Da helfen auch keine hohen Umsatzrenditen und stabilen Erträge. Die HypoVereinsbank hat sich nun mit einer Mailing-Aktion in den Verdacht gebracht, entweder einen Schabernack mit gewissen ihrer (Ex-)Kunden zu treiben oder eine Mangelhafte CRM-Software einzusetzen.

Wenn die zweitgrößte Bank Deutschlands Einladungen verschickt, man könne sich seinen individuellen „Easy-Credit“ von 10.000 Euro mal eben „in den meisten Filialen auch bar“ auszahlen lassen, so mag das den Empfänger freuen. Ist es doch in Zeiten wie diesen nicht selbstverständlich, Kredite angeboten zu bekommen. Doch spätestens beim Hinweis, man solle doch die letzten beiden Lohn- und Gehaltsabrechnungen beim Geldabholen mitbringen, gerät mancher Leser ins Grübeln. Aha, nur Arbeitnehmer in Lohn und Brot, denen die Kündigung nicht bereits zugestellt worden ist, bieten der HVB-Konzerntochter Norisbank eine hinreichende, nebenbei auch trügerische Sicherheit.

Unser Werbungsempfänger fragt sich, ob die technologisch hochgerüstete HVB keine CRM-Software einsetzt, die das Kundenbeziehungsmanagement regelt und dafür sorgt, daß Nicht-Arbeitnehmer keine Kredit-Einladungen erhalten, die ausschließlich für Arbeitnehmer bestimmt sind. Denn nach jahrelanger Kundenbeziehung sollte der Bank bekannt sein, daß Herr Kunde selbständig tätig ist. Ein Anruf bei der Hotline klärt auf: die Adressen wurden nicht gefiltert, jeder hat Post bekommen.

Also auch Herr Kunde, dem die HVB erst vor einem halben Jahr mitgeteilt hat, daß er trotz musterhafter Zahlungsmoral nicht mehr kreditwürdig ist. Er als Freiberufler mußte akzeptieren, daß die HVB keine Existenzgründer finanziere. Und mit nur 4,75 Tätigkeitsjahren ist man kredittechnisch noch Existenzgründer. Man teilte ihm sogar wörtlich mit, daß man ihn durch die Verweigerung eines Dispokredits sogar schütze, da man ihn vor Konsumausgaben bewahre, die er sich vielleicht gar nicht leisten könne. Und nun bietet man ihm 10.000 Euro an, namentlich „für Urlaub oder eine unerwartete Ausgabe“ – wenn er denn bloß Arbeitnehmer wäre.

Ebenso freut sich die junge Familie, der die HVB kürzlich ihr neugebautes Eigenheim zwangsverwertet hat, über dieses Kreditangebot. Auch der Unternehmer, der seine Kreditlinie „wegen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation“ verlor und sein Lebenswerk dem Insolvenzrichter übereignen mußte, wird sich nicht minder über die nette Geste freuen wie seine betriebsbedingt gekündigte Belegschaft.

Liebe HVB, wie hoch ist das zusätzliche Kreditvolumen aus der Aktion? Und wie hoch ist dagegen das Kreditvolumen, auf das man nachhaltig verzichtest, weil man manchen Kunden nachhaltig vergrätzt? Oder sollte das Mailing lediglich „Kreditsatire“ sein?

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