Der Mega-Börsengang des chinesischen Online-Handelsriesen Alibaba war zuletzt das dominierende Gesprächsthema an der Wall Street. Das Tech-IPO stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten. Vom Hype profitierten zahlreiche Neuemissionen, die ihre Aktien trotz eines sich zwischenzeitlich abgekühlten Marktsentiments erfolgreich platzierten.

IPO Zahlen USANeben Alibaba führten im August und September weitere 29 Börsenneulinge den starken IPO-Trend der vergangenen Monate fort, wenn auch leicht abgeschwächt. Insgesamt erhöhte sich die Anzahl auf 211 – ein Zuwachs von 40% gegenüber 2013. Dass die monatlichen Zeichnungsgewinne zuletzt rückläufig waren, tat der regen Emissionstätigkeit bis dato noch keinen größeren Abbruch. Unterdessen lieferten wie schon in den Monaten zuvor vor allem Börsengänge aus dem Biotechsektor einen wesentlichen Beitrag zur nach wie vor starken IPO-Bilanz. Allein weitere acht Biotech-Debütanten forcierten im Betrachtungszeitraum ihre IPOs und reichten dabei ein Gesamtemissionsvolumen von 544 Mio. USD aus. Die Performance der Neulinge fiel dagegen weniger erfreulich aus: Fünf der acht Biotechs beendeten ihren Auftakt mit Verlusten, Affimed und Tokai mit -30% bzw. -13% sogar im zweistelligen Bereich.

Alibaba … und die unzähligen Investoren

Es war ein Börsengang der Superlative, der am 19. September an der New York Stock Exchange (NYSE) über die Bühne ging. Schon im Vorfeld des eigentlichen IPOs entbrannte ein riesiger Hype um den Internetgiganten, der noch vor einigen Monaten außerhalb Chinas kaum jemandem bekannt war. Investoren rissen sich um die Anteilsscheine und bewarben sich auf der zehntägigen Roadshow scharenweise statt umgekehrt. Der Emissionspreis lautete auf 68 USD und lag damit am oberen Ende der zuvor ohnehin angehobenen Preisspanne. Die Erstnotiz gelang schließlich zu 92,70 USD und bescherte sowohl den zum Zug gekommenen Investoren als auch Firmengründer Jack Ma einen Buchgewinn von zusätzlichen 36%. Bis auf 100 USD schoss die Aktie hoch.

Größer als Amazon und Ebay

Damit kam der erst 1999 gegründete Internetgigant aus dem Stand auf einen Börsenwert von über 231 Mrd. USD und war mehr wert als seine US-Pendants Amazon und Ebay zusammen. Im vergangenen Jahr wickelte der Konzern eigenen Angaben zufolge ein Bruttohandelsvolumen von umgerechnet etwa 296 Mrd. USD ab. Damit ist Alibaba nicht nur klarer Marktführer in China (80% des chinesischen Online-Handels laufen über Alibaba), sondern wäre zugleich auch der weltweit größte Internet-Händler. Ob das die ambitionierte Bewertung vor dem Hintergrund der intransparenten Holdingstruktur, der relativ schlechten Marktdurchdringung außerhalb Chinas und gegebener wirtschaftlicher Risiken – Wachstumsraten von 40 bis 50% p.a. sind selbst für Alibaba auf Dauer nicht mehr selbstverständlich –, rechtfertigt, wird sich noch zeigen. Fest steht, dass das Mega-IPO mit einem Bruttovolumen von 25 Mrd. USD nicht nur die US-IPO-Schwergewichte um Visa (19,7 Mrd. USD; 2008), General Motors (18,1 Mrd. USD; 2010) und Facebook (16 Mrd. USD; 2012) in den Schatten stellte, sondern selbst das bisherige Rekord-IPO der Agricultural Bank of China (22,1 Mrd. USD, 2010) vom Thron der größten Börsengänge aller Zeiten verdrängte. Das ist IPO-Weltrekord!

Banken-IPOs im Schatten von Alibaba

Nach Alibaba verzeichnete die Wall Street mit Citizens Financial und Grupo Aval Acciones zwei weitere Groß-IPOs aus dem Bankensektor. Beide Titel stemmten zusammen ein Emissionsvolumen von 4,1 Mrd. USD. Kolumbiens größtes Bankinstitut Grupo Aval sammelte via ADS-Platzierung ein Volumen von über 1,1 Mrd. USD ein. Auch Citizens, US-Tochter der schottischen Großbank Royal Bank of Scotland, ließ die IPO-Einnahmen mit einem erzielten Bruttoerlös von über 3 Mrd. USD sprudeln. Dabei verlief das Citizens-Debüt, nach Alibaba die zweitgrößte US-Neuemission in diesem Jahr, alles andere als spektakulär: Die rund 140 Mio. Aktien wurden nur zu 21,50 USD je Anteil und damit unterhalb der vorher festgelegten Spanne von 23 bis 25 USD platziert. Die Erlöse aus dem Börsengang flossen zudem in die klammen Kassen der größtenteils verstaatlichten Mutter, so dass
die 1828 gegründete US-Privatkundenbank weitgehend leer ausging.

Fiat Chrysler fährt an der Wall Street vor

Alibaba IPO GrafikMitte Oktober feierte der Automobilriese Fiat Chrysler Automobiles (FCA) seine US-Börsenpremiere an der NYSE. Das Going Public, bei dem Chrysler-Anteile seit mehr als sieben Jahren Abstinenz erstmals wieder an der US-Börse Handels-Fahrt aufnahmen, lief dabei als reine Notierungsaufnahme ab. Nach einem ordentlichen Start gab die neue FCA-Aktie zunächst bis auf 9,55 USD Gas, fiel dann aber in einem schwachen Marktumfeld zurück. Für den traditionsreichen Fiat-Konzern begann mit dem US-Listing eine neue Ära: Erst am 12. Oktober wurde die bereits zu Jahresbeginn beschlossene transatlantische Fusion final vollzogen. Als neu geformter Global-Player setzt FCA dabei seine Hoffnungen in die Marken Jeep, Alfa Romeo oder
Maserati. Als weltweit siebtgrößter Automobilbauer wird FCA seinen Hauptsitz in London haben, das operative Geschäft soll gleichermaßen aus Turin und Detroit gelenkt werden.

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