Recht ruhig geht ein an der IPO-Front insgesamt wenig spektakuläres Jahr zu Ende. Es fehlten echte Highlights, sieht man einmal vom missglückten Börsengang eines Sozialen Netzwerkes ab.

Vor zwölf Monaten spekulierten wir an gleicher Stelle darüber, ob 2012 womöglich das Facebook-Jahr werden könne. Tatsächlich überstrahlte der Börsengang des Sozialen Netzwerks alle anderen, wobei der Jubel schneller als erwartet zu Ende ging. Inzwischen ist klar, dass das Pricing viel zu aggressiv gewählt war und eine miserable Kursentwicklung nach sich zog, worunter nicht nur Facebook-Aktionäre, sondern auch andere Technologie- und Internet-IPOs litten. Zusammen mit weiteren externen Faktoren wie der von Krisendiplomatie beherrschten Staatsschuldenkrise in Europa kam es daraufhin in den Sommermonaten zu einem überraschend deutlichen Rückgang des Neuemissionsgeschäfts, von dem sich der Markt bis zuletzt nicht so richtig erholte. Auch der Dezember wird in dieser Hinsicht keine Trendwende bewirken, sodass es bei einer letztlich gemischten Jahresbilanz bleiben dürfte. Während die Zahl der Börsengänge leicht zunahm, rutschte das durchschnittliche Emissionsvolumen (ohne Facebook) um fast ein Drittel ab. Das Preisniveau lag dabei in etwa auf dem soliden Vorjahresniveau.

Preisdruck auf IPO-Seite hielt auch 2012 an
Auch die letzten beiden Börsengänge im Monat November, namentlich das Ölraffinerie-Unternehmen Alon USA und das chinesische Social Network YY, feierten bei ihrem Gang aufs Parkett eher glanzlose Debüts. Damit stehen sie geradezu beispielhaft für viele Neuzugänge der vergangenen zwölf Monate. So wurden rund 41% der Neuemissionen letztlich unterhalb der zunächst angedachten Preisspanne zugeteilt. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich damit ein Anstieg um fast sieben Prozentpunkte. Gleichzeitig fiel der Anteil der über dem angedachten Kursniveau ausgegebenen IPOs von 26,4% im Jahr 2011 auf aktuell 21,0%. Während dieser Wert gemessen an den letzten zehn Jahren im guten Durchschnitt liegt, ist der Anteil der nur mit einem Abschlag platzierten Börsengänge der zweithöchste der letzten Dekade. Zum Vergleich: Selbst im Jahr der Finanzkrise 2008 mussten nur knapp 39% der Emittenten ihre Preisvorstellungen letztlich zurückschrauben. Der Druck, den die Anleger weiterhin auf die Unternehmen ausüben, besitzt jedoch auch eine positive Seite. Überhitzungen oder absurde Bewertungen sind zumindest auf absehbare Zeit keine Gefahr für das IPO-Geschäft.

Technologietitel führen Jahreslisten an
Bei der Sektorverteilung der diesjährigen Neuzugänge zeigt sich das bereits aus den Vorjahren gewohnte Bild. Wieder einmal dominierten Technologie-IPOs das Marktgeschehen – allen voran Facebook. Das Soziale Netzwerk sammelte allein 16 Mrd. USD bei seinem Börsengang Ende Mai ein. Die Lücke zum nächstgrößten IPO, dem Doppellisting der mexikanischen Banca Santander mit einem Volumen von rund 2,8 Mrd. USD, ist gewaltig. 39 Technologieunternehmen zog es 2012 an NYSE und Nasdaq. Das waren in etwa so viele wie Energie- und Finanzunternehmen, die Branchen zwei und drei, zusammengenommen. Fast schon folgerichtig führen zwei Tech-Firmen die Performance-Rangliste an. Mit einem Kursgewinn von zuletzt 140% bezogen auf den Ausgabekurs ist der Versicherungssoftware-Anbieter Guidewire der beste Neuzugang des Jahres. Auf dem zweiten Platz folgt mit einem ebenfalls beachtlichen Kursplus von 120% der Prototypenentwickler Proto Labs. Branchenseitig konnten die Hersteller von Investitionsgütern mit einem Zugewinn von im Durchschnitt 37% alle anderen Sektoren klar hinter sich lassen. Allerdings kam es aus diesem Industriesegment im laufenden Jahr lediglich zu fünf Börsengängen, was die Aussagekraft der gemessenen Performance doch stark einschränkt.

Zwei Anträge zum Jahresende
Praktisch auf der Zielgeraden meldeten noch zwei durchaus gewichtige Unternehmen ihre Börsenpläne bei der SEC an. So hofft das Wohnungsbauunternehmen Taylor Morrison, das derzeit positive Sentiment am US-Häusermarkt für sich nutzen zu können. Die Gesellschaft plant bei ihrem Börsengang mit Einnahmen von einer Viertel Milliarde USD. Im Geschäftsjahr 2011/12 erreichten die Erlöse des unter anderem von den beiden Private-Equity-Investoren TPG und Oaktree kontrollierten Unternehmens die Marke von 1,3 Mrd. USD. Damit gehört Taylor Morrison in den USA zu den Top 10 der Branche. Mit einem IPO-Erlös von ebenfalls bis zu 250 Mio. USD kalkuliert der Spezialchemiekonzern Taminco Global. Nach seiner Abspaltung vom belgischen Pharm-– und Biotechnologieunternehmen UCB im Jahre 2003 gehörte Taminco zunächst dem PE-Investor CVC Capital. Nach einem missglückten und schließlich abgesagten Börsengang im Jahr 2010 kaufte sich mit Apollo Ende vergangenen Jahres ein anderes Schwergewicht der PE-Szene bei dem Konzern ein. Den Kaufpreis bezifferten beide Seiten damals auf 1,4 Mrd. USD. Nun möchte sich Apollo sein Engagement teilweise versilbern lassen.

Fazit
Bislang sieht alles nach einem ruhigen Jahresabschluss aus. Die Zahl der Börsengänge dürfte im Dezember klar einstellig bleiben und ein insgesamt durchwachsenes Jahr beschließen. In Erinnerung bleiben abseits des Facebooks-Deals vor allem die vielen Technologieunternehmen, die ihre IPO-Pläne in die Tat umsetzen konnten. Ansonsten fällt es schwer, eindeutige Trends zu bestimmen. Die in den letzten Monaten merklich gestiegene Zahl an Öl- und Gasproduzenten, Pipeline-Betreibern und Gashändlern ist vielleicht noch der sichtbarste. Im Gegenzug sind Börsengänge von chinesischen Firmen und aus dem Bereich der erneuerbaren Energien 2012 aus dem IPO-Kalender nahezu verschwunden. Über den Start in das neue Jahr dürfte maßgeblich der Ausgang der Haushaltsverhandlungen in Washington entscheiden. Die Schockwellen einer drohenden Fiskalklippe würden auch das Neuemissionsgeschäft hart treffen.

Dieser Artikel ist erschienen im GoingPublic Magazin 1/2013.

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