Turbobooster für Innovationen

Eine Kolumne von Dr. Hubert Birner, Managing Partner, TVM Capital Life Science

Bildnachweis: TVM Capital Life Science.

Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund und gut durch den Lockdown gekommen? Allen Genesenen wünsche ich weiterhin gute Erholung, allen möglicherweise Infizierten einen milden Krankheitsverlauf; all denen, die im Moment an effizienten Tests für COVID-19, einer Impfung oder gar an einem Medikament gegen das Virus arbeiten, wünsche ich bestmöglichen Erfolg.

Zahlreiche europäische und deutsche Unternehmen – nicht nur, aber auch aus den Bereichen Biotech und Medizintechnik – haben sich in dieser Krise durch Innovationsfreudigkeit, Flexibilität, Fähigkeit und Willen zu internationaler Kooperation und insgesamt hoher Resilienz gegenüber den Konsequenzen einer globalen Pandemie mit allen ihren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ausgezeichnet, zusammen mit einer Regierung und einem Parlament, die selten so zügig reagiert haben. Natürlich kann man über einige Entscheidungen der letzten Wochen geteilter Meinung sein, aber es lässt sich doch feststellen, dass wir in Deutschland in vielen Aspekten – und gezwungen durch eine bisher beispiellose Herausforderung im Gesundheitswesen – in manchen Bereichen einen echten Innovationssprung hinlegen werden. Digitale Anwendungen im Bereich Gesundheitswesen, lange diskutiert, aber nie so richtig vorangetrieben, werden plötzlich zu einem integralen Bestandteil der Volksgesundheit. Telemedizin, Videosprechstunden: Diese Angebote haben plötzlich kein Akzeptanzproblem mehr. Eine Kehrtwende der Bundesregierung in Sachen Tracing App ist nicht nur möglich, sondern führt zu Lob von Chaos Computer Club und Datenschützern. Das beweist, dass sich vermeintliche Stellungsgräben überwinden lassen, um der Sache zu dienen und notwendige Lösungen zu entwickeln.

Was heißt das alles für eine Zeit, in der wir nicht mehr unsere gesamte Aufmerksamkeit der Bekämpfung einer akuten Pandemie widmen müssen, sondern uns darum kümmern können, die Gesundheitssysteme dieser Welt widerstandsfähiger und dabei effizienter, also kostenerträglich zu machen? Mit dem Einsatz von Technologie (KI, Big Data), der Digitalisierung von Prozessen, der Entwicklung von sogenannten Smart Devices ist eine Neuordnung von Prävention, Diagnose, Monitoring, Behandlung, Management und Medizinforschung möglich. Schnelles Internet, Cloud Computing und das Internet der Dinge bilden die notwendige Infrastruktur einer gezielteren und schnelleren Arzneimittelentwicklung und -produktion, personalisierter medizinischer Anwendungen bei bestmöglicher Datensicherheit sowie einem effizienten und trotzdem flächendeckenden Angebot von hochwertigen Gesundheitsleistungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die schiere Notwendigkeit dieses Angebots noch allen Ernstes einer Diskussion bedarf, und erwarte, dass die Entwicklung in diese Richtung in den kommenden Jahren einen ungeheuren Schub entwickeln wird. Dieser wird sich manifestieren in notwendigen Anpassungen bei den regulatorischen Rahmenbedingungen. Im Bereich Venture Capital werden wir neue und finanzkräftige Finanzierer sehen, die sich aus den IT- und ausschließlich technologiegetriebenen Bereichen im Gesundheitswesen hineinbewegen werden. Dabei sind viele Details zu klären, von Interoperabilität bis Datensicherheit und anderen. Notwendiges Know-how aus Spezialbereichen wird intelligent gebündelt werden müssen, um einen interdisziplinären Ansatz zu gewährleisten und Start-ups das notwendige Netz an Kompetenz und Kapital zur Verfügung zu stellen. Unsere Welt als Life Science Venture Capitalist wird also weiter an Komplexität, aber auch an neuen Chancen zunehmen – Konvergenz ist das Stichwort. Dafür braucht es eine gesunde opportunistische Geisteshaltung, ein kluges Innovations- und Risikomanagement sowie die finanziellen Möglichkeiten. Das sind die Urkompetenzen eines Venture Capital-Finanzierers, und deshalb sehe ich für uns große Chancen, in Zukunft einen Beitrag zu leisten zu einer besseren medizinischen Versorgung von vielen Menschen bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen unserer Investoren.

Passen Sie auf sich auf, und bleiben Sie gesund!

Autor/Autorin

„Mehr Generalisten entdecken Life Sciences“
Dr. Hubert Birner
Managing Partner at TVM Capital Life Science

Dr. Hubert Birner verantwortet die Investmentstrategie von TVM Capital Life Science in Europa, Nordamerika und Kanada. Seine akademische Ausbildung umfasst ein Studium der Veterinärmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gefolgt von einer Promotion in Biochemie, ausgezeichnet mit dem Hoffmann-La Roche Preis für Grundlagenforschung im Bereich meta bolische Störungen und eine Tätigkeit als Assistenz-Professor. Dr. Birner ist Absolvent (MBA) der Harvard Business School. www.tvm-lifescience.com