„Wachstum“ scheint eines der Lieblingswörter von Siegfried Hofreiter zu sein. Sowohl während der Roadshows zum Börsengang als auch bei der Anleiheplatzierung im vergangenen Jahr war immer die Vergrößerung des Betriebs das vorrangige Ziel von Hofreiter. Mittlerweile baut KTG Agrar Marktfrüchte wie Getreide, Mais und Raps auf über 33.000 Hektar an – eine Fläche, die doppelt so groß ist wie bei der Erstnotiz 2007 und ungefähr 47.000 Fußballfeldern entspricht. Aber damit nicht genug: Das Land soll noch um ein weiteres Drittel wachsen. Bereits jetzt gehört das Hamburger Familienunternehmen mit dieser Fläche zu den führenden Produzenten von Agrarrohstoffen in Westeuropa.

The American Way
Die Vision einer riesigen zu bewirtschaftenden Nutzfläche hat Hofreiter aus den USA mitgebracht. Direkt nach seinem Agrarstudium ging er nach Amerika, um sich die dortige Landwirtschaft anzuschauen. Im Gegensatz zu Europa, besonders Deutschland, wo Landwirte häufig nicht mehr als vier Hektar bewirtschaften, sind die Flächen dort viel größer. Das heutige Geschäftsmodell von KTG Agrar basiert auf Hofreiters Erfahrungen in den USA.

Börsenbauer
Zusammen mit seinem Bruder Werner und seiner Lebensgefährtin Beatrice Ams, die heute 46% der Unternehmensanteile hält, begann der aus Bayern stammende Landwirt Mitte der 1990er, seinen Betrieb aufzubauen, und kaufte Acker in Ostdeutschland. Die Konstellation des Gründertrios hätte laut Hofreiter nicht besser sein können. „Alle drei verbindet der Spaß an der Landwirtschaft und der ökologische Gedanke. Daher haben wir von Anfang an auf die ökologische Landwirtschaft gesetzt, als die Bio-Branche noch in den Kinderschuhen steckte“, erklärt der Landwirt gegenüber dem GoingPublic Magazin. Im Jahr 2000 wurde der Betrieb in die KTG Agrar GmbH umgewandelt, um nur fünf Jahre später als Aktiengesellschaft zu firmieren. Zwei Jahre später, im Oktober 2007, wagte das Familienunternehmen unter Hofreiters Leitung als erstes Agrarunternehmen den Sprung aufs Frankfurter Parkett. „Es war der richtige Schritt zur richtigen Zeit“, betont er.

Mit dem Emissionserlös von rund 32 Mio. EUR wurde das organische Wachstum konsequent vorangetrieben. Bereits zwei Monate nach dem Börsengang war die Anbaufläche um 1.650 Hektar gewachsen – ein Kurs, den das Familienunternehmen bis heute nicht verlassen hat. Insgesamt gehören zur KTG Agrar aktuell rund 30.500 Hektar Nutzfläche, wovon 24.300 Hektar in Deutschland und die restlichen 6.200 in Litauen liegen. Der Familienbetrieb beschäftigt aktuell ungefähr 220 Mitarbeiter.

Wertschöpfungskette
Die Frage, ob das Unternehmen auch künftig in Familienhand bleiben soll, beantwortet Hofreiter eindeutig: „Dazu ein klares Ja. In KTG steckt nicht nur unser Kapital, sondern auch eine Menge Herzblut.“ Und dieses familiäre Engagement trug sicherlich auch zur Entwicklung des Unternehmens bei.

Natürlich profitierte KTG Agrar in den letzten vier Jahren zum einen von den steigenden Agrarpreisen. Zum anderen besitzt KTG Agrar ein interessantes Geschäftsmodell, das die Wertschöpfungskette voll nutzt. Neben der Kernkompetenz – dem ökologischen und konventionellen Anbau von Marktfrüchten – gibt es seit 2006 ein drittes Standbein: Biogasanlagen. Hierbei will Hofreiter die vorhandenen Synergien vollständig nutzen: Die eigenen Erzeugnisse werden als Input für die Biogasanlagen verwendet, während das anfallende Restsubtrat als Dünger für die Felder verwendet wird.

Börse nicht genug
Zudem setzt Hofreiter auf die Nachhaltigkeit des Wachstums. So plant KTG Agar bereits bis Ende 2011 – ursprünglich war 2012 angepeilt –, die Biogaskapazität auf bis zu 20 MW auszubauen. Die Anbaufläche soll jährlich um 10% wachsen. Um diese ambitionierten Ziele zu erfüllen, fassten die Hamburger 2010 den Entschluss eine Anleihe zu begeben. Ursprünglich sollte das Volumen bei 25 Mio. EUR liegen, aber es wurde kurzerhand aufgrund der großen Nachfrage auf 50 Mio. EUR aufgestockt. Neben der Wachstumsfinanzierung plant Hofreiter auch Verbindlichkeiten abbauen.

Mit den Umsatzzahlen konnte das Unternehmen im ersten Halbjahr 2010 nicht punkten – hier gab es einen Rückgang von 7,6% von 11,1 Mio. auf 10,0 Mio. EUR. Beim Nettogewinn hingegen konnte KTG Agrar ein Plus von 15,4% verzeichnen. Das Jahresergebnis könnte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum besser ausfallen, da die erste Jahreshälfte naturgemäß die schwächere ist. Gerade im Marktfruchtanbau fallen in diesem Zeitraum Kosten an, während im zweiten Halbjahr die Erträge generiert werden. An dieser guten Entwicklung ließ das Familienunternehmen zum ersten Mal auch die Anleger teilhaben und beschloss eine Dividendenzahlung in Höhe von 0,10 EUR. Die Anleger wird diese Entscheidung freuen, fielen die Kursgewinne seit der Erstnotiz nicht gerade üppig aus. Zwar steigt die Aktie nach Kursverlusten wieder an, liegt aber nach wie vor knapp unter dem Emissionspreis.

Fazit
Hofreiter setzt seine Vision eines großflächigen Landwirtschaftsbetriebes konsequent um. Dabei ist das Unternehmen mit den seinen drei Standbeinen und der vollen Ausschöpfung gut für die Zukunft aufgestellt. Um auch künftig erfolgreich zu sein, sollte sich der Gründer nicht zu viel Zeit mit der Frage nach der Nachfolge lassen – ansonsten könnte sein großes Imperium wieder in viele kleine Parzellen zerfallen.

Maximiliane Worch

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 05/2011.

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