise Handlungsempfehlungen abgegeben.

Social Distancing als Voraussetzung

Oberste Priorität habe nach wie vor der Schutz jedes einzelnen Menschen vor der Ansteckung mit dem Coronavirus. Eine zweite Infektionswelle muss unter allen Umständen vermieden werden. Die Lockerung der Einschränkungen machen die Wissenschaftler daher von drei Faktoren abhängig: Die Neuinfektionen stabilisieren sich auf einem niedrigen Niveau, Kliniken bilden Reservekapazitäten und nehmen die Normalversorgung wieder auf, und die Bürgerinnen und Bürger halten sich an bekannte Schutzmaßnahmen wie Distanzregeln und Maskentragen. „Optimaler Gesundheitsschutz und die alsbaldige Wiederaufnahme des gegenwärtig weitgehend stillgelegten gesellschaftlichen Lebens stehen nicht prinzipiell in Spannung zueinander, sondern bedingen einander wechselseitig“, so der Wortlaut der Wissenschaftler. Die drastischen Maßnahmen in der Anfangsphase der Pandemie seien durchaus gerechtfertigt gewesen, da die wissenschaftliche Datenlage unzureichend gewesen wäre. Letztere müsse jedoch unverzüglich verbessert werden, um einen Überblick über die Infektionszahlen und das Seuchengeschehen zu bekommen. Um dies umzusetzen soll, wie bereits vermutet, auf Smartphone Apps mit freiwillig bereitgestellte GPS-Daten in Kombination mit Contact-Tracing zurückgegriffen werden. So könnten Kontakte besser identifiziert und Menschen frühzeitig in Quarantäne geschickt werden. Die Wissenschaftler hoffen hier, dass den Bürgern die Sinnhaftigkeit der App bewusst wird, die die Zweifel der vermeintlichen Datenproblematik zurückstehen lässt.

Wiedereinstieg in die Schule

Vor allem die höheren Klassen der Grundschulen sollen möglichst zeitnah wieder öffnen, um den Übertritt auf weiterführende Schulen zu ermöglichen. Die Kinder sollten dabei Mund-Nasen-Schutz tragen und in einer Gruppengröße von maximal 15 Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden, sowie versetzte Pausen haben. Auch in den weiterführenden Schulen sollte mit den Stufen begonnen werden, die vor dem Wechsel in den Beruf oder die Oberstufe stehen. In der gymnasialen Oberstufe hingegen solle vermehrt in Eigenregie auf der Basis digitaler Medien gelernt werden – die Priorität liegt auf den Abschlussprüfungen. Kindergärten sollten, wohl aufgrund der nicht einzuhaltenden Distanz und dem daraus entstehenden Risiko, wohl noch länger geschlossen bleiben.

Kommt die Maskenpflicht?

Auch Gaststätten und der Einzelhandel könnten laut Leopoldina unter den bekannten Auflagen bald wieder eröffnen. Wichtig wäre bei all diesen Lockerungen immer der Mindestabstand, der durch eine Maskenpflicht ergänzt werden muss. So könnten auch das private und dienstliche Reisen, sowie die Durchführung von Freizeit- und Sportveranstaltungen wieder näher rücken. Schwierig wird es natürlich mit Großveranstaltungen wie Fußballspielen oder Rockkonzerten – denn hier können auch Masken nur bedingt helfen. Und allein die Beschaffung von Milliarden Masken stellt mit Sicherheit eine große Herausforderung dar.
Natürlich wurde auch an steuerliche Entlastungen, wie Abschreibungen für Unternehmen oder der früheren Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle, gedacht. Der Schutz der Umwelt und des Klimas solle auch in diesen Zeiten nicht vernachlässigt werden, nur auf die Frage der Finanzhilfen und sog. Corona/Euro-Bonds wird nicht eingegangen. Wichtig war den Wissenschaftlern jedoch auch die Folgen der Kontaktsperren für die psychische und physische Gesundheit der Menschen nicht zu unterschätzen. Den Menschen müsse dringend eine Perspektive geboten werden. Wie geht es weiter?

Neuigkeiten an der Impfstofffront

Zudem stellt sich natürlich die Frage wie es inzwischen bei der Impfstoffentwicklung aussieht. Weltweit haben bereits 70 Arbeitsgruppen Impfstoffe gegen das neuartige Corona-Virus in Arbeit (Sars-CoV-2). Drei Impfstoffkandidaten – zwei in den USA und eines in China, unterzieht man schon klinischen Tests – der erste (Moderna) läuft seit Mitte März. Hier ein paar der vielversprechendsten Neuigkeiten:

  • Die Kollaboration zwischen BioNTech und Pfizer scheint gut anzulaufen: Die beiden Unternehmen planen, gemeinsam klinische Studien für die COVID-19-Impfstoffkandidaten zuerst in den USA sowie in Europa an zahlreichen Standorten durchzuführen. Die ersten klinischen Studien sollen vorbehaltlich behördlicher Zulassung Ende April 2020 beginnen.
  • Die Universität Oxford hofft auf einen Impfstoff bereits im Herbst 2020: Das internationale Forscher-Team greift dabei auf seine Erfahrungen bei der Herstellung eines Impfstoff gegen die Lungenkrankheit MERS zurück. Hergestellt wird der Impfstoff von der Firma Advent-Irbm aus der italienischen Stadt Pomezia. In zwei Wochen sollen die ersten klinischen Tests an 550 freiwilligen Probanden starten.
  • Novavax zählt zu den kleineren Impfstoffentwicklern und macht momentan aufgrund positiver Ergebnisse zum Grippeimpfstoff NanoFlu in der Phase III der klinischen Entwicklung auf sich aufmerksam. Darüber hinaus treibt Novavax die Entwicklung eines potenziellen Impfstoffes gegen das neuartige Coronavirus voran. Dem Vernehmen nach will die Gesellschaft NVX-CoV2373 in die klinische Phase I überführen, der Start der Studie ist für Mitte Mai vorgesehen.

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