Von Peter Homberg, Rechtsanwalt, Partner, und Judith Spiegel, Rechtsanwältin, Dentons, Frankfurt am Main

Durch den Einsatz moderner Molekularbiologie können gesundheitsbeeinflussende Faktoren identifiziert werden, die im Rahmen der personalisierten Medizin verwendet werden, um Krankheiten wirksamer vorzubeugen, diese früher zu erkennen und effektiver behandeln zu können. Längst sind jedoch nicht alle Fragen rund um die personalisierte Medizin beantwortet.

Homburg
Peter Homburg und Judith Spiegel

Gerade im rechtlichen Bereich sehen sich Unternehmen noch vielschichtigen Unsicherheiten gegenüber (Anm. d. Red.: siehe hierzu auch den Beitrag von Dr. Manja Epping/Dr. med. Christina Berchtold, S. 48 bis 49). So beispielsweise bei der Entwicklung sogenannter „companiondiagnostics“ (CDx) oder auch „therapiebegleitenden Diagnostika“. Vereinfacht dargestellt handelt es sich bei  CDx um Tests, die aufzeigen, ob in einem spezifischen Fall eine bestimmte Therapie zum Erfolg führen kann. Sie können mit einem Medikament entwickelt oder als begleitende Diagnostik für eine bereits bestehende Therapie auf den Markt gebracht werden.

Aus rechtlicher Sicht macht derzeit u.a. die Einordnung von CDx in die bestehenden regulatorischen Vorgaben für Arzneimittel
einerseits sowie Medizinprodukte bzw. In-vitro-Diagnostika andererseits Probleme. Diese Produktkategorien unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben als auch hinsichtlich der sich mit dem Produkt befassenden Behörden und Stellen. Daher wirkt
sich die Zuordnung der CDx in eine Produktkategorie in der Praxis direkt auf ihre Zulassung und Vermarktung aus.

Europäische Harmonisierungsbemühungen

Zur Harmonisierung der regulatorischen Vorgaben für CDx hat die Europäische Kommission im Jahr 2012 einen Vorschlag für eine europäische Verordnung über In-vitro-Diagnostika (VO-Entwurf) vorgelegt. Der VO-Entwurf wurde im letzten Quartal 2013 bereits im Rahmen der ersten Lesung im Europäischen Parlament behandelt und dabei auch hinsichtlich der Vorschriften zu CDx weiter konkretisiert. Nach der vom Europäischen Parlament präzisierten Definition ist ein „therapiebegleitendes Diagnostikum“ ein Produkt, das speziell dafür bestimmt und erforderlich ist, Patienten mit einem bereits diagnostizierten Zustand bzw. einer bereits bekannten Prädisposition als geeignet oder ungeeignet für eine bestimmte Therapie mit einem medizinischen Produkt oder einer Bandbreite von medizinischen Produkten auszuwählen.

CDx als eigene Produktgruppe

Flaggen
Die Europäische Union arbeitet aktuell an einer Verordnung zur Harmonisierung der
regulatorischen Vorgaben für CDx. Foto: PantherMedia / Angelika Bentin

Unverändert bleiben die regulatorischen Vorschriften des ersten VO-Entwurfs der Europäischen Kommission, nach denen therapiebegleitende Diagnostika zukünftig zu den In-vitro-Diagnostika gehören und Medizinprodukten der „Klasse C“ zuzuordnen sein sollen. Hieraus folgt, dass neben dem Konformitätsverfahren und der vorgeschriebenen CE-Kennzeichnung mindestens alle zwölf
Monate eine Überwachungsbewertung durch die benannten Stellen durchgeführt werden soll. Im Rahmen des Konformitätsverfahrens soll auch nach den weiteren Änderungen des Europäischen Parlaments zukünftig die sog. EU-Baumusterprüfung auf CDx Anwendung finden. Dies bedeutet, dass eine benannte Stelle feststellt und bescheinigt, dass ein für die betreffende Produktion repräsentatives Exemplar den einschlägigen Bestimmungen des VO-Entwurfs entspricht.

Zukünftig: Detaillierte Anforderungen für CDx

Des Weiteren wurden im VO-Entwurf die Anforderungen für CDx dahingehend präzisiert, dass für diese der klinische Nutzen für den vorgesehenen Zweck, nämlich festzustellen, ob eine bestimmte Therapie für Patienten mit einem bereits diagnostizierten Zustand bzw. einer bereits bekannten Prädisposition geeignet ist, nachgewiesen werden muss. Darüber hinaus soll der Hersteller für ein CDx klinische Belege für die Auswirkungen eines positiven oder negativen Tests auf die Patientenversorgung sowie auf gesundheitliche Folgen erbringen, wenn ein CDx so verwendet wird wie vom Hersteller angegeben. Ferner sollen in der Gebrauchsanweisung für CDx
sowohl die Anweisungen für den Gebrauch mit dem begleitenden Therapeutikum als auch die relevante angestrebte Patientenzielgruppe angegeben werden. Zudem sollen CDx nur nach ärztlicher Anordnung verwendet werden.

Fazit

Diese im Rahmen des VO-Entwurfs geplanten Regelungen sind im Hinblick auf eine höhere Rechtssicherheit im Bereich der „companion diagnostics“ grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch könnten bei Inkrafttreten des VOEntwurfs in seiner aktuellen Fassung die  Forschungs- und Entwicklungskosten von CDx aufgrund der strengeren regulatorischen Vorgaben steigen. Dies könnte sich insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen in einem Rückgang der Entwicklung von CDx bemerkbar machen. Ob die neuen Regularien des
VO-Entwurfs daher geeignet sind, sich innovationsfördernd auszuwirken – wie in den Erwägungsgründen des VO-Entwurfs ausgeführt –, bleibt abzuwarten.

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